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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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das Bild des Reichspräsidenten Hindenburg. Otto Brautmann hatte es selbst hier aufgehängt, in diesem Büro der Staubsaugerfirma »Meteor«, die ihn als Rechtsberater angestellt hatte.
    Der Vertreter Ludwig war ein kahlköpfiges kleines Männlein im fortgeschrittenen Alter. Als er zu Brautmann ins Büro kam, nahm er militärisch stramme Haltung an. Brautmann winkte geschmeichelt ab. »Schon gut, Ludwig. Setzen Sie sich.« Er würde ihn kurz nach vier Uhr bereits wiedersehen, im Sturmlokal der SA, einer Apfelweinkneipe auf der anderen Seite des Mains. Er schlug den obersten Aktendeckel auf und sagte: »Ich habe Ihre Berichte gelesen. Außerordentlich interessant. Allerdings können wir es auf einen Prozeß nicht ankommen lassen.«
    «Aber - das ist doch unlautere Konkurrenz!« wandte Ludwig ärgerlich ein. Es ging darum, daß die Staubsaugerfirma »Lux« ein Modell anbot, das bei gleicher Leistung und gleichem Stromverbrauch genau zehn Mark billiger war als das von »Meteor«. Nicht nur Ludwig, sondern auch die anderen Vertreter der Firma litten seit geraumer Zeit unter erheblichen Mißerfolgen. Und jeder der Beteiligten wußte, daß die Firma »Lux« einen jüdischen Besitzer hatte.
    »Unlautere Konkurrenz zieht nicht«, erwiderte Brautmann. »Die Kalkulation von ,Lux‘ ist einwandfrei, ich habe mich unauffällig davon überzeugt.«
    »Wie machen die·das nur?«
    Brautmann konnte es sehr genau erklären. Er hatte durch Mittelsmänner alles an Daten erfahren, was von Belang war.
    »Sie schaffen es eben«, sagte er ausweichend. »Sehen Sie, wir hätten mit einem Prozeß Glück, wenn wir ,Lux‘ nachweisen könnten, daß ihr Produkt minderwertig ist. Das könnnen wir nicht. Und die Möglichkeit, dem Besitzer von ,Lux‘ einen Skandal anzuhängen, haben wir gegenwärtig auch nicht. Die Arbeitslöhne bei ,Lux‘ sind nicht um einen Zehntelpfennig geringer als bei uns.«
    »Himmel!« fuhr Ludwig auf. »Wer trägt denn aber diese finanzielle Einbuße von zehn Mark?«
    Brautmann zuckte die Schultern. »Der Besitzer von ,Lux‘.«
    »Dieser Jude?«
    »Bedauerlicherweise ist es so, Kamerad Ludwig. Glauben Sie, ich würde sonst - auch nur einen Augenblick zögern, dem Kerl einen Prozeß anzuhängen, der ihn tot macht?«
    »Ich wünschte, es wäre bald soweit«, sagte Ludwig. »Der ,Stürmer‘ bringt heute eine Abhandlung über die geheimen Fäden der jüdischen Geschäftsleute zum aggressiven Ostjudentum.«
    Brautmann winkte ab. »Ich weiß, ich weiß!« Er erhob sich und zog sein Jackett glatt. Er war ein kleiner, nicht mehr ganz schlanker Mann, der sich betont straff hielt. Die Hände auf dem Rücken verschränkt, ging er einige Male hinter dem Schreibtisch hin und her. Dann blieb er stehen und erklärte dem Vertreter: »Was ich Ihnen jetzt sage, Kamerad Ludwig, das sage ich nicht als Rechtsberater der Firma ,Meteor‘, sondern als Obertruppführer des SA-Sturmes 6. Das deutsche Volk ist an einem Scheidewege angelangt. Entweder es versinkt weiter im Sumpf der Demokratie, oder es entscheidet sich für den Führer, der es über die Leichen unserer jüdisch-bolschewistisch versippten Feinde zu ewigem Ruhm und Wohlstand führt. Denken Sie einmal einen Augenblick nicht an Ihren Beruf. Männer wie wir wollen nicht nur Staubsauger verkaufen, wir wollen viel mehr. Alles wollen wir. Wir müssen die Macht haben und damit die Möglichkeit, unsere eigenen Gesetze zu machen. Das ist nicht mit den althergebrachten Mitteln zu erreichen, auch nicht mit Prozessen oder besseren Kalkulationen. Die nationalsozialistische Revolution ist es, die wir brauchen. Sie wird alle Probleme auf einmal lösen. Auch das, mit dem Sie sich jetzt herumschlagen.«
    Er ging an den Schreibtisch zurück und schlug den Aktendeckel zu. Der Vertreter hatte sich ebenfalls erhoben. Er war ein noch junges Mitglied des SA-Sturmes 6, das Brautmann selbst geworben hatte.
    »Die Juden sind unser Unglück«, sagte Brautmann beinahe feierlich. »Wir werden sie erledigen. Dazu brauchen wir die Macht, und deshalb müssen alle unsere Anstrengungen auf diese Aufgabe konzentriert werden.«
    »Kamerad Brautmann«, wandte Ludwig verlegen ein, »was empfehlen Sie mir zu tun? Sie wissen, wie es um unseren Absatz steht. Ich arbeite auf Provisionsbasis. Mein Einkommen ...«
    »Ich bin im Bilde«, unterbrach ihn Brautmann. »Machen Sie sich keine Sorgen. Wer zu uns steht, den lassen wir auch nicht untergehen. Der Direktor kennt den Sachverhalt und weiß, daß Sie Ihr Bestes tun. Was

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