Die weissen Feuer von Hongkong
brannte sich mißmutig seine Pfeife an. Er stieß ein paar bläuliche Rauchwolken aus, dann sagte er brummig: »Unfähigkeit, mein Lieber. An der Grenze schlugen zehn südkoreanische Divisionen los. Das war weit mehr, als die Nordkoreaner in kurzer Zeit zusammenbringen konnten. Aber der Angriff lief nicht richtig. Man ließ sich von den Nordkoreanern stoppen und verlor die Stoßkraft. Danach rollten die Nordkoreaner die Front auf. Sie machten genau das, was wir eigentlich hatten tun wollen. Wenn du meine Meinung wissen willst: Die Südkoreaner haben schlappgemacht. Sin Sen Mo, der Verteidigungsminister, türmte als einer der ersten aus Seoul. Die Kommandeure der beiden Angriffsarmeen Ost und West hatten wir zwar jahrelang ausgebildet, aber sie versagten. Nun gut, inzwischen haben wir die Sache selbst übernommen. Hast du unsere Leute gesehen?«
»Die Truppen, die angekommen sind?«
O‘Donnel nickte. »Alles hervorragendes Material. Die Erste motorisierte Division hat Manila erobert. Die Fünfundzwanzigste Luzon. Die Zweite führte die Landung in der Normandie an und kam bis nach Böhmen. Die Siebente hat Attu und Kwajalein eingenommen. Über die Marine brauche ich dir nichts zu sagen, die Leute waren in Guadalcanal und Okinawa.«
»Schön, schön«, brummte Chennault. Es waren klangvolle Namen, die O‘Donnel da genannt hatte, und es sah ganz so aus, als habe das Pentagon die Elite der amerikanischen Truppen nach Korea geworfen.
»Nicht nur das, Pop«, klärte O‘Donnel ihn weiter auf. »MacArthur hat auch an Generälen herangeholt, was wir hier brauchen: Walton Walker, Robert Gay, Kean und Kaizer. Sogar der alte Bradley ist eingetroffen. Übrigens - wen läßt du den Angriff fliegen?«
»Fenner«, antwortete Chennault.
»Kenne ich nicht.«
»Guter Mann. Ein alter Fuchs, der in Indochina wieder mal Blut gerochen hat.«
O‘Donnel seufzte. »Dort geht es auch nicht weiter.- Jedenfalls haben wir noch zwei Brückenköpfe in Korea. Das ist die Lage. Und daraus müssen wir das Beste machen, wenn wir nicht ein für allemal abstinken wollen. Sehe ich dich übermorgen?«
Chennault nickte. Übermorgen würde er wieder hier sein und über den Erfolg des ersten Einsatzes berichten. Er verabschiedete sich von dem Kommandeur und ging zu seiner Maschine, die startklar an der Piste stand. Es war spät geworden. Während er durch die Nacht westwärts flog, auf Pusan zu, machte er sich Notizen. Am Morgen mußte ein Appell abgehalten werden. Noch waren die Leute Zivilflieger, aber das Geschwader war bereits wieder zum Bestandteil der Air Force geworden. Es wurde höchste Zeit, den Männern Dienstränge zu geben.
Als Claire Lee Chennault am nächsten Morgen vor den zum Appell angetretenen Fliegern, seines Geschwaders stand, rief er ihnen einen heiseren Gruß zu und forderte dann den Adjutanten auf, die Liste zu verlesen, die die neuen Dienstgrade enthielt. Aus den halbzivilen Piloten und Funkern, Kopiloten und Beobachtern wurden durch einen Federstrich Chennaults Sergeanten, Leutnants, Colonels und Majore.
Anschließend sprach Chennault selbst zehn Minuten über die Aufgabe des Geschwaders in Korea. Er malte das übliche Bild des hilfsbereiten Amerikas, das den unterdrückten Völkern Asiens im Kampf gegen den Kommunismus half. Die sechs Staffeln, denen für den Abend der erste Feindflug bevorstand, wurden besonders eingewiesen. Der Kommandeur führte den Besatzungen die Filmaufnahmen der Aufklärer vor und zeigte ihnen die Fotos vom Zielgebiet. Er legte die Anflugfolge der Maschinen, die Abwurfhöhe und eine Anzahl anderer taktischer Einzelheiten fest, bevor er sie entließ. Das schien Fred Kolberg der geeignete Augenblick zu sein, nochmals ein Gespräch mit dem General zu versuchen. Er salutierte vor Chennault; dieser überlegte nur kurz, dann erklärte er: »Ach ja, ich entsinne mich. Sie wollten mit mir sprechen. Kommen Sie.«
Wenn Claire Lee Chennault auch daran gewöhnt war, sich mit einigem Luxus zu umgeben, hier bewohnte er nur ein kleines, kahles Zimmer, in dem ein Feldbett, zwei Stühle und ein TIsch standen. Er nannte es sein »Gefechtsquartier«. Aus Erfahrung wußte er, daß solche Unterkünfte ständig gewechselt wurden. Es lohnte sich nicht, viel Liebe an ihre Ausstattung zu verschwenden. Das einzige, was er überallhin mitnahm, war sein Hund, ein Spaniel, der jetzt schlafend vor dem Feldbett lag.
Der General schob dem Piloten einen Stuhl hin und forderte ihn zum Sitzen auf. Seine Schirmmütze warf er
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