Die Weiße Ordnung
ärgsten Schmutz von Händen und Armen. Dann streifte er den Umhang, die weiße Lederjacke und die Übertunika mit den roten Streifen an den Ärmeln ab. Ein einfaches weißes Hemd, staubige, bräunliche Hose und ein Schwert – das entsprach kaum dem Bild eines Magiers. Jacke und Tunika stopfte er in seine Packtaschen. Den geborgten Umhang hängte er an einen Haken, Packtaschen und Bettrolle schob er an die Wand neben dem Bett, sodass der Blick eines Eindringlings nicht sofort auf sie fiel. Nicht dass sich etwas Wertvolles darin befunden hätte, außer vielleicht die Lederjacke; Cerryl beabsichtigte jedoch nicht, sie hier unter den vielen Menschen zu tragen, das würde nur Verdacht erregen.
Die Schenke war rauchig vom offenen Feuer in dem kleinen Kamin in der Ecke, Fettgeruch und lautes Stimmengewirr erfüllten die Luft. Zwölf Tische standen ohne erkennbare Ordnung in der Schenke und alle waren besetzt bis auf zwei: ein runder Tisch, auf dem noch leere Humpen und schmutzige Teller standen, und ein kleiner, quadratischer Tisch an der Wand. Cerryl entschied sich für den kleinen Tisch und rückte sich den Stuhl so zurecht, dass er unauffällig den Eingang beobachten konnte.
»… man muss aufpassen, wo man die Wolle kauft …«
»… man glaubt, sie achtet darauf … Alles, was sie will, ist Seide aus Naclos … und eine Speisekammer voller Gewürze und zwei gleich aussehende Milchkühe …«
»… junger Bursche … dort drüben … gerade hereingekommen … wieder so ein Gauner … Prytyk sagt, er wäre wohl ziemlich mordlüstern …«
»… sieht gar nicht so aus …«
»… Blut im Gesicht … Blut auf der Klinge, sagt Prytyk …«
»… keine Sorge … nicht hier. Wenn er ein richtiger Gauner ist … wir sicher … dort, wo sie bleiben, stellen sie nichts an … jetzt nicht unten im Schwarzen Kessel sein …«
Cerryl blickte auf zur Schankmaid, sie sah schmächtig aus und wirkte gequält; mit ihrer schmutzigen Schürze war sie vom Nachbartisch herübergekommen.
»Ser … Ihr seid der späte Gast, den Prytyk angekündigt hat?«
Cerryl nickte.
»Es gibt noch Eintopf mit Huhn. Brot dazu, natürlich.«
»Sehr gut. Was gibt es zu trinken?«
»Bier kostet zwei, das rote Gesöff einen Kupferling.«
»Ich nehme das Bier.« Etwas, das Gesöff hieß, wollte Cerryl nur ungern trinken.
Die braunhaarige Schankmaid war genauso schnell wieder verschwunden, wie sie gekommen war. Cerryl warf einen Blick auf den Ecktisch, dort wo man sich vorhin über ihn unterhalten hatte. Drei ältere Männer saßen um den abgenutzten runden Tisch und tranken aus großen Bierhumpen. Ein Brotkorb stand in der Mitte des Tisches.
Dann wanderte der Blick des jungen Magiers weiter zu einem Tisch, an dem eine blonde Frau unbestimmten Alters saß, ihren Beruf jedoch konnte sie nicht verbergen. Sie hing an der Schulter eines grauhaarigen, wohlgenährten Mannes in teurer brauner Kleidung. Cerryl wünschte, eine gewisse rotblonde Magierin würde ihm jetzt gegenüber sitzen. Doch in Ermangelung derselben lauschte er der Unterhaltung in der Ecke.
»… verstehe, was du meinst … sieht durch dich hindurch …«
»… hätte ihn haben können … vor Jahren …«
»Das ist noch nicht so lange her, Byum. Ha!«
Ein Lächeln spielte um Cerryls Lippen.
»Hier, bitte sehr.« Brot und Bier standen plötzlich auf dem Tisch: ein halber Laib Roggenbrot und ein großer Humpen, gefüllt mit dunklem Bier, das dem Geruch nach sehr stark zu sein schien. Cerryl legte zwei Kupferstücke auf den Tisch und nahm vorsichtig einen ersten Schluck. Bei den Preisen in Fenard musste er aufpassen – und sich vor allen Dingen beeilen.
Das Brot war fast frisch, zumindest frischer als das in den Gildehallen der Magier, und als endlich der Teller mit einem einzigen Hühnerbein darauf und die angeschlagene braune Steingutschüssel mit Eintopf an seinen Tisch gelangten, hatte Cerryl schon die Hälfte des Brotes verschlungen.
»Bitte, Ser.«
»Danke.« Cerryl wusste, dass die Maid etwas erwartete. Er kramte umständlich einen Kupferling aus der Börse.
»Danke, Ser.« Sie schenkte ihm ein eingeübtes Lächeln und schon stand sie am nächsten Tisch.
Der Eintopf schmeckte pfeffrig, schärfer als Burkha, doch das kümmerte Cerryl nicht. Er lauschte den Gesprächen um ihn herum, während er aß.
»… eine Menge Lanzenreiter sind heute zu den Osttoren hinausgeritten. Sehr viele von ihnen scheinen nicht zurückgekommen zu sein …«
»… du einen guten Tischler? Sie
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