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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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neues Schild anbringen lassen. In großen Leichtmetallbuchstaben stand hier nur das eine Wort »Commodore«. Was Titel und Ränge anbetraf, so verfuhr der alte, ledergesichtige Geschwaderkommandeur sehr willkürlich. Es hatte Zeiten gegeben, zu denen an seiner Tür schlicht und einfach »Civilian Air Transport - CAT« gestanden hatte. Das war kurz nach dem zweiten Weltkrieg gewesen. Eine Weile hatte vom Fahnenmast vor der Baracke sogar die Flagge der Kuomintang geweht. Heute war sie wieder zugunsten des Sternenbanners verschwunden. Für Claire Lee Chennault war es nur eine Frage der Taktik, welche Flagge er zu einer bestimmten Zeit aufziehen ließ. Flaggen waren unwichtig, entscheidend war das, was man tat, und entsprach das seiner Auffassung, dann konnte seinetwegen auch die Rotkreuzfahne am Mast baumeln.
    Auf sein Klopfen erhielt Kolberg keine Antwort. Er wollte die Tür öffnen, sie war verschlossen. Am Ende des Ganges drang Licht aus dem Lüftungsfenster über einer anderen Tür, dort trat Kolberg ein. Es war das Büro von Jack Sabin, dem Leiter der Einsatzplanung, einem Amerikaner französischer Abstammung, der seit den dreißiger Jahren mit Chennault zusammenarbeitete. Er hatte mitgeholfen, das Geschwader aufzubauen, war in ganz China herumgekommen, in Burma und Thailand und hatte während des Krieges die Flüge über den »Hump« organisiert, jene Luftbrücke, auf der Waffen und Geräte von Indien über den Himalaja nach Tschungking geflogen wurden. Er war ein schmächtiger, krank aussehender Mann, der ständig rauchte. Als Fred Kolberg eintrat, war Sabin gerade damit beschäftigt, Akten in einen Stahlkasten zu packen. Das Zimmer war halb ausgeräumt.
    »Hallo«, sagte er mürrisch, ohne die Zigarette aus dem Mundwinkel zu nehmen. »Warum hast du die Scheißkrähe nicht wenigstens zerschmissen?«
    »Du meinst die Skymaster?« fragte Kolberg.
    Sabin grunzte: »Die ist nicht so viel wert, daß vier Mann nach Hongkong fliegen und sie holen.«
    Kolberg zuckte die Schultern. »Nächstes Mal gib mir den Befehl, und die Sache geht in Ordnung.«
    »Befehl, mein Knie!« Sabin klappte den Deckel des Kastens zu, und als der nicht sogleich schloß, trat er ein paarmal kräftig mit dem rechten Fuß dagegen. »Daß man euch Deutschen immer erst alles befehlen muß! Hast du deine Klamotten gepackt?«
    »Gepackt?« fragte der Pilot zurück. »Ich wollte erst mal mit dem Chef reden. Bin eben angekommen.«
    Sabin öffnete lustlos einen Schrank und verstaute wieder Akten in eine weitere Stahlkiste. Dabei sagte er gleichmütig: »Chef ist in Pusan. Oder nicht weit davon. Mal was von Pusan gehört?«
    »Südkorea.«
    »Du sagst es. Liegt ganz am Ende, unten, da, wo das Meer anfängt. Scheißgegend. Pack deinen Kram und sag den anderen auch Bescheid. Wir fliegen kurz nach Mitternacht. Bis dahin werde ich den Laden hier wohl mit Stahl umwickelt haben.«
    »Und was wird ... « Kolberg zögerte. Dann fragte er: »Chennault ist also schon in Korea?«
    »Ja, mein lieber teutonischer Sohn.« Sabin grinste. »Pappi ist vorausgeflogen. Willst du nun noch wissen, ob er geputzte Schuhe anhatte oder ob er barfuß war?«
    »Barfuß ist er wohl kaum geflogen«, meinte Kolberg. »Interessiert mich auch nicht. Aber ich wollte mit ihm sprechen, bevor ich nach Korea fliege.«
    Sabin stieß plötzlich einen langgezogenen Fluch aus; er hatte sich an einer Heftklammer den Finger geritzt. Er warf Kolberg einen unmutigen Blick zu, während er die Hand kurz an den Mund führte; dann forderte er den Piloten auf: »Junge, du verwechselst meine Nerven mit Banjosaiten! Pack dein Zeug ein, schnapp dir noch ein Mädchen und sieh zu, daß du Punkt Mitternacht auf Piste sechs bist. Wenn du mit Chennault reden willst, mußt du nach Pusan fliegen, und das tust du mit mir gemeinsam. Noch Fragen?«
    Fred Kolberg hatte hier nichts mehr zu fragen. Mit Sabin zu streiten war müßig. Also fuhr er mit dem Jeep zu der Baracke, in der er sein Zimmer hatte, zog sich um und stieg dann in einen der Busse, die regelmäßig vom Flugplatz nach Taipeh fuhren. Wenig später saß er an einem kleinen weißgedeckten Tisch im Hotel »Mandarin«.
    Wenn Judith Dienst hatte, war es nur schlecht möglich, sich mit ihr zu unterhalten. Aber was Kolberg ihr sagen wollte, duldete keinen Aufschub mehr. Sie zückte ihren Notizblock, während er sie begrüßte. Der Serviermeister sah es nicht gern, wenn die Kellnerinnen persönliche Gespräche mit Gästen führten. Kolberg schilderte ihr im

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