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Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman

Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman

Titel: Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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Freude. Wärme. Er ertappte sich dabei, wie er alle fünf Minuten auf die Uhr schaute, wenn sie nicht zur gewohnten Stunde auftauchte.
    Als er entlassen wurde, gingen sie zur Feier des Tages essen. Er war noch nicht wieder auf dem Damm, doch er bestand darauf, sie auszuführen. An dem Abend erzählte er ihr von Anna. Davon, wie seine Tochter im Alter von fünf Jahren bei einem Urlaub am Meer plötzlich verschwunden war. Einfach so. Gerade hatte er sie noch vollkommen versunken eine Sandburg bauen sehen, im nächsten Moment war sie weg. Er hatte sie verzweifelt gesucht, stundenlang, wochenlang, monatelang. Seine Ehe war daran zerbrochen. Seine Frau Stefanie hatte ihm die Schuld gegeben und dann versucht, ohne Anna ein neues Leben zu beginnen. Sie hatte wieder geheiratet, einen kleinen Sohn bekommen. Chris konnte das nicht. Er konnte Anna nicht aufgeben, als hätte sie nie existiert.
    Sonja verstand ihn. Sie hielt seine Hand. Ihre Augen schimmerten feucht, während sie ihm zuhörte. Eigentlich hatte er erwartet, dass dieser Abend in seinem oder ihrem Bett enden würde. Aber als das Taxi vor ihrer Wohnung hielt, drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange und wünschte ihm eine gute Nacht. Da begriff er. Sie wollte ihn, aber sie wartete auf ein eindeutiges Signal. Er sollte den ersten Schritt tun. Sie meinte es offenbar ernst. Sie schien sogar bereit zu sein, einen Platz für Anna in ihrem gemeinsamen Leben einzuräumen. Vielleicht war sie die Erlösung, die Heilung, auf die er schon so lange wartete.
    »Salomon?« Lydias Stimme machte ihm klar, dass sie ihn nicht zum ersten Mal ansprach. Sie standen in der Straße vor dem Haus von Familie Bruckmann, der Motor war bereits aus. »Ist alles in Ordnung?« Sie sah ihn forschend an. »Das war bestimmt nicht leicht für dich im Sektionssaal.«
    Ihre unausgesprochenen Worte hingen in der Luft: Dabei zuzusehen, wie ein brutal ermordetes Mädchen aufgeschnitten wird, das etwa so alt ist, wie Anna heute wäre.
    »Alles bestens«, stieß er hervor. Am liebsten hätte er hinzugefügt: Kümmere dich um deinen eigenen Kram! Ich frage dich auch nicht, mit wem du es heute Nacht getrieben hast, und wie und wo. Und ob du überhaupt schon wieder nüchtern genug bist, um zum Dienst zu erscheinen. Doch er biss sich auf die Zunge. Es hätte den mühsam errungenen Frieden zwischen ihnen mit einem Schlag zerstört.
    Michael Bruckmann sah so aus, als hätte er die ganze Nacht kein Auge zugetan. Sein Gesicht war fast weiß, wodurch die Ringe unter seinen geröteten Augen noch dunkler erschienen. Seine Brille trug er heute nicht. Wortlos führte er sie in die Küche. Nicole Bruckmann saß auf einem Stuhl und starrte in eine unberührte Kaffeetasse, deren Inhalt längst kalt geworden war. Ihr Rücken wirkte unnatürlich gerade, so als hielt sie ihren Oberkörper unter großer Anstrengung aufrecht. Sie trug einen bunt geblümten Morgenmantel, der eine unangemessene Heiterkeit ausstrahlte. Mit keiner Regung zeigte sie, dass sie das Eintreten ihres Mannes mit den beiden Besuchern bemerkt hatte.
    Michael Bruckmann trat hinter seine Frau und legte ihr die Hände sanft auf die Schultern. »Nicole, das sind Frau Louis und Herr Salomon von der Kripo. Sie müssen uns ein paar Fragen stellen.« Er beugte sich an ihr Ohr. »Es wird nicht lange dauern.«
    Lydia setzte sich ungefragt zu der Frau an den Tisch, Chris ließ ihr den Vortritt und blieb an der Küchenzeile stehen. So, wie sich der Fall im Augenblick darstellte, standen die Eltern im Fokus der Ermittlungen. Sie mussten ihnen eine Reihe unangenehmer Fragen stellen. Darin war Lydia eindeutig besser als er. Wenn sie zu weit über das Ziel hinausschoss, blieb für ihn immer noch Zeit, den guten Cop zu mimen.
    »Ich möchte, dass wir noch einmal den gestrigen Tag durchgehen«, begann sie. »Wann hat Toni das Haus verlassen?«
    »Etwa zwanzig vor acht«, antwortete Michael Bruckmann, fast ein wenig zu schnell. Gerade so, als hätte er die Beantwortung der Frage vorher geprobt. »Sie läuft immer von hier aus bis zur Vennhauser Allee, wo sie von Noras Mutter mitgenommen wird. Nora Diercke. Ihre Mutter ist Lehrerin an der Schule unserer Tochter.« Er stockte kurz, dann sprach er weiter. »Ich bin gegen halb neun zur Uni gefahren. Nicole hatte um elf einen Arzttermin, sie ist gegen halb elf hier weg.« Er strich seiner Frau über das Haar. »Danach war sie in der Stadt etwas essen und einkaufen.«
    Lydia fixierte Frau Bruckmann. »Können Sie bestätigen, was

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