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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Seenotausrüstung des Flugzeuges ein kleines, zusammengelegtes Schlauchboot, das mit einer daran befestigten Sauerstoffflasche aufgeblasen werden konnte. Er legte es sich auf dem Kopilotensitz bereit, zusammen mit einer Leuchtpistole, ein paar Tafeln Schokolade, Zigaretten, Sturmstreichhölzern, Whisky und einer Regenplane aus Plastik. Alle diese Utensilien hatte er in einem wasserdichten Beutel verstaut. »Mehr werde ich nicht brauchen«, sagte er laut zu sich selbst. Seine Ruhe war zurückgekehrt. Er war allein in dieser riesigen Maschine, mehr als zehn Kilometer über der Erde, und er fühlte sich leicht und frei. Es schien, als sei das Schwerste geschafft. In etwa fünf Stunden würde am Horizont ein schwaches Leuchten auftauchen, ein zarter Schimmer in der Schwärze der Nacht, die blinkenden Neonlichter von Hongkong, die weißen Feuer der Dreimillionenstadt an der Mündung des Perlflusses. Das würde die erste Station der langen Heimreise des Piloten Fred Kolberg sein, die wichtigste, denn dort warteten Judith und der Junge. Ein Tag noch, und sie würden zu dritt in der eleganten Polsterkabine eines Passagierflugzeuges sitzen mit Kurs Europa, Deutschland. Das Land lag fern, aber Fred Kolberg glaubte, es schon greifbar nah vor sich zu haben.
    *
    Als der Melder anklopfte, spielte Claire Lee Chennault mit seinem Spaniel, einem verwöhnten, launischen Hund, der mit Vorliebe Hosenbeine zerriß. Der General hörte das Klopfen nicht. Er war ziemlich schwerhörig, trug aber nur ungern ein Hörgerät. Da der Hund anschlug, blickte der Mann erwartungsvoll zur Tür und rief: »Ja!«
    Der Melder, ein junger Mann, der erst vor einigen Monaten aus den Staaten herübergekommen war, tippte mit der Hand an die Mütze und schnurrte seinen Text herunter: »Havariemeldung von der BC-378, Sir. Standort bei Meldung sechs Kilometer vor der Frontlinie.«
    Chennault sprang auf und griff nach der Mütze. Ohne dem Soldaten einen Blick zu schenken, sprang er vor der Tür der Unterkunft in seinen Jeep und raste damit zum Leitstand. Sabin nickte nur und reichte ihm einen Kopfhörer, den der General ans Ohr preßte.
    »Fenner!« rief er Sabin zu. Der stellte die Verbindung her, und als der Kommandeur des fliegenden Verbandes sich meldete, fragte Chennault ungeduldig: »Was ist mit der BC-378? Feindeinwirkung?«
    »Motorschaden«, gab Fenner zurück. »Pilot meldete den Ausfall von drei Motoren. Daraufhin gab ich Kommando,
    die Maschine zu verlassen.«
    Chennault kaute an der Unterlippe. Sabin beobachtete ihn verstohlen. Jeden Augenblick kann das Gewitter kommen, dachte er. Chennault ist ein Choleriker. Doch der General blieb ruhig. Er beendete das Gespräch mit Fenner und fuhr zu den Monteuren, ihre Eintragungen in den Durchsichtzetteln zu überprüfen. Er konnte ihnen keine Unachtsamkeit nachweisen.
    »Sie haben die Maschine selbst geprüft?« fragte er den Sergeanten des Trupps. Der Mann antwortete knapp: »Jawohl, Sir. Die Maschine war in Ordnung.«
    »Sie haben die Motoren laufen lassen?«
    »Die vorgeschriebene Zeit, Sir. Keine Beanstandungen.«
    Hier war nichts zu machen. Chennault fuhr zur Leitstelle zurück, um von nun an selbst die Verbindung mit Fenners Einheit zu halten. Er erkundigte sich nach Defekten an den anderen Maschinen, aber es gab keine. Wenig später kam der Funker vom Stab in den Leitstand und übergab Chennault eine Meldung, die dieser mehrmals las, bevor er aufblickte.
    »Gefunden?« fragte Sabin.
    Chennault nickte. »Eine Kolonne von der Infanterie hat fünf Mann von der Besatzung aufgelesen. Fielen ihnen sozusagen direkt vor die Fahrzeuge.«
    »Nochmal gut gegangen«, sagte Sabin erleichtert. Aber Chennault sah ihn mit einem wenig freundlichen Blick an. »Der sechste fehlt. Kolberg.«
    »Hm«, brummte Sabin. »Vielleicht finden sie ihn noch.«
    Der General ging zu der Landkarte, die eine Wand des Raumes fast ganz bedeckte. »In dem Funkspruch steht, daß die BC-378 ihre drei havarierten Motoren wieder anwarf. Sie stürzte nicht ab, sondern flog weiter.«
    Sabin, der auf der Tischkante gehockt hatte, erhob sich und nahm die Zigarette aus dem Mundwinkel. »He ... was sagst du da?«
    Chennault gab ihm wortlos die Meldung und vertiefte, sich wieder in das Studium der Karte. Als Sabin gelesen hatte, legte er das Papier nachdenklich fort. »Das ist allerdings ein Eimer voll Jauche, Pop.«
    »Eben. Es stinkt. Komm her.« Er zeigte ihm auf der Karte, wo Kolbergs Maschine aus dem Verband ausgeschert war. »Von hier ist er in

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