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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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den Staaten zurück, als er im Hochsommer 1937 nach Nangking ging, wo er zunächst mit Madame Tschiang Kai-schek, der »besten Amerikanerin in China«, das aushandelte, was vorläufig zu vereinbaren war: den Aufbau der Luftflotte Tschiang Kai-scheks. Die USA lieferten Maschinen und Material, sie stellten auch Piloten. Das Instrument der Macht nahm Gestalt an. Chennaults Eintreffen in China fiel mit einer entscheidenden Veränderung der japanischen Taktik zusammen. Von 1931 an hatten die Heere des Tenno die nordöstlichen Gebiete Chinas besetzt. Sie waren nur auf geringe Gegenwehr seitens der Kuomintang gestoßen. Im Nordosten entstand eine industrielle Basis der Angreifer für weitere Eroberungszüge. 1937 war es soweit. Nach einem von ihnen inszenierten Zwischenfall an der Marco-Polo-Brücke im Westen Pekings lief die japanische Kriegsmaschine erneut an. Der große Feldzug zur Eroberung Chinas begann. Peking wurde besetzt. Die Armeen rückten südwärts vor. Bomber griffen offene Städte an. Es gab Politiker, die sagten, daß der zweite Weltkrieg angefangen habe.
    Luke Williamson hatte sein tägliches Quantum Whisky noch nicht getrunken und war deshalb ziemlich mürrisch, als er den Auftrag bekam, dafür zu sorgen, daß der gesamte Stab von Chennaults »chinesischer Luftflotte« nach Kunming verlegt werde. Chennault selbst war schon auf dem Wege dorthin. Williamson erwischte ihn, als er ins Flugzeug stieg. Die Motoren liefen bereits. »Was ist los, Pop?« wollte er wissen. »Verkriechen wir uns? Hast du plötzlich Angst vor den Japanern?« Nangking hatte fast jeden Tag Luftalarm.
    Chennault nahm sich die Zeit, mit Williamson noch ein paar Worte zu reden. Er klärte ihn kurz und sachlich auf. »Behalt die Nerven, Luke. Wir beziehen eine sichere Basis, unten im Süden, weiter nichts. Kämpfen werden wir später.« »Und wir lassen die Japaner immer weiter nach China herein?«
    »China ist nicht Amerika, Luke. Wer hier vormarschiert, das schmerzt uns zunächst nicht. Aber die Japaner beißen sich an den Chinesen viele Zähne aus, die wir ihnen sonst selbst ziehen müßten. Laß sie das tun, und solange wie möglich. Wenn sie reif sind, werden wir dasein. Wann und wo Amerikaner Krieg führen, das wird in Amerika entschieden. Begriffen?«
    Williamson grinste. »Okay, Pop. Soll ich die Mädchen mitbringen?«
    Chennault winkte ab, ebenfalls grinsend. »Laß sie hier. Im Süden gibt‘s noch schönere Mädchen. Und daß mir nicht ein einziges Ersatzteil liegenbleibt!«
    Er stieg ein, der Pilot ließ die Maschine zum Start rollen. Chennault schnallte sich im Sitz an. Er spielte ein doppeltes Spiel; er wußte, daß ihn deshalb niemand anklagen würde. Tschiang Kai-schek war abhängig von den USA. Dafür sorgte sein Schwager T. V. Soong, der chinesische Außenminister. Und Amerika bestimmte sehr souverän darüber, was mit den Mitteln geschah, die nach China flossen. Das merkte Chennault an den Befehlen, die ihm aus dem Pentagon zugingen.
    In Kunming trafen jeden Tag neue, harmlos aussehende Zivilreisende aus den Vereinigten Staaten ein. Niemand konnte erkennen, daß sie sorgfältig ausgebildete Piloten, Funker und Bordmechaniker der Air Force waren. Das Pentagon warb sie an. Ein Pilot bekam in China ein Gehalt von sechshundert bis siebenhundertfünfzig US-Dollar. Das Bodenpersonal verdiente bis zu dreihundertfünfzig Dollar. Riesige Transportkisten wurden in Kunming entladen. Sie enthielten auseinandergenommene Flugzeuge vom Typ P-40, schnelle, wendige Jagdmaschinen mit ausgezeichneter Bewaffnung. Inzwischen alarmierte das Pentagon die Zeitungen. Plötzlich erfuhr Amerika, daß es in China eine Truppe von amerikanischen Freiwilligen gab, ein Geschwader mit todesverachtenden Fliegern, die sich »Flying Tigers« nannten - »Fliegende Tiger«. Walt Disney hatte ihr Geschwaderabzeichen entworfen, das nicht minder drollig aussah als die selige Mickymaus desselben Schöpfers.
    In Europa hatte bereits der zweite Weltkrieg begonnen. Japan hielt sich zunächst zurück. Es baute seine Positionen in China aus, drang weiter in das riesige Land vor, und Tschiang Kai-schek setzte diesem Vorgehen nur unbedeutenden Widerstand entgegen. Seine Sorge war, die Kommunisten zu bekämpfen. Von einer chinesischen Luftflotte wurde überhaupt nicht mehr gesprochen. Claire Lee Chennault, der ausgezogen war, um China beim Aufbau einer eigenen Luftstreitmacht zu helfen, hatte auf chinesischem Territorium mit amerikanischen Maschinen und Piloten ein

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