Die Weiße Ordnung
du ihn nicht findest – aber auch im anderen Fall –, komm nach dem Mahl zu mir.«
»Ja, Ser.«
»Du hattest nur zwei Gardisten, junger Cerryl, nicht wahr? Hier unten bei dir?«
»Ja, edler Sterol. Ich habe Dientyr geschickt, um Myral zu holen; Ullan verschwand, während ich mit den … Übeltätern beschäftigt war.«
»Du bist hier unten geblieben?«
»Ja, Ser.«
»Gut. Sehr gut.« Sterol winkte. »Luyar, nimm dir genügend Wachen, um alle Gitter der Seitenkanäle und des westlichen Haupttunnels zu bewachen. Wenn sie Ullan erwischen, sollen sie ihn für Cerryl festhalten.«
Der Anführer der Lanzenreiter nickte und stieg eilig die Treppe hinauf zur Straße.
»Wenn die Lanzenreiter ihn zuerst finden … wird man dich benachrichtigen. Deine Aufgabe wird es sein, den Deserteur durch Chaos-Feuer hinzurichten – an Ort und Stelle, wo du ihn findest.«
»Ja, Ser.«
Sterol nickte gebieterisch, drehte sich um und schritt die Treppe hinauf. Myral keuchte hinter dem Erzmagier her.
Cerryl starrte in den Tunnel, vorbei an den Stufen und über die Stelle hinweg, an der eben noch die Leichen gelegen waren, dann zuckte er die Achseln. Ullan war geflüchtet, während Cerryl gegen die bewaffneten Männer gekämpft hatte, er hatte sich vom Eingang entfernt, aber nicht die Stufen genommen.
Cerryl ging langsam in den Tunnel hinein, er durchquerte das Gebiet, das er schon gereinigt hatte, und blickte auf seine Füße.
Zwei Lanzenreiter folgten ihm. Waren sie außer zu seinem Schutz auch zu seiner Beobachtung hier?
Er passierte eine weitere Treppe, auf die Licht durch ein Gitter fiel, dann eine zweite und schließlich eine dritte. Im Tunnel war es still bis auf das leise Gurgeln des Abwassers im Grabenlauf und die Schritte auf den feuchten Steinen.
Nahe der vierten Zugangstreppe blieb Cerryl stehen, er horchte und spähte in die Dunkelheit, seine Sinne spürten etwas … jemanden … Der oder das versteckte sich in der Dunkelheit hinter den Stufen.
»Ich glaube, er ist da vorn«, flüsterte Cerryl dem Gardisten mit der Lampe zu. »Bleibt einige Schritte zurück. Ich kann nicht gleichzeitig ihn verfolgen und Euch schützen.«
Überraschenderweise nickte der Gardist zustimmend.
Cerryl schlich sich weiter in den Tunnel, er wusste, dass der Rücken und die Ärmel seiner Tunika vor Dreck strotzten.
Stiefel scharrten auf den Ziegeln … und eine Lanze.
Cerryl wartete und sammelte gleichzeitig Chaos aus der Umgebung. »Ullan …«
Das gurgelnde Abwasser im Graben verursachte das einzige Geräusch im Kanal.
»Es gibt keinen Ausweg.«
Die undeutliche Gestalt des Lanzenreiters drückte sich an die Wand neben den Stufen und erhob die Lanze aus Weißbronze.
Cerryl bündelte die Chaos-Energie zu einem weißgoldenen Speer.
Die Chaos-Flamme traf Ullans Lanze und verwandelte sie in eine Stichflamme. Der Gardist ließ seine Waffe los – seine Hand und sein Unterarm standen in Flammen.
Der Lanzenreiter griff mit der heilen Hand an sein Kurzschwert, das am Gürtel hing.
Mit einem unterdrückten Seufzer schickte Cerryl einen weiteren gezielten Feuerstoß los, er traf Ullan in den Unterleib. Der Lanzenkämpfer taumelte und krümmte sich zusammen, bevor er zu Boden fiel.
Cerryl machte einen Schritt nach vorn. »Wer hat sich das ausgedacht?«
Ullan lag ausgestreckt auf den schleimigen Steinen, sein Leib war schwarz versengt, seine Augen mieden Cerryls Blick.
Cerryl schickte noch eine Chaos-Flamme auf die Beine des Lanzenreiters. Der Gestank von verbranntem Fleisch verdrängte die Gerüche von Abwasser und Moder.
»Nein … nein, bitte …«
»Wer hat Euch aufgetragen, mit der Lanze zu klopfen?«
»Weiß nicht, Ser … schwöre, ich weiß es nicht … Ein Weißer … klein … habe nie sein Gesicht gesehen … sanfte Stimme … dünn … duftete …«
Cerryl ließ ein paar kleine Flammen an den Fingerspitzen glimmen.
»Das ist die Wahrheit … wirklich … Ser … hat gedroht, mich umzubringen, wenn ich etwas sage …«
Cerryl spürte, dass es die Wahrheit war, und er fühlte auch Ullans Verzweiflung. Er zögerte noch einen Augenblick, dann schickte er die Flammen über Ullan.
Er schluckte und versuchte dem Brechreiz Herr zu werden – was ihm gelang, wenn auch nur mit Mühe.
Kurze Zeit später wandte er sich von der weißen Asche ab, die sich auf dem Fußweg verteilte.
Die zwei Lanzenkämpfer warteten, ihre Lampe spendete nur spärliches Licht in der Dunkelheit. Cerryl ging schweigend an ihnen vorbei, zurück an die
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