Die Weiße Ordnung
zuhörten, mit seinen Gesängen, Worten und süßen Reden.
… Relyn, der das große Erbe Cyadors verraten hatte, erbaute nicht nur den ersten Schwarzen Tempel östlich der Westhörner, sondern verbrachte auch seine Jahre damit, gegen die Wahrheit des alten Reiches zu predigen.
Wo genau der erste Tempel erbaut wurde, ist unsicher, denn er wurde zu Recht von Fenardre dem Großen niedergebrannt, der ihn als Wahrzeichen des Gräuels betrachtete …
Später verließ Relyn Gallos und floh über das alte Axalt nach Montgren. Er verbrachte viele Stunden mit den Schäfern, die dort lebten … Mit ihm kamen auch die Lehren des Schwarzen Dämons Nylan und die verbotenen Lieder von Ayrlyn …
… und Relyn lehrte sie das Eisen so zu schmieden, dass es Chaos verbrennen und nicht zerstört werden konnte, und die Schäfer verwandelten ihre Wälder in Holzkohle und ihre Hügel in klaffende Gruben und Leichenhaufen und schmiedeten die Klingen, die die Seelen entzweiten … Das blutige Montgren war entstanden …
Cerryl schüttelte den Kopf und gähnte. Montgren blutig? Das friedliche, ruhige Land der Schäfer mit seinen sanften Hügeln und der feinen Wolle?
Er rieb sich die Stirn. Noch immer verstand er nicht alle Worte, aber er lernte ständig dazu und vieles konnte er sich aus dem Zusammenhang erklären.
… in der Zeit nach dem Wiederaufbau von Jellico wurden viele dieser Schriften dem Feuer übergeben, verflucht wie sie waren …
Cerryl rieb sich erneut die Stirn. Wie konnten die Schriften, die von wahren Begebenheiten zeugten oder von etwas, woran jemand glaubte, verflucht sein? Er sah ein, dass eine Geschichte falsch sein konnte; oder dass etwas, an das jemand glaubte, andere aufbringen konnte; aber waren die Menschen wirklich so töricht, dass sie glaubten, die Wörter auf dem Papier besäßen eine Macht, die über ihre Bedeutung hinausging?
Vielleicht waren die Menschen in der Tat Narren. Vorsichtig schlug Cerryl das Buch zu. Wenn Fenardre der Große wirklich alle getötet hatte, die seine Ansichten nicht teilten, und all ihre Schriften verbrannt hatte, wie konnte dann jemand davon wissen? Besonders wenn er Schreiber anschließend seine eigene Wahrheit niederschreiben ließ …
Cerryl schauderte. Wie konnte er wissen, ob das, was er las, die Wahrheit war … oder ob es nur das war, was der Schreiber den Leser glauben machen wollte? Er war nur ein Schreiberlehrling, der von der Welt noch nicht viel gesehen hatte. Er kannte die Minen, die Sägemühle, die Bäume, wusste ein wenig über Pflanzen und Gärten und er lernte nun etwas über Bücher und Buchstaben und die Stadt Fairhaven.
War Relyn wirklich ein böser Mensch gewesen oder einfach nur jemand, den Fenardre und die Weißen nicht gemocht hatten? Würde Cerryl es jemals herausfinden?
Er legte das Buch beiseite und lehnte sich zurück. Noch lange starrte er die Decke an, bevor ihm schließlich die Augen zufielen.
XXXIII
C erryl stellte den Federkiel in den Halter und gähnte herzhaft.
Tellis sah von dem dünnen, grünen Lederbuch auf, mit dessen Bindung er gerade beschäftigt war – über das Binden hatte Cerryl noch nicht viel erfahren, Tellis schien ihm diese Arbeit aus irgendwelchen Gründen vorzuenthalten. Der Schreiber sah seinen Lehrling am Schreibtisch an. »Ich hoffe doch, dass du gähnst, weil du letzte Nacht so lange in der Großen Geschichte Candars gelesen hast und nicht, weil du das Handelsbuch so langweilig findest.«
»Ich habe in dem Geschichtsbuch gelesen«, antwortete Cerryl und verschwieg damit, wie langweilig er die Arbeit an den Regeln, Gesetzen und Begleiterscheinungen des Handels fand.
»Und was hat es dich gelehrt über die Gründung Fairhavens?«, fragte Tellis, als er mit einem Lappen aus altem Samt über das dünne Buch wischte.
»Ser … so weit bin ich noch nicht. Ich habe gerade das Kapitel über Relyn fertig gelesen, in dem er das Schmieden des Eisens in Montgren einführt …«
Tellis fuhr mit der Hand durch die Luft. »Und das sagt dir nichts über Fairhaven? Cerryl … Cerryl … du musst auch das lesen, was zwischen den Zeilen steht.«
Cerryl versuchte nicht, seine Überraschung zu verbergen.
»Dann hast du also gelesen, wie die Schwarzen Dämonen das alte Cyador zu Fall brachten und sich Candar jenseits der mächtigen Westhörner aneigneten?«
»Ja, Ser.«
»Und wie dieser Relyn ihre Lehren im Osten verbreitete?«
»Ja, Ser.«
»Nun … wohin gingen die Weißen Magier? Geht dir nicht ein Licht
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