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Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman

Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman

Titel: Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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durchziehen kann.« Er zuckte mit den Schultern. »So oder so wird das Ganze vermutlich im Sand verlaufen.«
    »Und die leiblichen Eltern von Toni und Leonie wird man nie ausfindig machen.«
    Salomon stand auf und trat ans Fenster. »Vielleicht suchen sie überall nach ihren Töchtern.«
    Lydia stellte sich neben ihn. »Ja, vielleicht.«
    »Und sie werden nie erfahren, was aus ihnen geworden ist. Das ist das Grausamste, was man Eltern antun kann.«
    Lydia legte die Hand auf seine Schulter. »Das Leben ist ein Arschloch.«
    »Ein mieses, beschissenes Arschloch«, bestätigte Salomon.
    »Wirtz hat übrigens eben reingeschaut. Anscheinend steckte hinter dem Profil dieser Leonie Schwarz bei Facebook tatsächlich Leonie Schwarzbach. Aus ihren Einträgen geht hervor, dass sie ihre sogenannten Freunde im Internet systematisch ausgehorcht hat. Wer weiß, was sie mit diesem Wissen vorhatte. Dieses Mädchen scheint ganz schön durchtrieben gewesen zu sein. Und frühreif.«
    »Das ist doch nicht ihre Schuld!«, stieß Salomon hervor. »Sie hat es echt schwer gehabt. Sie wurde nicht nur von ihrer leiblichen Mutter getrennt – unter welchen Umständen auch immer –, sondern sie war von Anfang an nur das Ersatzkind für ihre verstorbene Stiefschwester. Ist doch klar, dass sie einen Knacks hatte. Das ist kein Grund, sie noch nach ihrem Tod schlechtzumachen!«
    Lydia sah ihn erschrocken an. Sein Gefühlsausbruch hatte sie völlig unerwartet getroffen. War er nicht eigentlich der, den nichts aus der Ruhe brachte? Der ganze Fall war ihm offenbar sehr unter die Haut gegangen.
    »Ich wollte Leonie nicht verurteilen, Salomon«, sagte sie beschwichtigend. »Ich habe nur die Fakten benannt.«
    »Nur die Fakten, klar.« Er verschränkte die Arme. »Die anderen beiden Mädchen sind schließlich auch nicht ohne, oder? Haben geklaut, ihre Eltern und Lehrer belogen. So richtige Unschuldsengel sind alle drei nicht.«
    Etwas machte Klick in Lydias Kopf.
    Sie schlug sich vor die Stirn. »Verdammter Mist!«
    »Was ist los?« Salomon schien nicht mehr wütend.
    Doch Lydia hatte keine Zeit für lange Erklärungen. »Du hast recht, Salomon. Komm mit! Wir haben uns geirrt.«
    Es schneite immer noch. Inzwischen war es fast zehn. Chris rannte hinter Lydia her zum Parkplatz.
    »Willst du mir nicht wenigstens sagen, was dir so plötzlich eingefallen ist?«, fragte er atemlos.
    »Steig ein.«
    Sie fuhren schweigend den inzwischen vertrauten Weg nach Vennhausen. Chris hatte es aufgegeben, Lydia mit Fragen zu bestürmen. Wenn sie unbedingt wollte, spielte er eben Doktor Watson, oder besser noch Mr. Stringer, und wartete auf die große Enthüllung.
    »Ich fürchte, wir werden Tonis Eltern nicht zu Hause antreffen«, sagte er, als sie fast da waren. »Die bleiben bestimmt die ganze Nacht im Krankenhaus. Sie haben ihre tot geglaubte Tochter wieder. Ich an ihrer Stelle würde sie auch keine Sekunde aus den Augen lassen.«
    »Wir fahren nicht zu den Bruckmanns.«
    »Aha.«
    Kerstin Diercke stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben. Dann lächelte sie. »Das ist aber nett, dass Sie extra vorbeikommen, um uns Bescheid zu sagen. Eben hat Michael – Herr Bruckmann hier angerufen. Wir wissen es schon. Toni lebt! Ist das nicht wunderbar?« Sie stockte und senkte verlegen den Kopf. »Natürlich ist es tragisch, dass dieses andere Mädchen, diese Leonie, tot ist.«
    »Wir würden gern mit Nora sprechen«, sagte Lydia knapp.
    »Aber gern.« Kerstin Diercke zog die Tür auf.
    Nora saß am Tisch in der Essecke. Chris fiel auf, dass er das Mädchen zum ersten Mal außerhalb seines Zimmers sah.
    Lydia setzte sich zu ihr. »Toni geht es gut.«
    »Ja.« Nora hatte eine Tasse Kakao vor sich stehen, auf dem sich bereits eine faltige Haut gebildet hatte.
    »So richtig zu freuen scheinst du dich nicht«, stellte Lydia fest.
    Chris warf einen raschen Blick zu Noras Mutter, die wie er stehen geblieben war, dann schaute er wieder zu Lydia und Nora. Eine Ahnung stieg in ihm auf. Scheiße!
    »Soll ich dir sagen, was ich glaube?«, fragte Lydia.
    Nora sah sie nicht an, sondern fuhr mit dem Finger über den Tassenrand.
    »Du hast Leonie die Treppe hinuntergestoßen.«
    Kerstin Diercke schrie leise auf. Nora reagierte nicht. Chris hielt den Atem an.
    »Ich glaube, dass es ein Unfall war. Toni und Leonie haben gestritten, doch am Ende hat Toni nachgegeben. Was blieb ihr auch anderes übrig? Leonie hatte euch in der Hand. Sie hätte euch immer weiter erpresst, ihr hättet alles tun

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