Die Weiße Ordnung
Töpferwerkstatt – die mit dem übergroßen Krug über dem Eingang – im letzten Haus vor dem großen Platz untergebracht war, und drei Häuser weiter musste die Gerberei liegen. Er öffnete die Tür vorsichtig und trat ein.
Ein junger Mann, nicht viel älter als Cerryl, saß auf einem Hocker; ein Fuß bewegte den Tritt, mit dessen Hilfe die Töpferscheibe gedreht wurde. Cerryl sah zu, wie unter den kurzen, dicken Fingern des jungen Töpfers der untere Teil einer Schüssel oder eines Kruges wuchs.
Der Töpfer hatte Cerryl nicht bemerkt.
Schließlich räusperte sich Cerryl. »Ich suche Lwelter, den Töpfer.«
Der schlanke Mann sah von der Scheibe auf und ein Zucken ging durch seinen Körper, als er die weiße Tunika sah. »Lwelter, Ser?«
»Ich muss ihn etwas fragen«, sagte Cerryl.
»Lwelter?«
Cerryl nickte.
»Wie Ihr wünscht, Ser.« Der junge Töpfer drehte sich auf dem Hocker um. »Vater! Ein Magier fragt nach dir.« Dann richtete er seinen Blick wieder auf die Töpferscheibe. »Wenn Ihr nichts dagegen habt, Ser …«
»Nein, macht nur weiter.«
Gleich darauf kam ein gebückter Mann aus dem hinteren Raum. Lwelters blinde Augen sahen an Cerryl vorbei. »Ser …?« Die brüchige Stimme zitterte.
»Lwelter?«
»Das bin ich. Auch als ich noch sehen konnte, hieß ich schon so.«
»Ich habe mit Fasse gesprochen und er meinte, dass Ihr mir vielleicht helfen könnt. Er sagte, Ihr seid durch Gallos und Kyphros gezogen.«
»Das ist schon lange her, eine lange Zeit, Deorca war noch jünger als Flait jetzt.«
»Was wisst Ihr über Quessa oder Hierna?«
»Hierna, ah, ja, das war von Zrenca aus die übernächste Stadt und in Zrenca habe ich Deorca gefunden.« Ein Lächeln verbreiterte die dünnen, blassen Lippen. »Das ist lange her.«
»Wie weit liegt Hierna von Tellura entfernt?«
»Nicht zu weit. Vielleicht eine Tagesreise, eine kurze Tagesreise von Hierna nach Zrenca, aber Zrenca ist nur ein kleines Dorf, keine Stadt, müsst Ihr wissen.«
»Und wie weit ist Tellura von Zrenca entfernt?«, fragte Cerryl geduldig.
»Wenn es eine einigermaßen gerade Straße gäbe, würde ich sagen, zwei Tage zu Pferd; aber die Hügel und Bäche, sie fließen nicht geradeaus, und die Straßen winden sich noch mehr als die Bäche.«
»Zrenca liegt also zwei Tagesreisen genau westlich von Tellura?«, folgerte Cerryl daraus.
»Fast, würde ich sagen, genau weiß ich es nicht …«
»Und Hierna liegt einen weiteren Tag westlich von Zrenca?«
»Äh … nein. Hierna … Ihr müsst von Zrenca aus so weit nach Norden gehen wie nach Westen, ein kurzer Tagesritt, ein halber mit einem schnellen Pferd.«
»Habt Ihr je von einer Stadt namens Quessa gehört?«
Lwelter zuckte die Achseln. »Ich weiß nur, dass sie westlich von Hierna liegt, mehrere Tagesreisen entfernt … zwei, vielleicht drei.«
»Wie groß ist Hierna?«
»Wart Ihr schon einmal in Weevett, Bursche?«
Hinter ihnen zuckte der junge Töpfer merklich zusammen.
»Nun, Hierna ist halb so groß wie Weevett, wenn nicht eine der beiden Städte mehr gewachsen ist in den letzten zehn Jahren.« Lwelter lachte.
»Wisst Ihr mehr über Quessa?«
»Man sagt, dass es ein Dorf so groß wie Zrenca ist. Aber ich war nie dort. Deorcas Base war mit dem Müller dort verheiratet.«
»Seid Ihr jemals von Zrenca zu den Westhörnern geritten?«, bohrte Cerryl weiter.
»Ich? Ich war Töpfer und kein Hirte. Und außerdem fürchteten die Menschen damals noch die Schwarzen Engelsfrauen. Man sagt zwar, sie seien alle tot, aber glaubt Ihr das?« Lwelter gluckste und schüttelte den Kopf. »Mögen die Flachländer nicht, die Engel.«
»Vater.« Es klang streng. »Der Weiße Magier weiß alles über die Engel.«
Lwelter hörte auf zu kichern. »Du hast mir nicht gesagt, dass er ein Magier ist.«
»Doch, das hat er«, sagte Cerryl. »Ihr habt mir sehr geholfen, Lwelter. Danke.« Er kramte in seiner Börse und gab dem jungen Töpfer zwei Kupferlinge, bevor er sich umdrehte und ging.
»… hätte uns zu Asche verwandeln können …«
»Warum hast du nicht gesagt …«
Ohne auf die gegenseitigen Beschuldigungen hinter ihm zu achten, wanderte Cerryl rasch zurück zum Platz der Magier.
Als er seine Zellentür öffnete, erklang auch schon die Abendglocke. Er wusch sich schnell und eilte in den Speisesaal. Die anderen saßen bereits vor ihren Tellern und Cerryl stand allein an der Anrichte.
Er nahm sich eine Scheibe Haferbrot, Käse, Nudeln mit weißer Soße und einen Humpen Dünnbier,
Weitere Kostenlose Bücher