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Die Weisse Massai

Die Weisse Massai

Titel: Die Weisse Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinne Hofmann
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Krieger seiner Braut fertig gebratenes Fleisch bringt. Als ich das Bein unschlüssig in der Hand halte, setzt er sich neben mich und schneidet mit seinem großen Buschmesser kleine, mundgerechte Teile ab. Lust auf Fleisch habe ich überhaupt nicht, doch etwas anderes gibt es nicht, und essen muß ich, wenn ich kräftiger werden will. Mit Überwindung verzehre ich ein paar Stücke, und Lketinga ist zufrieden. Ich frage, wo wir uns waschen können. Da lacht er und meint, der River sei sehr weit weg und mit dem Auto nicht erreichbar. Die Frauen holen nur das nötige Teewasser, für mehr reicht es nicht. Also müssen wir mit Waschen noch ein paar Tage warten. Dieser Gedanke ist mir unangenehm. Dafür gibt es fast keine Moskitos, aber umso mehr Fliegen. Beim Zähneputzen vor der Manyatta werde ich neugierig beobachtet. Als ich den Schaum ausspucke, sind die Zuschauer in heller Aufregung. Nun muß auch ich wieder lachen.
    An diesem Tag wird ein Ochse geschlachtet, mitten auf dem Platz. Es ist ein schauriges Schauspiel. Sechs Männer versuchen den Ochsen seitlich auf den Boden zu drücken. Das ist nicht einfach, da das Tier in seiner Todesangst mit dem Kopf wild um sich schlägt. Erst nach mehreren Versuchen gelingt es zwei Kriegern, den Ochsen an den Hörnern zu packen und den Kopf zur Seite zu drücken. Der Ochse sinkt langsam zu Boden. Sofort werden die Beine gefesselt. Drei Leute sind damit beschäftigt, ihn zu ersticken, während die anderen die Beine festhalten. Es ist grauenhaft, für die Massai aber die einzige Form, ein Tier zu töten. Als es sich nicht mehr regt, wird dem Tier die Schlagader geöffnet, und alle umstehenden Männer wollen von dem Blut schlürfen. Es muß eine Delikatesse sein, denn es entsteht ein richtiges Gedränge. Dann beginnt die Zerlegung. Alte Männer, Frauen und Kinder stehen bereits an, um ihre Teile zu bekommen. Die besten Stücke gehen an die alten Männer, dann erst kommen die Frauen- und Kinderanteile. Nach vier Stunden ist außer einer Blutlache und dem aufgespannten Fell nichts mehr übrig. Die Frauen haben sich in ihre Hütten zurückgezogen und kochen. Die alten Männer sitzen unter den Bäumen im Schatten, trinken Bier und warten auf ihre gekochten Stücke.
    Am späten Nachmittag höre ich ein Motorengeräusch, und kurz darauf erscheint Giuliani auf seinem Motorrad. Ich begrüße ihn freudig. Er hat gehört, daß ich hier bin und Malaria habe, deshalb wolle er nach mir schauen. Er hat selbstgebackenes Brot und Bananen mitgebracht. Ich bin froh und fühle mich wie vom Weihnachtsmann beschenkt. Nun erzähle ich ihm die ganze Misere von der geplatzten Hochzeit bis zur Malaria. Er rät mir dringend, nach Wamba zu fahren oder zurück in die Schweiz, bis ich wieder kräftiger bin. Mit Malaria sei nicht zu spaßen. Bei diesen Worten schaut er mich eindringlich an, und mir wird klar, daß ich noch lange nicht über den Berg bin. Dann steigt er auf sein Motorrad und braust davon.
    Ich denke an Zuhause, an meine Mutter und an ein warmes Bad. Ja, im Moment wäre das wirklich schön, obwohl es nicht allzu lange her ist, daß ich in der Schweiz war. Allerdings kommt es mir wie eine Ewigkeit vor. Beim Anblick meines Darling vergesse ich die Gedanken an die Schweiz. Er erkundigt sich nach meinem Befinden, und ich erzähle ihm vom Besuch des Paters. Von ihm habe ich erfahren, daß heute die Schüler von Maralal nach Hause kommen. Zum Teil bringt Pater Roberto einige mit seinem Fahrzeug her. Als Mama davon erfährt, hofft sie inständig, daß James dabei ist. Auch ich freue mich auf die Möglichkeit, mich zwei Wochen Englisch unterhalten zu können.
    Ab und zu esse ich ein paar Stücke Fleisch, die ich allerdings erst von einem Fliegenschwarm befreien muß. Das Trinkwasser sieht nicht wie Wasser aus, sondern eher wie Kakao. Mir bleibt nichts anderes übrig, als es zu trinken, wenn ich nicht verdursten will. Milch bekomme ich keine, denn Mama meint, nach einer Malaria sei diese sehr gefährlich, es könne einen Rückfall geben.
    Die ersten Burschen aus der Schule treffen ein, und James ist mit zwei Freunden dabei. Sie sind gleich angezogen, kurze graue Hosen, ein hellblaues Hemd und ein dunkelblauer Pullover. Er begrüßt mich freudig, seine Mutter dagegen eher respektvoll. Beim gemeinsamen Teetrinken beobachte ich diese Generation und bemerke, wie sehr sie sich von Lketinga und seinen Altersgenossen unterscheidet. Irgendwie paßt sie nicht in diese Manyattas. James betrachtet mich und sagt, er

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