Die Weiße Ordnung
die Leute draußen vorbeigehen sehe. Serai mag es nicht.«
»Die Menschen sind verschieden«, stimmte Cerryl ihr zu. »Selbst Schwestern.«
»Besonders Schwestern«, platzte Pattera heraus. »Wo gehst du hin?«
»Zu Arkos. Mehr von dem guten Pergament holen, das Tellis so dringend benötigt.« Cerryl lächelte schief. »Tellis verrät nicht, wofür er es braucht, aber ich wette, er schreibt etwas für die Magier. Sie fragen immer nach diesem Papier.«
Pattera nickte. »Sie verlangen auch Schurwolle.«
»Weißt du, warum?« Cerryl hatte so seine Vermutungen, wollte aber hören, was Pattera dazu zu sagen hatte.
»Ich kann ein Stück mit dir gehen. Ist dir das recht?«, fragte sie schüchtern.
»Natürlich.«
»Wie ist das mit der Wolle?«, bohrte Cerryl, während die beiden weiter zu dem großen Platz gingen; Arkos’ Werkstatt lag noch ein gutes Stück südöstlich von Fasses Tischlerwerkstatt.
»Nun ja … Vater sagt, weil die Schurwolle fester ist und dem Chaos besser widersteht. Jeder Magier muss von Chaos umhüllt sein, bei all dem Chaos, mit dem einige von ihnen um sich werfen.« Pattera hielt inne und fügte dann hinzu: »Denkst du nicht auch?«
Cerryl zuckte nur die Achseln. »Das würde ich auch sagen. Aber mich brauchst du da nicht zu fragen.« Sein Blick wanderte über die hellblauen Läden der Töpferwerkstatt, die fest verschlossen waren, um die Kälte und den feinen weißen Staub auszusperren, den der Wind über die weißen Granitsteine der Hauptverkehrsstraße aufwirbelte.
»Die Schafe in Montgren liefern die beste Wolle; nur die Schwarze Wolle aus Recluce ist noch feiner, aber das Geld dafür könnten wir nie aufbringen.« Pattera schüttelte den Kopf. »Man sagt, sie hält ewig.«
»Tellis sagt immer, ein gutes Buch sollte Generationen überdauern.« Cerryl runzelte die Stirn. »Er sagt aber auch, dass die Bücher, die die Weißen Magier lesen, nie so lange halten. Wenn sie sich im Geschäft Bücher ansehen, berühren sie diese Bücher niemals.«
»Das ist seltsam.«
»Der Meinung bin ich auch«, log Cerryl.
»Woher weißt du das?«, fragte Pattera.
»Ich habe es geraten«, gab er zu. »Ich habe noch niemals gesehen, dass ein Magier ein Buch berührt. Sie bitten Tellis oder mich, ihnen die Bücher zu zeigen oder sie auf einer Seite aufzuschlagen, und wenn sie ein Buch kaufen, packen wir es so ein, dass sie nicht damit in Berührung kommen.« Nach ein paar Sekunden fügte Cerryl noch hinzu: »Irgendwann müssen sie die Bücher bestimmt einmal berühren, aber ich habe es noch nie gesehen.«
»Das ist wirklich seltsam.«
Cerryl blieb am Rand der Hauptstraße stehen und sah das Webermädchen an. »Willst du mit mir kommen?«
»Ich würde gern, aber Serai regt sich bestimmt darüber auf und erzählt es Vater.« Pattera grinste. »Schwestern sind nun mal so.«
»Damit habe ich keine Erfahrung«, gab Cerryl zu. »Ich bin allein aufgewachsen.«
»Vater behauptet, du seiest Waise.«
»Ich wuchs bei Tante und Onkel auf, sie starben bei einem Brand.« Einem Magierfeuer – und ich weiß nicht, warum.
»Oh … Cerryl, das tut mir Leid. Wir haben zumindest noch einen Vater.« Pattera blickte die Straße hinunter. »Ich gehe jetzt besser.« Mit einem Lächeln drehte sie sich um und lief zurück zur Weberei.
Cerryl sah ihr noch kurz nach, dann wartete er, bis ein geschlossener Wagen in Richtung stadtauswärts an ihm vorbeigefahren war. Als er den Platz überquerte, steckte er die Hände wieder unter die Jacke und beschleunigte den Schritt. Zumindest regnete es nicht.
XXXII
N achdem er die Jacke angezogen und sich die Decke umgeschlungen hatte, öffnete Cerryl das Buch – Große Geschichte Candars – auf der Seite mit dem Lederstreifen, der ihm als Lesezeichen diente. Der abgegriffene Einband zeugte vom Alter des Buches. Tellis hatte behauptet, dass es das Genaueste unter den Geschichtsbüchern sei, und darauf bestanden, dass Cerryl es las.
Der Schreiberlehrling gähnte, zwang sich jedoch, auf die Seiten zu schauen. Wegen seiner Fähigkeit, in der Dunkelheit zu sehen, benötigte er keine Kerze.
… Relyn zeigte Geschick im Umgang mit Worten und seiner Klinge, denn der Schwarze Dämon Nylan hatte ihn mit einer mystischen Klinge und einer eisernen Hand versehen als Ersatz für seine Rechte, die Ryba, die Schreckliche, ihm abgehackt hatte, um Relyn Nylan hörig zu machen …
Nach den Kämpfen um die Westhörner machte sich Relyn auf nach Osten und betörte alle, die ihm
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