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Die Weiße Ordnung

Titel: Die Weiße Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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ließen sie blitzschnell unter ihren zerlumpten Hemden verschwinden; mit dieser Beute türmten sie in eine Seitengasse. Cerryl schluckte, als er einen Jungen dabei beobachtete, wie er zwei Kartoffeln aus dem Ekel erregenden Wasser fischte.
    »Fort mit euch! Lasst einen armen Bauern zufrieden.« Der Fahrer des Wagens drohte den Dieben mit seinem langen Stock, worauf auch die letzten Straßenkinder in die Seitengasse flüchteten.
    Cerryl ritt weiter, seine Augen wurden nicht müde, die Umgebung zu beobachten, auch dann nicht, als er zwischen zwei alten Steinsäulen hindurchritt und sich mit einem Mal vor einem großen, mit Kopfstein gepflasterten Platz befand, auf dem es vor Karren, Wagen und Straßenhändlern nur so wimmelte. Die meisten Wagen bestanden aus einfachem Holz, braun oder grau gestrichen, lange nicht so bunt wie die Wagen auf dem Marktplatz in Fairhaven.
    Rechts von ihm, auf einem einzelnen Block zum Ein- und Aussteigen für Kutschen, stand ein verwahrloster Junge und beobachtete Cerryl mit kalten Augen, dann wandte er den Blick ab.
    »Du da!«, rief Cerryl.
    »Ser? Ich habe nichts getan. Wirklich nicht.«
    »Wo geht es zum Palast des Präfekten?«
    »Ihr? Sie werden Euch nicht hineinlassen.« Der Junge grinste, wenn auch nur verhalten.
    »Mein Vetter ist in der Garde dort.«
    »Dort hinauf und bei Gyldn vorbei. Das ist der Goldschmied.«
    »Danke.«
    »Geht doch hin, wo der Pfeffer wächst, Bandit.« Der Bengel spie vor Cerryl auf den Boden.
    Cerryl drängte den Braunen schnell auf den belebten Marktplatz, seine Augen wanderten über die vielen Stände, zu den Frauen mit ihren bunten Körben und schließlich zu den zwei Wagen, die auf der anderen Seite des Platzes vor einem Gebäude standen, das ein Lagerhaus zu sein schien. Zwei Männer schleppten schwere, in grauen Stoff eingewickelte Bündel durch die offen stehenden Türen des Lagerhauses.
    »Gewürze! Die beste Wintersaat auf dieser Seite des Golfes …«
    »Ser! Blumen für Eure Dame!«
    Cerryl schüttelte den Kopf.
    »Dann ist sie keine Dame!«
    Der junge Magier grinste und suchte gleichzeitig nach dem Goldschmied, während der Braune ihn um den Platz trug. Ein Schild mit einer goldenen Kette auf grünem Hintergrund fiel ihm ins Auge und er machte sich auf den Weg dorthin. Die Straße führte bergauf, vorbei an dreistöckigen Häusern, in denen sich ebenerdig Läden befanden und darüber Wohnungen.
    »Düfte und Öle … Düfte und Öle …«
    »… erntefrisches Wurzelgemüse … frische Wurzeln …«
    Während er auf dem Kopfsteinpflaster der steilen Seitenstraße dahinritt, entdeckte Cerryl schließlich zu seiner Rechten die Mauern. Der Palast des Präfekten war von einer schier undurchdringlichen Wand umgeben, die gut zehn Ellen in der Höhe messen musste. Etwa zweihundert Ellen vor Cerryl befand sich ein Tor – besser gesagt, das erste Tor. Die zwei schmiedeeisernen Torflügel standen zwar offen, doch vier aufmerksame Wächter hatten sich davor postiert. Einer von ihnen beobachtete Cerryl interessiert, als dieser vorbeiritt. Cerryl achtete aber nicht auf den prüfenden Blick und ritt so unauffällig wie möglich vorbei. Das Tor hatte jemand aus ineinandergreifenden Eisenstäben geschmiedet, die sich zu Rechtecken zusammenfügten und den Blick auf einen gepflasterten Innenhof freigaben.
    Sollte er vorsichtiger sein?
    Cerryl schüttelte den Kopf. Es gab Zeiten, da war Kühnheit angesagt, und Zeiten der Vorsicht. In der Vergangenheit hatte er meist vorsichtig sein müssen und das war es auch gewesen, worauf Jeslek gehofft hatte. Hier konnte Cerryl Sterols Weisheit nicht mehr beherzigen, nach der es keine alten und zugleich kühnen Magier gab; wenn er jetzt nicht kühn handelte, würde er bestimmt nicht alt werden. Je eher er den Präfekten beseitigte – wenn es denn möglich war – und nach Fairhaven zurückkehrte, desto besser … bevor Jeslek wieder neue Geschichten erfand.
    An der Kreuzung oben auf dem Hügel fand er ein weiteres Tor vor, das allerdings verschlossen und mit einer Kette gesichert war; es sah nicht so aus, als hätte man es in letzter Zeit benutzt. An der Nordseite der Mauern öffnete sich das dritte Tor, mehrere Wagen warteten in einer Reihe davor – das Tor für die Händler, so vermutete Cerryl im Vorbeireiten. Das Tor am Ende der Straße, weniger als einen Häuserblock vom Marktplatz entfernt, nördlich von der Straße, die er zuerst genommen hatte, gewährte lediglich zu den Unterkünften der Wachen Einlass. Nur ein

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