Die Weiße Ordnung
Gewürze aus Austra, Fenchelsamen und Seristar aus dem fernen Hamor …« Die Marktfrau verstummte, als Beryal an ihren Karren trat. »Seht Euch nur um, Frau. Vielleicht etwas Seristar? Oder Süßminzblätter?«
»Ich brauchte Pfefferkörner«, begann Beryal, »wenn sie nicht zu teuer sind.«
»Die besten Pfefferkörner kommen aus Sarronnyn und Ihr habt Glück, dass ich gerade welche da habe.«
»Den Unterschied schmeckt man nicht. Habt Ihr auch welche aus Hydlen?«
»Sie sind aber kleiner. Seht nur.« Die weißhaarige Frau griff in einen Beutel und streckte anschließend beide Hände aus. Die dunklen, runden waren aus Sarronnyn. Die verschrumpelten … aus Hydlen.
»Runde Pfefferkörner sind oft viel zu weich.«
»Diese hier sind fest. Seht doch.« Die Verkäuferin gab Beryal ein Korn in die Handfläche.
Cerryl stahl sich weg von den beiden Frauen zu dem gold-grünen Wagen, der neben dem der Gewürzhändlerin stand. Verschiedene Messer und Dolche lagen auf einem schäbigen, grünen Baumwollsamttuch ausgestellt.
»Braucht Ihr eine kurze Klinge, Ser?« Der Mann hinter dem Karren besaß ungefähr die Statur eines Fasses und trug nur eine Tunika an diesem zwar sonnigen, aber kalten Morgen. Schwarze Zähne zierten sein etwas zu freundliches Lächeln.
Cerryl gab vor, die Klingen zu studieren, dann schüttelte er den Kopf.
»Bronzeklingen, Klingen aus Weißmetall, Eisenklingen, Stahlklingen, was immer Ihr wollt«, fuhr der Händler hartnäckig fort.
»Sie sehen teuer aus«, sagte Cerryl höflich, »zu teuer für einen armen Lehrling.«
»Diese hier«, der große Mann deutete auf eine dunkle Eisenklinge, die nur etwa eine Spanne lang war, »kann man zum Essen nehmen und auch in der Werkstatt benutzen, schneidet alles mühelos. Nur ein Silberstück, bloß einen Silberling.«
Cerryl schüttelte bedauernd den Kopf, eine Eisenklinge würde er sich nie kaufen. Die Dunkelheit, die das Metall ausstrahlte, bereitete ihm Unbehagen; warum, konnte er sich allerdings nicht einmal selbst erklären.
»Wie Ihr wünscht, junger Freund.« Der Händler wandte sich einem braunhaarigen Mann zu, der eine abgetragene blaue Hose und eine Schaffelljacke trug. »Und Ihr, Ser? Ein Messer zum Enthäuten? Bei mir gibt es die besten in ganz Ostcandar …«
Cerryl kehrte zu Beryal zurück. Seine Augen suchten den ganzen Platz ab, aber er konnte das goldrote Haar nirgends mehr entdecken. Warum musste er immer noch an das Mädchen im Glas denken? Es war schon über ein Jahr vergangen – über zwei Jahre –, seit er sie gesehen hatte, und das auch nur in einem Spähglas. Er schüttelte den Kopf, beobachtete jedoch aufmerksam den Marktplatz, während Beryal weiter schacherte.
»Das nennt Ihr Kümmel? Sieht aus wie eingeweichte Oriskerne.«
»Leider, meine Dame, es war ein trockenes Jahr in Delapra.« Die Verkäuferin zog die Schultern hoch. »Ich habe nur den. Fünf Kupferlinge für eine Hand voll, das ist ein gutes Geschäft.«
»Ein Kupferstück, und damit seid Ihr noch gut bedient«, entgegnete Beryal.
Ein leichtes Lächeln umspielte Cerryls Lippen, während sein Blick über den Marktplatz schweifte.
XXXI
L angsam ging Cerryl die Gasse der niederen Handwerker entlang. Der Atem stand in weißen Wolken vor seinem Gesicht; er zog die abgetragene Lederjacke noch fester um sich und steckte die Hände in die Taschen, um sie warm zu halten. Die Handschuhe hätte er anziehen sollen, aber Tellis hatte so darauf gedrungen, dass Cerryl sich beeilte, dass er es nicht gewagt hatte, noch einmal in seine Kammer zu laufen.
Die Läden der Weberwerkstatt standen angelehnt und Cerryl warf einen Blick durch die schmale Öffnung. Pattera und ihre Schwester arbeiteten schon, Pattera an dem großen Webstuhl, ihre Schwester Serai an einem der kleinen Brettchenwebstühle. Als Pattera ihn sah, steckte sie das Schiffchen in eine Lederhalterung am Rahmen des Stuhles und warf sich einen braunen Schal um die Schultern, dann lief sie hinaus.
Lächelnd wartete Cerryl auf sie, eigentlich war er ja auf dem Weg zum Gerber. Mit einem Klicken öffnete sich die Tür.
»Cerryl … warte, ich habe einen Augenblick Zeit. Vater ist in Vergren, um Wolle zu kaufen.«
»Pattera … jetzt, wo er da ist, könntest du die Läden wieder schließen«, rief Serai aus der Werkstatt.
»So war es gar nicht.« Das braunhaarige Mädchen wurde rot und schloss die Läden, ohne Cerryl anzusehen. »Ich meine … mit den Läden. Ich mag es einfach, wenn ich während der Arbeit
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