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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Flüsterton, was geschehen war.
    »Und was tust du ... was tun wir jetzt, Fred?« fragte das Mädchen darauf etwas ratlos.
    Er sah auf die Uhr. »Ich habe noch eine halbe Stunde Zeit, dann muß ich zum Flugplatz. Hör jetzt gut zu. Ich fliege nach Pusan und versuche ein letztes Mal, daß Chennault mich freigibt. Tut er das, bin ich übermorgen wieder zurück. Wenn ich bis übermorgen nicht bei dir bin, gibst du deine Stellung hier auf und fliegst nach Hongkong.« Schnell erklärte er ihr, worin nach dem Mißerfolg des Gesprächs mit Brautmann die einzige, letzte Chance lag, nach Hause zu kommen. Das Mädchen kannte ihn lange genug, um aus seinen Worten herauszuhören, wie ernst er das alles nahm. Seit sie miteinander befreundet waren, hatte der Gedanke an die Heimkehr nach Deutschland sie bewegt. Nun zog der Korea-Krieg den Strich, der alle Überlegungen abschloß und Kolberg zum Handeln zwang.
    »Wie willst du von Korea wegkommen?« fragte sie. Noch hatte Fred Kolberg selbst keine klare Vorstellung davon, was er tun würde, wenn Chennault ihn erneut abwies. Aber er würde eine Möglichkeit finden, dessen war er gewiß. Das sagte er ihr, und Judith nickte. Sie gab sich den Anschein, als notiere sie seine Bestellung.
    »Hol den Jungen und miete dich mit ihm in der Pension »Eisvogel« ein«, trug er ihr auf. »Von Luise Lauffer erfährst du, wo die Pässe zu holen sind. Sobald ich komme, fliegen wir ab.« Er zog aus der Hemdtasche einen dicken Packen Geldscheine. Es war fast alles, was er besaß. »Bei mir kann es leicht verlorengehen.«
    Sie steckte die Scheine ein. So überraschend Kolbergs Entschluß auch für sie kam - er war nur das Ende einer langen Kette gemeinsamer Überlegungen. Und Judith war klug genug zu wissen, weshalb Kolberg jetzt nicht mehr zögern konnte.
    »Wie lange soll ich warten?« fragte sie sachlich.
    »Bis ich komme. Es kann sich nur um ein paar Tage handeln.«
    »Und wenn du nicht kommst?«
    Er lächelte; es war das erste Mal bei diesem Gespräch. »Ich werde kommen.«
    Das Orchester in der unteren Etage vollführte einen ohrenbetäubenden Lärm. Der Serviermeister erschien in der Tür und warf einen Blick in das Restaurant. Er entdeckte den blonden Flieger und verzog leicht die Mundwinkel. Judith war ein sehr hübsches Mädchen. Man konnte sie schön nennen. Aber sie war ein Mischling, und wer kannte sich in der Seele einer Frau aus, die einen Chinesen zum Vater und eine Europäerin zur Mutter gehabt hatte! Ob sie diesen Flieger liebte? Er schien es ernst mit ihr zu meinen. Der Serviermeister konnte Menschen einschätzen, das brachte der Beruf mit sich. Er wischte sich ein paar Schweißtropfen von der Stirn. Etwas verwundert bemerkte er, wie der Pilot sich erhob und das Lokal verließ.
    Als Judith an ihm vorüberging, fragte er beiläufig: »Mister Kolberg hat wohl keinen Hunger?«
    Sie zuckte nur leicht die Schultern und lächelte verlegen. »Er hat wenig Zeit.« Dann ging sie zur Küche, um das Ananaskompott für das kanadische Ehepaar zu holen.
     

 
    JUDITH HUANG:
    Immer brannte die Welt ...
     
    Alles, was in ihrer frühen Kindheit geschehen war, lag wie in einem zähen Nebelschwaden. Sie entsann sich nur geringfügiger, bedeutungsloser Kleinigkeiten. Selbst das Bild ihrer Eltern war verschwommen. Sie erinnerte sich nicht mehr an sie. Nur einmal hatte sie bei Leuten, die mit ihnen befreundet gewesen waren, eine verblaßte Fotografie gesehen, auf der ein schmächtiger kleiner Chinese mit einer schwarzhaarigen Europäerin abgebildet gewesen war. Dieselben Leute hatten ihr gesagt, daß sie im Frühling des Jahres 1930 geboren worden war, zwei Jahre nachdem ihr Vater das Ingenieurstudium in Deutschland beendet hatte und mit seiner deutschen Frau nach Schanghai zurückgekehrt war.
    Ingenieur Huang hatte seine Frau in Berlin bei einem Studentenvergnügen kennengelernt; kurz vor seiner Heimreise hatten sie geheiratet. Im Schanghai der dreißiger Jahre arbeitete Huang dann bei der englisch kontrollierten Eisenbahn bis zu jenem Abend des 28. Januar 1932, an dem die japanische Armee die Riesenstadt angriff und die Bevölkerung zur Selbstverteidigung aufstand.
    Der Kampf gegen die japanischen Eindringlinge wurde bis zum Mai geführt. Um diese Zeit verriet die Kuomintangregierung die Kämpfenden und übergab Schanghai samt seinen Außenbezirken an die Japaner. Das Ehepaar Huang erlebte das nicht mehr. Bei einer der ersten Beschießungen der Stadt waren sie ums Leben gekommen. Das Kind wurde von

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