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Die Weiße Ordnung

Titel: Die Weiße Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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nach Süden – tief in die Dunkelheit hinein, aber dank der Chaos-Rückstände konnte er mit seinen Sinnen so gut sehen wie bei Tageslicht.
    Vereinzelte dicke Regentropfen klatschten auf die Straßensteine und die weiß getünchten Wände, als Cerryl das Kanalgitter wieder verriegelt hatte. »Zurück zu den Hallen. Das war’s.«
    »Keinen Augenblick zu früh …«, brummte ein Lanzenreiter aus der hinteren Reihe.
    Jyantyl fuhr zusammen, drehte sich jedoch nicht um.
    Als sie, aus der Seitenstraße kommend, wieder auf die Hauptstraße einbogen, die direkt südlich an der Getreidebörse vorbeiführte, versuchte Cerryl mit ausdruckslosem Gesicht weiterzugehen.
    In beiden Tunneln hatte es vor Chaos gewimmelt, so stark, dass Kesrik sie unmöglich selbst gesäubert haben konnte; nicht der Kesrik, den Cerryl kannte. Cerryl konnte sich nicht sicher sein, aber Kesrik wirkte überhaupt nicht wie Sterol und das wies darauf hin, dass Kesrik seine Kontrolle über das Chaos wahrscheinlich nicht abschirmte.
    Aber … wer hatte dann die Tunnel gereinigt – und wie und warum? Was hatte Kesrik angestellt, damit die Gardisten sein Tun nicht bemerkten?
    Cerryl hätte beinahe aufgeschrien, als es ihn wie ein Blitz traf: Jeder, der stark genug war, um solch eine Menge an Chaos zu handhaben, war vielleicht auch in der Lage, die gleichen Techniken wie Anya anzuwenden, dank derer sie unbemerkt in Faltars Zelle gelangen konnte.
    Immer wieder neue Fragen wurden aufgeworfen; doch mit keiner dieser Fragen wagte Cerryl an einen anderen Magier heranzutreten, nicht solange er noch Schüler war und Kesrik Jesleks Liebling.
    Zurück in den Gildehallen der Magier, suchte Cerryl sogleich den Waschraum auf, wo er sich bis zur Hüfte auszog, um den Dreck und den Gestank von den Händen und Armen und aus dem Gesicht zu waschen. Ein Hauch von Chaos half ihm, den ekelhaften Geruch aus Tunika und Hose zu entfernen.
    Cerryl betrat gerade den Speisesaal, da ertönte der Glockenschlag, der das Abendessen ankündigte – jämmerlich falsch wie immer. Kesriks stämmige, blonde Gestalt stand schon an der Anrichte, noch niemand sonst hatte sich bedient.
    Heralt und Faltar standen ganz hinten in der Schlange und Cerryl gesellte sich zu ihnen.
    »Du bist früh dran.« Der krausköpfige Heralt drehte sich um.
    »Das kommt vor.«
    »Aber nicht sehr oft«, meinte Faltar mit einem Grinsen. Das Grinsen verschwand plötzlich, als er die Schüsseln und dampfenden Töpfe sah, die von einem Küchenjungen bewacht wurden. »Suppe?«
    »Gerste und Hammel, Ser. Hauptsächlich Gerste.« Der Junge lächelte mitfühlend.
    »Gerste? Was habe ich nur getan, dass sie mir Gerste vorsetzen?«
    »Du bist ein Magierschüler«, sagte Heralt nur.
    »Und ein Vielfraß«, fügte Cerryl dem hinzu.
    »Was habe ich nur getan, dass ich solche Freunde habe?« Faltar füllte einen Humpen mit Dünnbier. »Ich bin doch immer brav gewesen.«
    Über den kläglichen Ton in Faltars Stimme konnten Cerryl und Heralt herzlich lachen.
    »Und ihr lacht auch noch über mich.« Faltar drehte sich um und steuerte auf einen der runden Tische zu.
    »Mir scheint eher, du lachst über uns«, entgegnete Heralt, als er Faltar folgte.
    Cerryl nahm sich ein ordentliches Stück Schwarzbrot und füllte seinen Humpen, bevor er sich zu den anderen begab.
    »Ich mag dieses nasse Wetter nicht.« Heralt wurde von einem Schauder geschüttelt.
    »Keiner von euch Kyphrern mag es.« Faltar nahm einen Schluck Bier.
    »Wie bist du hierher gekommen?«, fragte Cerryl. »Ich wusste gar nicht, dass du aus Kyphros stammst.«
    »Kyphrien, genauer gesagt. Mein Vater ist Wollhändler. Eines Tages bin ich mit ihm gefahren, als er dem Weißen Magier, der damals den Subpräfekten beriet, weiße Wolle liefern wollte.« Der nächste Schauder überfiel Heralt.
    »Und der hat beobachtet, wie du mit dem Chaos gespielt hast und dich dann hierher gebracht?«, fragte Faltar. »Was hat dein Vater dazu gesagt?«
    »Er durfte gar nichts sagen.« Heralt brach sich ein Stück Brot ab. »Das ist immer noch besser als sterben.«
    Cerryl nickte und kostete einen Löffel von der heißen Suppe; dankbar sog er die Wärme nach dem kalten Regen in sich auf. Der Frühling war immer so: erst zu heiß und dann zu viel Regen. Cerryls Augen warfen schnell einen Blick auf den Tisch, an dem Kesrik allein aß.
    Während Kesrik seine Suppe schlürfte, kam Bealtur in den Saal, doch statt zur Anrichte zu gehen, hielt er schnurstracks auf Kesrik zu und flüsterte ihm etwas

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