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Die Weiße Ordnung

Titel: Die Weiße Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Satz konnte er bereits auswendig. Dennoch musste er sich darauf konzentrieren, die Formen der Buchstaben exakt zu kopieren.
    Beim Geräusch von Fußtritten im Ausstellungsraum – Cerryl hatte gerade ein Dutzend Zeilen auf die Tafel geschrieben – ließ Tellis die Reparaturarbeiten an der widerspenstigen Stockpresse liegen.
    Cerryl drehte sich nicht um. Er fühlte, dass der Kunde ein Weißer Magier war; eine verräterische rötlich weiße Energie breitete sich im Raum aus. Er zwang sich, den nächsten Satz zu kopieren, konzentrierte sich mit zitternden Fingern auf die Buchstaben.
    »Was kann ich für Euch tun, Ser?«, fragte Tellis freundlich.
    »Habt Ihr Die Gründung Fyrads und der Weißen Länder? Sterol sagte mir, dass Ihr Zweitkopien von einigen dieser alten Geschichten verkauft.«
    »Ja, Ser. In burgunderfarbenes Leder gebunden, hinten im Regal … wollt Ihr es sehen?«
    »Bitte.« Die Stimme klang gelangweilt.
    »Hier. Dieses Buch wurde von der Urfassung abgeschrieben …«
    »Das sehe ich. Zeigt mir die letzten Seiten.«
    Cerryl schrieb verkrampft den nächsten Satz in der Alten Sprache. Die Kreide quietschte erbärmlich, und da weder Tellis noch der Magier gerade sprachen, hielt Cerryl inne und nahm das kleine Bronzemesser, um die Unebenheit an der Spitze der Kreide wegzuschaben.
    »… der Rote Schild von Rohrn interessiert mich nicht … Habt Ihr Die Legende von Fornal? «
    »Die schreibe ich gerade ab, edler Magier. Vielleicht habe ich sie in zwei Achttagen fertig.«
    »Hier ist ein Silberstück. Das dürfte für Fornal reichen, oder?«
    »Ja, Ser.«
    »Wie ich sehe, besitzt Ihr auch die Geschichte Cyadors … beide Bände. Was verlangt Ihr dafür?«
    »Sie sind handgeschrieben, mit Eisengallustinte, Ser. Ein Goldstück und zwei Silberlinge für jedes Buch.«
    »Zwei Goldstücke für beide und noch eines für Fornal, wenn es fertig ist. Das ist mehr, als ich Euch schon geboten habe, wenn … wenn es innerhalb von drei Achttagen fertig ist.«
    Cerryl schluckte. Drei Goldstücke und ein Silberling für drei Bücher? Er selbst hatte noch nicht einmal ein Goldstück gesehen. Bei seinem Lohn würde er Jahre brauchen, um auch nur ein Goldstück zu verdienen.
    »Ja, Ser. Es wird fertig sein.«
    »Gut.«
    »Soll ich die Bücher liefern?«
    »Nein, ich nehme sie gleich mit … wenn Ihr mir etwas gebt, worin ich sie tragen kann.«
    »Eine Buchtragetasche. Ich habe eine für Euch, Ser.« Eine Schublade der Vitrine wurde aufgezogen. »Feine Wolle.«
    »Legt die Bücher hinein. Vorsichtig, Schreiber. Vorsichtig.«
    Cerryl starrte abwesend auf das Geschriebene, als Tellis wieder ins Arbeitszimmer kam.
    »Das wird schon besser, Junge. Schau nur immer auf die Muster.« Tellis ging zum Arbeitstisch.
    Cerryl hatte die Tafel noch nicht vollständig beschrieben, da stand Tellis wieder hinter ihm.
    »Eine schöne Handschrift hast du, junger Cerryl, aber ein Schreiber braucht mehr als eine hübsche Schrift.« Tellis schüttelte den Kopf. »Arbeiten kannst du. Das weiß ich, denn du arbeitest, auch ohne gelobt oder bestraft zu werden, und Dylert kann das besser als jeder andere beurteilen.«
    Cerryl sagte nichts. Man musste die Menschen nur aufmerksam anschauen, das ermutigte fast jeden weiterzureden; das hatte Cerryl inzwischen gelernt.
    »Aber auch eine schöne Handschrift gepaart mit dem Willen zu harter Arbeit macht noch keinen Schreiber aus dir«, fuhr Tellis fort. »Auch bunte Lederbindung und die beste Naht nicht.« Er hielt inne und sah Cerryl an.
    »Was denn, Meister Schreiber?«, fragte der Lehrling, der die Pause als Stichwort nahm.
    »Man muss die Worte lieben – und das, was sie berichten. Ein Schreiber ist nicht nur ein Buchbinder. Er ist nicht nur ein Kopist. Er kritzelt nicht nur alte Märchen und Geschichten ab …«
    »Aha … du verstopfst also schon wieder die Ohren eines armen Burschen mit Träumen und Gefasel.« Cerryl fuhr herum bei diesem scharfen Ton.
    Die junge Frau, die in der Tür des Ausstellungsraumes stand, war blond, gepflegt und muskulös. Die dunkelblauen Augen blitzten und trotz des Lichtes von draußen schien ihr Gesicht von einem Schatten verschleiert zu sein. »Nenn mir seinen Namen. Wenn er bleibt, erinnere ich mich vielleicht an ihn.«
    »Cerryl, meine Dame«, antwortete der Lehrling.
    »Er ist auch noch höflich. Du suchst dir immer die Höflichsten aus, weil sie dir nicht sagen, wie leer dein Geschwafel doch ist.« Ihre Augen musterten Cerryl. »Ich heiße Benthann. Ich bin diejenige,

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