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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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finden, aber ich möchte, daß du mein Gast bist. Kommst du?«
    Kolberg konnte ihn gut leiden. Er wußte von dem Japaner nur daß der verheiratet war, keine Kinder hatte und daß in einem Haus noch seine jüngere Schwester lebte, die in einer öffentlichen Bibliothek arbeitete.
    »Ein Hausfest nur mit deiner Familie und mir?« fragte er. »Und echt japanisch?«
    »Es werden einige andere Piloten mit ihren Frauen kommen. Möchtest du lieber, daß wir den Abend auf europäische Art verbringen?«
    Kolberg hob lachend sein Glas. »Japanisch! Ich kenne von allem, was Japan heißt, nur den Flugplatz der Mitsubishi-Werke in Kobe und dieses Haus.«
    »Gut. Dann zieh dir einen bequemen Anzug an und komm mit.«
    Saburo Kagawes Haus lag am Rande der Stadt, nicht weit vom Strand entfernt. Es war von duftenden Oleanderbüschen und Bougainvillea umgeben, eine Oase der stillen Glückseligkeit inmitten des Meeres Alltag, wie Kagawe es nannte. Die Wände des einstöckigen leichten Holzbaues waren mit buntem Papier beklebt. Große Schiebetüren ermöglichten es, die ganze Wohnung in einen Raum zu verwandeln. Niedrige Rotholztische und einige Truhen waren die einzigen Möbel. Die Schlafstellen erhoben sich nur wenige Zentimeter über den mit farbenprächtigen Matten und Kissen bedeckten Fußboden.
    An der Tür half Kagawe seinem Freund, Schuhe und Jackett abzulegen. Er reichte ihm einen Kimono, dann stellte er den Deutschen vor. Die Piloten empfingen ihn mit der heiteren Freundlichkeit, die unter ihnen üblich war. Ihre Frauen verbeugten sich respektvoll. Kagawes Frau machte ihn mit der Schwester ihres Mannes bekannt, einem stillen, außerordentlich schlanken Mädchen, das den Deutschen noch nachdenklich betrachtete, als schon das Kochöfchen herbeigeholt wurde und die Mahlzeit begann.
    Auch Fred Kolberg hatte an diesem Abend nur Augen für Kagawes Schwester. Er aß den heißen Sukyaki, die vielen verschiedenen Sorten Fisch, die Bohnenkeime und Gingkonüsse, die kandierten Früchte und süßen Backwaren mit geteilter Aufmerksamkeit, doch ohne sich darüber klarzuwerden, was ihn immer wieder bewog, das Mädchen anzublicken. Sie spürte es, aber sie beherrschte sich meisterhaft. Als die qualvoll lange Mahlzeit vorbei war und die Männer sich von den Kissen erhoben, auf denen sie um den fußhohen Tisch gesessen hatten, wandte sich Kagawe an den Gast. »Du solltest mit Tamiko sprechen. Sie spricht ebensogut Deutsch wie ich.« Er brachte die beiden zusammen und blickte ihnen gedankenvoll nach, als sie in den Garten hinausgingen, wo bereits die anderen Paare ihren Spaziergang machten.
    Schon eine Woche später war Kolberg wieder bei Kagawe. Er besuchte ihn von nun an regelmäßig. Es entging weder Kagawe noch seiner Frau, daß er wegen Tamiko kam. Als er sie zum erstenmal küßte, wandte sie sich verschämt ab und sagte leise: »Glauben Sie, daß wir das noch einmal rückgängig machen können?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Warum auch?«
    »Ein japanisches« Mädchen ist vielleicht anders als die Mädchen bei Ihnen zu Haus.«
    »Ich weiß.« Er lächelte. »Die Frau ist die Dienerin des
    Mannes. Sie ist die Sklavin und ißt nicht einmal am selben Tisch mit ihm. Meinen Sie das?«
    »Nein.«
    Er sah sie erwartungsvoll an. Sie saßen an ihrem Lieblingsplätzchen im Garten, unter einem weit ausladenden
    Kirschbaum. Es war spät, im Meer glitzerte das Sternenlicht.
    »Ich meine, daß ein japanisches Mädchen das Abenteuer der Liebe nicht sucht, ohne verheiratet zu sein.«
    Er hatte den Arm um ihre Schultern gelegt. Seit Wochen grübelte er, ob das, was er zu tun beabsichtigte, richtig oder falsch sei. Schließlich stellte er ihr die Gegenfrage: »Was würden Sie dazu sagen, Tamiko, wenn ich Sie bäte, meine Frau zu werden?«
    Sie ließ mehrere Minuten verstreichen. Dann fragte sie ihn sachlich: »Sie wollen als Deutscher, der hier einen Arbeitsvertrag hat, eine Japanerin heiraten? Was wird, wenn
    Sie heimgehen?«
    Er antwortete unbeschwert: »Ich werde mit einer Familie heimkommen. Was ist daran kompliziert?«
    Als er am nächsten Morgen in eine neue S-01 stieg, wie der bei Mitsubishi gefertigte Nachbau der Me 109 genannt wurde, winkte ihm Kagawe aufmunternd zu. Er wußte von seiner Schwester, was die nächsten Wochen bringen würden, und der Gedanke, daß Kolberg sein Schwager werden sollte, war ihm nicht unangenehm. Er beobachtete, wie die S-01 in den blauen Himmel über der Bucht schoß, wie sie kurvte und trudelte, wieder auf Höhe

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