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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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eine kleine Unterhaltung zu führen. Prompt erinnerte er sich auch an die Kartoffeln und verlangte Chips.
    Als Judith gegangen war, sagte die Frau: »Sie sieht sehr kultiviert aus. Bestimmt kommt sie aus einer besseren Familie. Scheint Erziehung zu haben. Vermutlich sind die Eltern von den Kommunisten umgebracht worden, und sie muß sich jetzt auf diese Weise durchschlagen.«
    Der Mann brummte etwas und sah sich im Lokal um. Ein seltsames Land war dieses Taiwan. Eine Insel, aus der sozusagen über Nacht ein Staat gemacht worden war. Nun gut, jedenfalls konnte man hier einiges verdienen. Die Amerikaner hatten sich überraschend stark engagiert. Er beobachtete Judith, die mit Geschirr und Bestecken herankam und deckte.
    »Gibt es Zeitungen in englischer Sprache hier?« erkundigte er sich. Sie erklärte höflich: »O ja, allerdings nur solche, die aus England oder Amerika kommen. Wir erhalten sie immer erst ein paar Tage später.«
    »Schade. Chinesisch kann ich nicht lesen und komme mir vor wie auf dem Mond.«
    Das Mädchen fragte: »Vielleicht kann ich Ihnen helfen. Sind Sie an etwas Bestimmtem interessiert?«
    »Ja«, sagte der Kanadier. »Was sich in den letzten drei Tagen in Korea getan hat.«
    Judith rückte die kunstvoll gefalteten Servietten zurecht, und dabei berichtete sie: »Bevor ich meinen Dienst antrat, hörte ich Radionachrichten. Es hieß, die Kommunisten stünden südlich von Seoul und es würden laufend neue Amerikanische Truppen in südkoreanischen Häfen gelandet.«
    »Scheint aber nicht viel zu helfen«, brummte der Gast.
    Das Mädchen lächelte nur und versprach: »Ich werde nachfragen ob es eine neue englische Zeitung aus Hongkong gibt.«
    Während sie zur Küche zurückging, dachte sie daran, daß Fred Kolberg sehr wahrscheinlich auf seinem letzten Flug in Hongkong zwischengelandet war. Eigentlich hätte er längst zurück sein müssen. Ob ihm etwas zugestoßen war? Er hatte keine Nachricht geschickt. Sie merkte plötzlich, daß sie unmittelbar vor dem Serviermeister stand, und machte verwirrt einen Schritt zur Seite.
    »Na?« fragte der Chinese gedehnt. Er betrachtete die leicht errötende Judith mit einem gewissen Wohlwollen und stellte für sich fest, daß jener blonde Pilot von der CAT gar keinen schlechten Geschmack hatte. Er besuchte das Mädchen regelmäßig. Das war selten bei Ausländern. Die meisten von ihnen wechselten ihre einheimischen Freundinnen etwa in den gleichen Intervallen, in denen sie sich ihre Haare stutzen ließen.
    Judith fragte ihn nach einer Hongkonger Zeitung für den Kanadier, der Serviermeister zuckte nur die Schultern. »Morgen früh vielleicht.«
    An diesem Abend wurde das Mädchen erneut an Fred Kolberg erinnert, als andere Piloten von der CAT kamen und europäische Gerichte bestellten. Sie unterdrückte das Verlangen, einen von ihnen nach Kolberg zu fragen. Es ging niemanden etwas an, daß sie sich um ihn sorgte.
    Etwa um diese Zeit kletterte der Flieger draußen in Sungshan aus der Kuriermaschine, stieg in einen Jeep und fuhr zu den Unterkünften, die einige tausend Meter abseits des Rollfeldes lagen. Hier war in den vergangenen Jahren eine Barackenstadt entstanden, die sehr viel Ähnlichkeit mit den legendären Goldgräbersiedlungen des alten Amerikas hatte. Mannschaften und Offiziere wohnten sorgfältig getrennt; es gab Kantinen und Bars, Spielsalons und Tanzkneipen, Läden und Badehäuser, Basketballplätze und Postämter, Parkplätze und Abfallhalden, auf denen sich leere Konservenbüchsen und Flaschen zu Bergen türmten.
    Um diese Militärstadt herum hatten sich Einheimische
    angesiedelt. Sie hausten in schnell zusammengezimmerten Hütten und verdingten sich zu Gelegenheitsarbeiten auf dem Flugplatz. Sungshan war kein schöner Aufenthaltsort. Für die Flieger war es nur der Platz, an dem man sein Gepäck abstellte und wo man den Dienst anfing und beendete. Für die einfachen Chinesen jedoch war diese Gegend eine Art Fundgrube. Die Amerikaner zahlten höhere Löhne als die alteingesessenen Arbeitgeber. Und was die Fremden wegwarfen, war allein wertvoll genug, sich deshalb in der Nähe aufzuhalten.
    Kolberg ließ den Jeep an einer langgestreckten, mit olivgrüner Tarnfarbe gestrichenen Baracke halten und sprang hinaus. Es war das Stabsquartier des Geschwaders, das Gehäuse für das äußerst rege Gehirn jener Truppe, die den Vormachtanspruch der USA in Asien, auf ihre eigene Art unterstützte.
    Claire Lee Chennault hatte an der Tür zu seinem Dienstraum ein

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