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Die Weiße Ordnung

Titel: Die Weiße Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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warum Jeslek so mächtig erscheint. Er strahlt das Chaos förmlich aus. Sterol ist fast ebenso mächtig, doch er wirkt sanft und zurückgezogen. Er schirmt seine Macht ab, genauso wie du dich im Kanal vom Chaos abschirmst; man kann es vielleicht besser beschreiben als ein Ordnen des Chaos, sodass es zusammengehalten und nicht verstreut wird.« Myral zuckte die Achseln. »Jetzt wirkst du wie ein junger Jeslek, der seine Macht nach allen Seiten ausstrahlt. Wenn du kein Waisenjunge und Schreiberlehrling gewesen wärst, der keinem auffiel, hätte Sterol dich vor Jahren schon in die Krippe gesteckt – oder dich erstickt.«
    Cerryl sagte nichts.
    »Sterol macht sich Gedanken um Recluce – wieder einmal und genau aus den Gründen, die ich dir gerade genannt habe. Du kannst dich bei den Schwarzen und beim neuen Präfekten von Gallos bedanken, ohne sie wärst du wahrscheinlich nicht mehr am Leben. Aber … du bist ein möglicher Rivale für Jeslek. Wenn Sterol einmal nicht mehr da ist, wird Jeslek dich vielleicht nicht mehr in seiner Nähe haben wollen.«
    »Mich, Ser?«
    »Ich sagte, vielleicht. Jetzt könnte Jeslek dich ausblasen wie eine Kerze. Deine Schilde sind kaum nennenswert und du hast noch nicht herausgefunden, wie du deine Macht richtig einsetzen kannst. Es ist nicht einfach, wie du selbst schon festgestellt hast. Manche Magier beenden ihren Kanaldienst und sind beinahe ausgebrannt; sie sind entkräftet, anstatt etwas gelernt zu haben. Wie dem auch sei, warum, glaubst du, wollte Sterol, dass du jetzt schon in die Kanäle gehst? Es war Sterols Vorschlag, nicht Jesleks, ganz gleich, was der große Jeslek auch behaupten mag.« Myral wischte sich über seine plötzlich feucht gewordene Stirn.
    »Dann kann ich es also lernen?«
    »Dann musst du es also lernen.« Myrals Stimme klang wieder amüsiert. »Hoffen wir, dass du es lernst. Und, übrigens.« Myral stand auf und ging zum Bücherregal, von wo er eine Schriftrolle herausnahm. Er trug die Rolle zum Tisch zurück, wo sie sich als Kanalkarte entpuppte. »Hier sind die zwei Seitenkanäle, die Kesrik beim letzten Mal hätte putzen sollen.« Der dicke Magier lehnte sich über die ausgebreitete Karte und deutete darauf.
    Cerryl prägte sich die Lage der Kanäle genau ein.
    »Ich habe dir nichts gesagt. Und ich kann überzeugend lügen, auch Jeslek gegenüber. Das gehört zu meinen wenigen Stärken.« Myral lächelte bitter. »Und jetzt … mach dich auf den Weg. Und denk an deinen Schild, wenn du die Macht behalten willst – ganz gleich, wie viel du davon auch besitzen magst.«
    »Ja, Ser.« Cerryl stand auf, er fühlte sich wie benommen.
    Den Weg zum Kanal empfand Cerryl wie einen weiteren Traum, obwohl er noch genau wusste, dass er mit Jyantyl gesprochen und den kühlen Nordwind gespürt hatte, der durch die Straßen geblasen hatte.
    Kaum, dass er sich an das Aufschließen des Bronzegitters und an das Hinabsteigen in die allzu bekannten Gerüche des Tunnels erinnerte.
    Cerryl blickte in die Dunkelheit des Zubringertunnels. Irgendwie war es ganz gleich, was er entdeckte, er stand doch immer nur der Dunkelheit gegenüber. Hatte das Leben denn nichts anderes als Dunkelheit zu bieten?
    Er glühte zu stark … Myral war es so wichtig gewesen, dass er es ihm vorzeitig gesagt hatte – und dabei sogar nervös gezittert hatte. Er glühte zu stark und Jeslek würde ihn ausblasen wie eine Kerze. Er glühte zu stark.
    Wenn er schon so stark glühte, wie Myral es ausgedrückt hatte, dann deswegen, weil er noch immer zu viel Chaos in und um sich herum besaß? Könnte er etwas anders machen? Musste er denn etwas anders machen … wenn er überleben wollte?
    Cerryl holte tief Luft und schaute wieder in die Dunkelheit des Tunnels … eine Dunkelheit, die sich bis weit über die Stelle hinausstreckte, an der der Seitentunnel auf den Hauptkanal traf.

 
LXXIV
     
    K aum aus dem Seitentunnel herausgekrochen, ein wenig früher als sonst – so hoffte er –, wandte sich Cerryl an Jyantyl. »Ihr und die Wachen könnt von hier aus gleich zurückgehen. Ich muss noch etwas für Myral erledigen.« Er strich sich das feine Haar aus der Stirn, jedoch umsonst, denn der nächste Windstoß wehte es ihm wieder vor die Augen.
    »Ser?«
    Cerryl lächelte. »Ich kehre auch bestimmt in die Hallen zurück.« Seine Augen wanderten nach Osten, wo sich dicke Schichtwolken zu einem grauen Brei zusammenfanden.
    »Wir könnten Euch begleiten.«
    Cerryl zuckte die Schultern, er fand, dass dies kein Kampf

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