Die Weiße Ordnung
rechten Hand, während er sich gegen den Sattelknauf lehnte und mit der anderen Hand die Zügel hielt.
Cerryls Oberschenkel wurden von Krämpfen gequält, als die Gruppe das Nordtor passierte. Zehn Weiße Lanzenkämpfer folgten dem Magierzug die Hauptstraße entlang und trotz des fortgeschrittenen Nachmittags fühlte Cerryl den Schweiß, der ihm in Strömen über den Rücken lief. Der Tag war heiß gewesen, obwohl sie die meiste Zeit in dem vergleichsweise kühlen Wassertunnel verbracht hatten, und ließ auf eine ebenfalls warme Erntezeit schließen.
Cerryl warf einen Blick auf Leyladin vor sich, sie ritt noch immer anmutig neben Jeslek her, dann auf Kochar. Der rothaarige Schüler erwiderte den Blick mit einem Lächeln und flüsterte: »Denk daran! Entspann dich und kämpf nicht dagegen an.«
Wie konnte man ohne Kampf im Sattel bleiben? Cerryl wusste keine Antwort darauf. Kochar hatte leicht reden, doch es in die Tat umzusetzen war etwas anderes. Cerryl holte tief Luft und versuchte sich abzulenken, indem er das Gebäude der Getreidebörse betrachtete, an dem sie gerade vorüberritten. Nur eine einzige Kutsche stand dort im Schatten des Hauses.
Auch der Platz der Handwerker wirkte nicht anders als an jedem anderen Nachmittag, eine Hand voll Menschen hielt sich dort auf und ein Lehrling lief in die Seitenstraße, die zu Tellis’ Werkstatt führte.
Bald fand sich Cerryl vor den Ställen wieder und sah sich erschöpft um. Jeslek, Kochar und Leyladin waren bereits abgestiegen. Zwei Stallburschen führten Kochars und Leyladins Pferde in den Stall und die beiden bogen um die Nordseite des Gebäudes und schlugen die Richtung zum östlichen Hof ein.
Ein weißbärtiger Mann in blauer Kleidung trat aus dem Spätnachmittagsschatten des Vordaches. »Wollt Ihr nicht absteigen, Ser?«
»Oh … ja.« Cerryl schwang sich umständlich aus dem Sattel und seine Beine gaben bedenklich nach, als sie auf den harten Steinen des Innenhofes aufkamen. Unsicher blickte er zurück auf den großen Braunen. Würde er sich jemals ans Reiten gewöhnen können? Dann folgte er den anderen.
»Du hast dich also doch noch entschlossen, uns zu folgen, Cerryl?« Auf Jesleks Gesicht zeigte sich kein Lächeln.
»Es tut mir Leid, Ser. Ich bin kein so guter Reiter wie Ihr.« Das stimmte zweifellos.
»Nun, ihr seid alle zurückgekommen und habt heute gute Arbeit geleistet – jeder Einzelne von euch.« Jesleks jugendliches Gesicht passte wie immer nicht zu dem weißen Haar und den sonnengelben Augen. »Morgen, gleich nach dem Frühstück, sehen wir uns wieder.«
Kochar atmete tief durch. Leyladin und Cerryl tauschten Blicke aus, während Jeslek sich umdrehte und sie allein ließ.
Dann wandte sich Kochar mit einem Nicken ebenfalls ab.
»Du bist noch nicht viel geritten, habe ich Recht?« Leyladin lächelte wohlwollend. Cerryl hoffte zumindest, dass es wohlwollend gemeint war.
»Nein. Eliasar hat mich zwar ein paar Mal auf ein braves Tier gesetzt und mich in den Straßen umherreiten lassen, doch mit mehr Reiterfahrung kann ich nicht aufwarten.« Cerryl blickte zum Hofeingang, über den man zum Hauptgebäude der Gildehallen der Magier gelangte, und dann zu Leyladin. »Äh … ich wollte dich schon lange etwas fragen.«
Sie lächelte. »Nein … ich bin weder Myrals noch Jesleks Geliebte. Myral ist sehr nett, aber nicht mein Geschmack. Jeslek ist auch nicht nach meinem Geschmack, doch das würde ihn nicht aufhalten. Ich bin Grau, beinahe Schwarz, und das ist es, was ihn abhält, denn das würde nicht gut gehen.«
»Ah …« Cerryl fühlte, wie er dunkelrot anlief. »Aber … das wollte ich gar nicht fragen.«
»Das war vielleicht nicht die Frage, die du jetzt stellen wolltest.« Leyladin lächelte. »Aber sie ging dir im Kopf herum.« Leyladin zögerte. »Habe ich Recht?«
Cerryl fühlte, wie er noch röter wurde.
»Ich nehme das als ein Ja. Und was wolltest du also fragen?«
»Ich habe die Art des Chaos auch gesehen, die angeblich nur du im Wassertunnel aufspüren kannst. Das vermögen wohl nicht alle Weißen?«
Die blonde Frau schüttelte den Kopf. »Myral kann es. Faltar vielleicht auch einmal. Du kannst es ganz offensichtlich. Wenn sich ein Weißer Magier oder eine Weiße Magierin einmal mit Chaos umgeben hat, ist es für sie meist sehr schwierig, kleinere Mengen an purem sichtbarem Chaos zu spüren, wie das, das in den Kanälen wächst oder im Wassertunnel.« Leyladin warf den Kopf zurück und sah Cerryl an, als hätte sie ihn nie zuvor
Weitere Kostenlose Bücher