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Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman

Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman

Titel: Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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Ihr Mann sagt?«
    Die Frau nickte kaum merklich.
    »Also war Toni über Mittag allein zu Hause?«
    »Nein, natürlich nicht«, rief Michael Bruckmann. Wieder hatte seine Antwort etwas Einstudiertes. Auch seine Empörung über die Unterstellung, seine Frau und er könnten die Tochter zu Hause sich selbst überlassen haben, wirkte unecht. »Toni isst immer in der Schule zu Mittag. Und danach wollte sie gestern noch mit zu Nora gehen. Die beiden wollten gemeinsam Hausaufgaben machen. Toni sollte um fünf zu Hause sein. Deshalb war ich auch um diese Zeit da.«
    Wieder wandte sich Lydia an die Mutter. »War Toni in letzter Zeit anders als sonst? Ist Ihnen etwas aufgefallen? Hat sie sich ungewöhnlich benommen? Hatte sie vielleicht Geheimnisse?«
    Zum ersten Mal blickte Nicole Bruckmann Lydia an. Sie sah erschrocken aus.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte sie verwirrt.
    »Sind Sie gut miteinander ausgekommen?«, hakte Lydia nach. »Oder gab es öfter Zoff? Mädchen in dem Alter können manchmal richtige kleine Biester sein.«
    Nicole Bruckmann schluckte und sah Lydia verunsichert an, ihr Mann strich ihr wieder über das Haar und ergriff erneut das Wort.
    »Finden Sie, das ist der richtige Augenblick für solche Fragen?«, rief er aufgebracht. »Was hat das alles mit dem Verbrechen an unserer Tochter zu tun? Was unterstellen Sie uns da eigentlich?«
    »Herr Bruckmann«, sagte Lydia betont. »Alles, was wir über Ihre Tochter in Erfahrung bringen, könnte etwas mit ihrem Tod zu tun haben. Wir müssen so viel wie möglich über sie wissen. Ihre Gewohnheiten, ihre Vorlieben, was sie für ein Mensch war. Jemand ist in Ihr Haus eingedrungen und hat Ihre Tochter getötet. Dieser Jemand ist nicht eingebrochen. Also ist es sehr wahrscheinlich, dass Toni ihn freiwillig hereingelassen hat. Dass sie ihn kannte.«
    Nicole Bruckmann schlug die Hände vor das Gesicht. Dann murmelte sie: »Sie war kein naives Kind. Sie hätte keinen Fremden ins Haus gelassen. Sie wusste, dass sie das nicht durfte.« Sie senkte die Hände und nahm wieder diese unnatürlich gerade Haltung ein. »Toni war sehr klug«, fuhr sie fort. »Und dickköpfig. Manchmal – manchmal hat sie mich in den Wahnsinn getrieben, weil sie alles mit mir ausdiskutieren musste.«
    Michael Bruckmann tätschelte ihr die Schulter. »Na ja, die üblichen Auseinandersetzungen, die man mit Kindern in dem Alter hat. Sie kennen das doch sicherlich?« Er sah Lydia an.
    »Leider nicht«, erwiderte sie trocken. »Ich habe keine Kinder. Erklären Sie mir, was Sie meinen.«
    Bruckmann warf einen kurzen, hilfesuchenden Blick zu Chris, doch der reagierte nicht. Das war Lydias Runde.
    »Sie war ziemlich aufmüpfig, schon als ganz kleiner Wurm. Musste immer mit dem Kopf durch die Wand. Ein stures, aber auch sehr fröhliches Kind. In letzter Zeit hat sie ein paarmal über die Stränge geschlagen. Ist zu spät heimgekommen, hat Theater gemacht, wenn sie nicht bekam, was sie wollte. Ich nehme an, es hatte etwas mit dem Umzug zu tun. In dem Alter ist es nicht leicht, seine Freunde aufzugeben und sich in ein neues Umfeld einzuleben. Vielleicht waren es auch die Anfänge der Pubertät. Trotzdem war alles im Rahmen. Richtig ungehorsam oder frech war sie nie. Ich bin jedenfalls immer gut mit ihr zurechtgekommen.«
    »Sie auch, Frau Bruckmann?«, fragte Lydia.
    Die Frau zögerte eine Sekunde zu lang.
    »Natürlich«, stammelte sie. »Sie war doch mein Mädchen.« Tränen schossen ihr in die Augen. Sie zog ein zerknülltes Taschentuch aus ihrem geblümten Morgenmantel und presste es sich an die Augen.
    Michael Bruckmann drehte seine Frau zu sich und legte die Arme um sie. Zu Lydia gewandt sagte er: »Antonia war ein bisschen verändert in den letzten Wochen. War launisch, hat sich zurückgezogen. Der Umzug war eine große Belastung für sie. Deshalb war sie auch ein paarmal krank. Erkältungen. Kopfschmerzen. Nichts Ernstes.« Er warf einen Blick aus dem Fenster, bevor er weitersprach. »So, das reicht für heute. Bitte lassen Sie meine Frau jetzt in Ruhe. Ich beantworte gern Ihre Fragen, aber lassen Sie mich Nicole vorher ins Bett bringen. Unsere Tochter ist gestern gestorben. Vielleicht könnten Sie ein wenig behutsamer vorgehen!«
    »Das kann ich leider nicht, Herr Bruckmann«, erwiderte Lydia scharf. »Ich habe vollstes Verständnis für Ihren Schmerz. Aber ich habe einen Mord aufzuklären.«
    »Ach, und das müssen Sie hier in unserer Küche?« Michael Bruckmann starrte sie wütend an. »Der Täter ist

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