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Die Weiße Ordnung

Titel: Die Weiße Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Brental so abgezehrt aussah. Und doch gab es nichts, was Cerryl tun konnte. Er besaß außer einem Silberstück und einer Hand voll Kupferlingen kein Geld und auch sonst wusste er keinen Weg, um dem Sägemeister zu helfen. Er dachte an die vier Gedecke auf dem Tisch und schluckte.
    Cerryl betrachtete das leere Glas und fühlte sich hilflos.
    Jeslek wollte, dass er mithilfe des Glases Bilder von der Großen Weißen Straße heraufbeschwörte. Wie sollte er das anfangen?
    Da fiel ihm Tellura ein, die Stadt, von der er nichts gewusst hatte, was dazu geführt hatte, dass er eine Karte des östlichen Candars für Jeslek hatte zeichnen müssen. Cerryl richtete sich auf und konzentrierte sich ein weiteres Mal.
    Alles, was ihm gelang, war ein wabernder Silbernebel im Glas – und es wurde heiß. Er ließ den Nebel verschwinden und erhob sich vom Hocker, dann ging er zum Bett, stellte sich auf das Fußende und öffnete die Läden weit, um frische Luft in die Zelle zu lassen. Der Tag war allerdings so windstill, dass nicht einmal der kleinste Windhauch ins Zimmer wehen wollte.
    Enttäuscht ging er zurück zum Spähglas und setzte sich. Er versuchte sich das Bild der Weißen Straße nach Fairhaven ins Gedächtnis zu rufen. Am Anfang war das Bild zwar nur verschwommen, aber die Mühe hatte sich gelohnt und Cerryl ließ das Bild schließlich verlöschen.
    Müde wischte er sich über die Stirn, damit ihm der Schweiß nicht in die Augen lief. Er blinzelte. Sein Kopf schmerzte entsetzlich. Er schloss die Augen und saß eine Zeit lang regungslos am Schreibtisch, bis die ärgsten Stiche abgeklungen waren. Dann öffnete er die Augen, stand auf und streckte sich. Er konnte unmöglich gleich zurück ans Glas, auch wenn er noch weit, weit entfernt von der Erfahrung war, die Jeslek von ihm verlangte.
    Nachdem er die Zellentür geöffnet und in den kühleren Flur getreten war, machte sich Cerryl langsam und nachdenklich auf den Weg zum Studiersaal. Der Saal war leer bis auf Bealtur, der allein an einem der Tische saß und in ein dickes Buch vertieft war, dessen Titel Cerryl nicht erkennen konnte. Er ging zum offenen Fenster, doch auch dort verschaffte ihm keine Brise Erleichterung. Erschöpft wischte er sich mit dem Ärmel seiner Tunika über die schweißnasse Stirn.
    »Cerryl?«
    Cerryl fuhr herum. »Ja, Bealtur?«
    »Es tut mir Leid.« Die Lider über den Haselnussaugen zuckten und Bealturs Hand strich über den dünnen, dunklen Spitzbart. »Ich hatte keine Ahnung, dass Kesrik etwas Derartiges im Schilde führte.«
    Cerryl rang sich ein freundliches Lächeln ab. »Ich glaube, die meisten hatten das nicht erwartet. Ich auch nicht.«
    »Ich … ich möchte, dass du weißt, dass es mir ehrlich Leid tut.« Bealtur wirkte wie ein geschlagener Hund.
    »Ich verstehe.« Glaub mir, ich verstehe dich.
    »Cerryl? Was machst du hier?« Faltar stürzte in den Studiersaal mit einem Stapel Bücher unter dem Arm.
    »Was machst du hier? Ich dachte, du bist draußen in den Kanälen.«
    Faltar lächelte grimmig und hob die ledergebundenen Bücher hoch. »Esaak und Broka haben sich gegen Derka und Myral durchgesetzt. Ein Vormittag im Achttag gehört ihnen. Und der ist heute.« Er ließ sich auf den Stuhl an Bealturs Nachbartisch fallen. »Esaak hat behauptet, dass die fortgesetzten Studien dir auch nicht geschadet hätten …«
    Cerryl lachte den blonden Schüler amüsiert an. »Das tut mir Leid für dich.«
    »Ich weiß nicht, was schlimmer ist: Mathematik, Anatomie oder die Kanäle.«
    »Die Kanäle«, antwortete Cerryl. »Die Kanäle.«
    »Cerryl hat Recht«, meinte Bealtur. »Besonders jetzt, wenn es so heiß ist und der Gestank in den Tunneln einem ständig Brechreiz in den Hals legt. Ich war im letzten Sommer dort unten.« Er schüttelte angewidert den Kopf.
    »Ihr beide seid auch nicht gerade vergnügt beim Lernen.« Faltar seufzte und warf einen Blick auf seine Bücher. Beim Geräusch von Schritten drehte er sich um. Leyladin, Lyasa und Anya rauschten zusammen am Eingang des Studiersaals vorbei. Ein Lächeln erheiterte Faltars Gesicht.
    »Ich weiß, worum deine Gedanken gerade kreisen«, sagte Cerryl.
    »Und deine nicht? Du lächelst so wissend.«
    »Ich komme nicht weiter. Ich bin nur ein Schüler. Außerdem vermute ich, dass die auf den höheren Posten mehr Anrechte haben.« Cerryl versuchte, die Verbitterung darüber nicht in seine Stimme zu legen.
    »Auf Leyladin? Nicht einmal Sterol oder Jeslek könnten sie anrühren. Fydel und Myral

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