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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Ihre finanzielle Lage angeht, so werden wir innerhalb des Sturmes eine Möglichkeit finden.«
    Sie fanden sie noch am selben Abend. Der Sturm hatte seine Geldgeber. Was die Schwerindustrie im großen tat, indem sie Hitler mit Krediten spickte, das taten mittlere und kleine Fabrikanten, Handwerksunternehmen und Händler in entsprechend bescheidenerer Art mit solchen Organisationen wie dem SA-Sturm 6. Diese Gelder wurden bei ihnen als gemeinnützige Spenden verbucht und konnten von der Steuer abgesetzt werden. Die Sturmkasse half dem Vertreter Ludwig aus einer momentanen Verlegenheit, und er übernahm selbstverständlich die Verpflichtung, auf seinen
    Reisen Abonnenten für den »Stürmer« zu werben. Daß er damit wesentlich mehr Erfolg hatte als mit dem Absatz des Staubsaugers »Meteor«, gehörte zu den Faktoren, die damals, etwa ein halbes Jahr bevor Hitler die politische Macht in Deutschland an sich riß, für Otto Brautmann erheblich bedeutungsvoller waren als die Verkaufskrise seiner Firma.
    Der Rechtsberater Brautmann beteiligte sich nicht gern an Saalschlachten. Er vermied es, wenn es nur irgendwie ging. Das war nicht zuletzt auf das Zureden seiner Frau Gertrud zurückzuführen, einer etwas dürren, energievollen Blondine. Sie bemühte sich, ihren Mann auf einen Weg zu leiten, der ihn so hoch hinaufführte, daß er über den politischen Tageskrawallen stand. Auch an jenem Abend, es war bereits der Weihnachtsmonat des Jahres 1932, riet sie ihm, sich im Hintergrund zu halten. Otto Brautmann war ihrer Meinung nach durchaus nicht dazu geeignet, in einem Versammlungslokal der Kommunisten Angst und Schrecken zu verbreiten.
    Ihm blieb jedoch nichts anderes übrig, als trotzdem mit einigen Dutzend anderer SA-Leute in den Tanzsaal der Mainterrassen einzudringen und aus vollem Halse »Nieder mit den Knechten Moskaus!« und »Juda verrecke!« zu brüllen. Der kommunistische Redner fuhr noch einige Minuten mit seinem Vortrag fort, während Ordner versuchten, den Störenfrieden klarzumachen, daß ihr Geschrei unerwünscht war. Aber die SA-Leute waren nicht gekommen, um nur zu schreien. Der Gendarmeriechef, der dem Sturm ebenfalls angehörte, hatte sie reichlich mit Gummiknüppeln versorgt, die sonst nur an die Polizei ausgegeben wurden. Zehn Minuten nach ihrem Eindringen in den Saal gab der Anführer den Befehl: »Schlagt die Judenknechte zusammen!« Die Polizei erschien wie immer etwas spät und verhaftete nur Kommunisten. Die Ambulanzwagen mußten mehrere Fahrten machen. Sie hingegen luden auch SA-Männer ein.
    Otto Brautmann erwachte gegen Mitternacht aus seiner Ohnmacht und war wenig erbaut davon, daß seine Frau weinend neben dem Krankenhausbett stand. Er hatte keinen Schädelbruch davongetragen, wie sie zunächst behauptet hatte, sondern lediglich eine leichte Gehirnerschütterung. In den Erzählungen der Frau wurde daraus im Laufe der nächsten zwei Wochen nahezu eine totale Invalidität. Außer dem Führer des Sturmes 6 der Frankfurter SA erschien deshalb eine Anzahl höherer Bonzen des braunen Ordens zu Weihnachten an seinem Genesungslager. Unter ihnen befand sich ein schmächtiger Mann mit hoher Stirn und stechenden dunklen Augen hinter dicken Brillengläsern. Er beschäftigte sich höchst intensiv mit der Person Brautmanns. Sein Interesse erklärte sich jedoch nur zum Teil daraus, daß er mit einer Schulfreundin von Otto Brautmanns Frau verheiratet war. Von viel größerer Bedeutung war der Umstand, daß Brautmann eine juristische Ausbildung besaß.
    »Staubsauger sind nützliche Instrumente«, bemerkte der Bonze lächelnd. »Aber Männer wie Sie dürfen nicht in der Staubsaugerbranche hängenbleiben. Haben Sie Prozeßerfahrung?«
    »Wenig«, bekannte Brautmann. Der andere nickte und betrachtete nachdenklich das Bücherbrett in dem Zimmer. Der Parteigenosse Brautmann las Hans Grimm und Alfred Rosenberg, das wog mangelnde Prozeßerfahrung auf. Außerdem - ob Erfahrung oder nicht, die zukünftigen Prozeßgegner würden sich auch durch die besseren juristischen Erfahrungen nicht vor der Schlinge retten können. Dafür würde der Staat sorgen, der neue, kommende.
    Er sorgte dafür. Nachdem der große Streich am 30. Januar 1933 geglückt war, mußte sich die Firma »Meteor« einen neuen Rechtsberater suchen. Otto Brautmann zog als Staatsanwalt ins Landgericht ein. Die ersten zwei Tage verbrachte er damit, die Personalakten aller Mitarbeiter sorgfältig durchzusehen. Danach verfügte er etwa zwei Dutzend Entlassungen

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