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Die Weiße Rose

Die Weiße Rose

Titel: Die Weiße Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Scholl
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Thesen waren zu propagieren:
    1 . Der Krieg ist für Deutschland verloren.
    2 . Hitler und seine Clique setzen den Krieg nur für ihre persönliche Sicherheit fort und sind dafür bereit, das deutsche Volk zu opfern.
    3 . Alle oppositionellen Kräfte sind zu mobilisieren, um den Krieg so schnell wie möglich zu beenden.
    Nach der Konferenz fand noch eine kurze Besprechung zwischen Scholl, Schmorell und mir statt. Scholl berichtete, daß er in Kürze eine neuerliche Aktion an der Universität vorhabe und dann gleich nach Berlin zu kommen beabsichtige, um mit der Berliner Organisation persönlichen Kontakt aufzunehmen. Wir verabredeten uns für den 25 . Februar 1943 18  Uhr an der Gedächtniskirche, Ersatzzeit 19  Uhr.
    Wenige Tage später verließ ich München und fuhr über Heidelberg nach Berlin. Am 25 . Februar war ich um 16  Uhr bei den Brüdern Bonhoeffer, übermittelte ihnen den Münchner Beschluß und legte mit ihnen fest, daß ich noch an diesem Abend mit Scholl zu ihnen kommen würde.
    Um 18  Uhr stand ich an der Gedächtniskirche und wartete vergeblich auf Scholl. Um 19  Uhr war ich wieder da, wieder vergeblich. Heute weiß ich, daß zu diesem Zeitpunkt Hans Scholl bereits hingerichtet war.
     
    Die Voruntersuchung gegen Alexander Schmorell und zehn andere
    Am 27 . Februar zu meiner Kompanie nach Chemnitz zurückgekehrt, fand ich ein Telegramm von Lilo vor mit dem Inhalt: »Freunde an der Front gefallen.« – Die folgenden Tage stellten eine starke innere Belastung dar, da auch meine Schwägerin, Frau Dr. Mildred Harnack, am 16 . Februar als Widerstandskämpferin in Berlin-Plötzensee hingerichtet worden war.
    Eine Zeit nervösen Wartens folgte.
    Sonnabend, den 6 . März, mittags gegen 14  Uhr, wurde ich zum Kompaniechef gerufen. Erst als zwei Wachtmeister der Kompanie mit entsicherter Pistole den Raum betreten hatten, erklärte er: »Auf Befehl des Oberkommandos des Heeres sind Sie vorläufig festgenommen. Weshalb, das werden Sie besser wissen als ich. Bei Fluchtversuch wird sofort scharf geschossen. Sie haben keinem Menschen eine Mitteilung hiervon zu machen.« Am selben Abend wurde ich unter Bewachung zum D-Zug nach München gebracht und am nächsten Morgen in die Gestapo-Leitstelle, Brienner Straße (Wittelsbacher Palais) eingeliefert. Sofort begann das erste Verhör. Die Raffinesse des Verhörs bestand darin, mir keine genauen Vorhalte zu machen, sondern mich im Ungewissen zu lassen. Die Situation war deshalb mehr als heikel, weil ich mich helfend für die Widerstandsorganisation Harnack/Schulze-Boysen, gegen die in Berlin ein blutiges Urteil nach dem anderen gefällt wurde, eingeschaltet hatte und ich außerdem mit der Organisation, die heute »Der 20 . Juli« heißt, in Verbindung stand. Tagelang setzten sich die endlosen Verhöre fort, Kreuzverhöre durch mehrere Gestapobeamte gleichzeitig.
    Während der ganzen Zeit (Gestapohaft) kam ich niemals ins Freie, Tag und Nacht mußte ich in der Zelle verbringen, die von scharfem, hellen elektrischen Licht beleuchtet war. Auch während der Bombenangriffe auf München blieb ich in meiner Zelle eingeschlossen.
    Einmal sah ich Alexander Schmorell. Er kam mir, als ich zu einer Vernehmung abgeholt wurde, entgegen (Zellenbau). Noch heute sehe ich seine große schöne Gestalt, hochrot im Gesicht, mit glühenden Augen. Wir grüßten uns stumm.
    Erst während der Haft erhielt ich Gewißheit von der Ermordung der ersten drei Münchener Widerstandskämpfer.
    Nach Wochen – als die Vernehmungen beendet waren – wurden wir auf die einzelnen Untersuchungsgefängnisse Münchens verteilt. So kamen Schmorell, Prof. Huber und viele andere in das Gefängnis am Neudeck. Willi Graf und ich kamen, natürlich streng getrennt, in das Untersuchungsgefängnis Cornelius. Damit war der Fall von der Gestapo der Justiz überstellt; die Maschinerie des Volksgerichtshofes lief an. Qualvolle Tage und Nächte folgten, qualvoll wegen der Ungewißheit, wann der Prozeß verhandelt und wie er ausgehen würde.
    Damals waren in dem Gefängnis zu 80 % Politische aller Richtungen. Es hatte sich eine feste Gemeinschaft gebildet. Eine Erkenntnis war Gemeingut geworden: Es ist gleichgültig, wie hoch die Haftstrafe ist, ob ein Monat oder zehn Jahre. Es kommt darauf an, den Kopf zu behalten, denn lange kann der wahnsinnige Krieg nicht mehr dauern.
    Da die Sache vor den Volksgerichtshof kam, wo kein Strafgesetzbuch Gültigkeit hatte, sondern nur die Willkür entschied, bereitete sich

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