Die weissen Feuer von Hongkong
Lufttransportgesellschaft. Daß sie Waffen nach Nordburma flog, wo eine ganze Armee Tschiang Kai-scheks im Dschungel auf den Befehl zum Einfall nach China lauerte, stand nicht in den Prospekten. Auch wurde nicht erwähnt, daß sie Sprengmaterial und Maschinenpistolen auf schwer zugängliche indonesische Inseln transportierte, wo Anhänger der alten holländischen Kolonialmacht auf ihre neue Chance warteten. Ebensowenig konnte man dort erfahren, daß ihre B-26 staffelweise Brandbomben über den Stützpunkt der Befreiungsbewegung auf den Philippinen abwarfen.
Claire Lee Chennault dirigierte das alles mit eiserner Zähigkeit und großer Umsicht. Er war der geflügelte Helfer des Pentagons in Asien, unauffällig, aber allgegenwärtig. Er bekam ein halbes Dutzend hoher Orden verliehen. Doch das interessierte ihn kaum soviel wie die neuen Maschinen, die aus den Staaten geliefert wurden. Die B-29 gehörten zu den besten Langstreckenbombern der Welt. Er hatte sie bereitstehen. Und in Washington vertraute man ihm an, daß nunmehr das Zeitalter des Düsenantriebs gekommen sei. Man hatte ihn nicht« vergessen.
Er verfügte noch nicht über Düsenflugzeuge, als der Korea-Krieg begann. Sie würden noch ein paar Wochen auf sich warten lassen. Inzwischen setzte er seine B-29 ein, die schweren, viermotorigen Superfestungen, mit denen das kleine Nordkorea bezwungen werden sollte.
»Was ärgert dich mehr, Pop, die Maschine oder der Pilot, den du verlierst?« fragte ihn Sabin, als feststand, daß die BC-378 mit dem Piloten Fred Kolberg nicht mehr zurückzuholen war, sondern bestenfalls noch abzuschießen.
»Die Maschine«, antwortete Claire Lee Chennault. »Der Pilot ist für mich bereits gestorben.«
Dann ging er zur Kantine, um mit den zurückgekehrten Besatzungen ein Glas auf den Erfolg von Wonsan zu trinken.
IV
DIE WEISSEN FEUER VON HONGKONG
Auf der Höhe der Pescadores errechnete Fred Kolberg, daß er etwa noch eine Stunde zu fliegen hatte. Die Uhr zeigte Mitternacht. Der Flug war beinahe langweilig geworden, Kolberg war trotzdem auf der Hut. Er wußte zwar nicht, ob es den Kontrollstationen gelungen war, ihn zu orten, aber es war zu erwarten, daß Chennault nichts unversucht lassen würde, die Verfolgung aufzunehmen, wenn er Gewißheit über den Kurs der BC-378 hatte.
Kolberg konnte jetzt schon außerordentlich gut den Hongkonger Rundfunksender hören. Er strahlte ein Nachtprogramm mit amerikanischer Tanzmusik aus. Zwischendurch ermahnte eine Sprecherin die Zuhörer, ganz unbedingt einmal Colgate Zahncreme zu versuchen und die Kopfschmerzen mit Aspro-Tabletten zu vertreiben. Je näher er Hongkong kam, desto unruhiger wurde der einsame Flieger. Ihm schien, als ginge alles zu reibungslos und glatt, und er wollte nicht so recht daran glauben. Deshalb war er auch nicht sehr überrascht, als die kleine Düsenmaschine vom Typ F-86 auftauchte. Er sah sie weit vorn aus der weißen, vom Mondlicht angestrahlten Wolkendecke schweben. Sie glich auf diese Entfernung einem schlanken, silbernen Fisch, der sich spielerisch in die Höhe schwang, übermütig eine Rolle drehte und der großen, schwerfälligen B-29 entgegenschoß.
Hank Pearson war vor etwas mehr als einer halben Stunde in Hsinchu gestartet. Die Leitstelle hatte ihn auf den Kurs gebracht, der ihn in die Nähe des gesuchten Bombers führte. Nun hatte er die Anweisung erhalten, die Wolkenschicht zu durchstoßen. Und als er aus den Wolken schoß, sah er die schwere Maschine auch schon herankommen. Man hatte ihm die Nummer des Flugzeuges gesagt, das nach den Berechnungen der Radarleute hier oben fliegen mußte. Der Befehl lautete ausdrücklich, sich erst davon zu überzeugen, daß es sich tatsächlich um die BC-378 handelte. Also zog Pearson seine F-86 in einer weiten Kurve auf das silberglänzende viermotorige Flugzeug zu und überflog es leicht angekippt, so daß er die Buchstaben und Zahlen auf den Tragflächen erkennen konnte. Seine Sprechverbindung zur Leitstelle in Hsinchu war eingeschaltet, Pearson meldete, während er seinen Kreis um die B-29 vollendete, kurz und sachlich: »Maschine entdeckt. Positiv. Gebe Signal.«
Er mußte die F-86 abfangen. Sie war so schnell, daß sie selbst beim. Zielanflug auf die B-29 nur für wenige Sekunden in der Position zu halten war, aus der er das Feuer eröffnen konnte. Für den Abschuß von Signalraketen war in der linken Tragfläche eine besondere Einrichtung vorhanden. Pearson betätigte sie, als er die B-29 zum
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