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Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman

Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman

Titel: Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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richtig gedeutet.«
    »Zum Beispiel?«
    Sie antwortete mit einer Gegenfrage. »Was glaubst du? Sind Leonie und Toni Doppelgängerinnen? Halbschwestern? Schwestern?«
    »Ich habe keine Ahnung«, gab er zu. »Doch ich finde, sie sehen aus wie Zwillinge.«
    »Ich glaube, dass sie genau das sind. Und wir hatten den entscheidenden Hinweis die ganze Zeit vor der Nase.«
    Er schaute sie überrascht an. »Wie soll denn das gehen? Glaubst du, ein Elternpaar hat eins der Mädchen zur Adoption freigegeben? Weshalb?«
    »Was weiß ich.« Lydia trat auf die Bremse, um an einer Ampel zu halten.
    Chris hielt sich instinktiv am Armaturenbrett fest.
    »Ich fahre seit achtzehn Jahren unfallfrei«, sagte Lydia, ohne ihn anzusehen.
    »Erstaunlich«, murmelte er und wappnete sich für eine wütende Erwiderung.
    Doch sie lachte auf.
    Die Ampel schaltete auf Grün, und Lydia wurde wieder ernst. »Die DNA unter Tonis Fingernägeln. Du erinnerst dich, es war ihre eigene. Wir haben uns darüber gewundert, warum sie sich selbst das Gesicht zerkratzt haben soll.«
    »Natürlich, verdammt! Zwillinge haben identische DNA . Es war Leonie, die Toni das Gesicht zerkratzt hat.« Chris kam ein unerhörter Gedanke. »Dann könnte es auch Leonie gewesen sein, die Toni die Treppe hinuntergestoßen hat.«
    »Oder umgekehrt.«
    »Scheiße, ja. Wie sollen wir das den Bruckmanns beibringen? Es ist möglich, dass ihre Tochter noch lebt. Sollte das zutreffen, wäre sie nicht das Opfer, sondern die Täterin.«
    Lydia verzog das Gesicht. »Wenn die Mädchen Zwillinge sind, wissen die Bruckmanns das, darauf würde ich wetten. Wir sind die Idioten, die nichts gerafft haben. Es könnte sogar sein, dass Michael Bruckmann genau aus diesem Grund die Tat als Sexualmord getarnt hat. Um seine Tochter zu schützen, nicht seine Frau.«
    »Und Olaf Schwarzbach macht da mit? Er deckt den Mord an seinem Kind und versteckt die Täterin in seinem Haus? Das halte ich für unwahrscheinlich.«
    »Womöglich versteckt Schwarzbach das Mädchen gar nicht. Wer weiß, ob er überhaupt ihren Aufenthaltsort kennt. Wir haben Leonie – oder Toni – nie im Haus der Schwarzbachs angetroffen. Wir haben keine Ahnung, wo sie sich in den letzten Tagen aufgehalten hat.«
    »Stimmt.« Chris kaute auf seiner Unterlippe. »Trotzdem hat Schwarzbach beim Vertuschen geholfen und die Täterin gedeckt. Vorausgesetzt, es war tatsächlich eins der Mädchen. Und falls Leonie das Opfer war, wäre das ziemlich seltsam.«
    »Okay. Das wäre seltsam. Oder auch nicht, wenn beide Mädchen in Wirklichkeit seine Töchter sind. Vielleicht brauchten die Schwarzbachs vor zehn Jahren dringend Geld. Und die Bruckmanns wollten unbedingt ein Baby, aber es hat nicht geklappt. Dafür hatten sie genug auf dem Konto. Solche Fälle soll es geben. Die Schwarzbachs haben vielleicht gedacht, dass es nicht so schlimm wäre, weil sie ja nur eine Tochter abgeben und die andere selbst behalten. Und dann ist Melanie Schwarzbach durchgedreht, aus schlechtem Gewissen gegenüber der Tochter, die sie verkauft haben, und hat angefangen, das andere Kind krank zu machen. Und Olaf Schwarzbach beschützt das Mädchen jetzt, obwohl sie so etwas Schreckliches getan hat, denn er fühlt sich ebenfalls schuldig.«
    Chris starrte aus dem Fenster.
    »Klingt verdammt plausibel«, murmelte er. »Erschreckend plausibel.«
    Lydia schlug mit der Hand auf das Lenkrad. »Wir müssen herausfinden, wer die leiblichen Eltern von Leonie und Toni sind. Falls sie tatsächlich Zwillinge sind.«
    »Das sind sie, davon bin ich fest überzeugt«, sagte Chris. »Und ich könnte wetten, dass du auch ansonsten mit deiner Theorie richtig liegst.«
    »Das fürchte ich auch«, antwortete Lydia. »Aber ich habe das Gefühl, dass wir noch immer nicht alle Puzzleteile zusammenhaben.«
    Sie erreichten die Freiheitstraße, und Lydia lenkte den Toyota in die Einfahrt der Bruckmanns. Wie auf ein Zeichen blieben beide sitzen.
    Chris hatte ein mulmiges Gefühl bei dem Gedanken an das bevorstehende Gespräch. Einerseits hatten die Bruckmanns ihre Tochter verloren, zumindest mussten sie weiterhin davon ausgehen, dass Toni das Opfer war. Und deshalb hatten sie Anspruch auf Mitgefühl und Verständnis. Wer wüsste das besser als er. Er hatte am eigenen Leib zu spüren bekommen, wie tief der Abgrund war, in dem man fiel, wenn einem ein Kind genommen wurde. Andererseits hatten Nicole und Michael Bruckmann der Polizei so viele Lügen aufgetischt, dass sie die Ermittlungen ernsthaft

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