Die Weiterbildungsluege
PE, da findest du schon ein Plätzchen‹ sind mir öfters im
Bankenbereich begegnet«, plauderte die Trainerin aus dem Nähkästchen. Und auch von anderer Seite ist zu hören, dass der Personalbereich
als ein Sammelbecken für gescheiterte Existenzen verrufen ist. Da fände man Juristen, die zu schlechte Noten für eine Kanzlei
hätten.
Aber auch das Alter von Personalentwicklern ist ein Grund, dass sie keiner ernst nimmt. Eine Akademieleiter meinte: »Oft sind
Mitarbeiter der Personalentwicklung noch nicht einmal 30 Jahre alt und kommen frisch von der Universität. Sie haben nicht
die Tiefe und die nötige Erfahrung.« Die Praxis sieht dann oft dergestalt aus, dass einem aus der Bürotür eine junge Brünette
entgegenschaut. |124| Sie hat schulterlange, glatte braune Haare und ist etwa 175 Zentimeter groß. Mit ihrem gewinnenden Lächeln unterstreicht sie
ihre natürliche Attraktivität. Die schwarze eckige Hornbrille gibt ihr einen Anstrich von Seriosität. Das taillenbetonte Businesskostüm
macht glauben, dass sie älter als 27 Jahre alt ist. Auf jeden Fall aber unter 30. »Jung, dynamisch, frisch, frech, lösungsorientiert
und keine Ahnung«, so hat mal ein Trainerkollege diese Kategorie von Personalentwicklerinnen bezeichnet.
Ob nun Pädagogen, Sozialpädagogen, Psychologen oder Verbannte, manchmal auch Lehrer, Theologen, Soziologen oder ehemalige
Weinverkäufer – sie alle eint ein brennendes Verlangen: mehr Gehör und Einfluss zu bekommen. Ein Blick auf eine Seminarbörse
im Internet zeigt, wie groß der Bedarf dazu ist. Seminartitel wie »Personalarbeit ins richtige Licht rücken – Selbst-PR für
Personalleiter, Personalentwickler und Personalreferenten« oder »Wie werde ich als HR-Manager ein akzeptierter Businesspartner
des Managements in Augenhöhe?« verheißen Hoffnung für alle Personaler, die ihr Standing im Unternehmen beklagen. Doch solange
Personaler denken, sie seien nicht in der Position, unsinnige Fortbildungen zu unterbinden, schaffen sie eine sich selbst
erfüllende Prophezeiung und eigene Realität. Wer will schon auf einen hören, der durch jede Pore Opfergeruch ausstrahlt und
durch vorsichtige Formulierungen seine Unsicherheit signalisiert? Es braucht Selbstbewusstsein und kommunikatives Geschick
statt einer Konfliktvermeidungsstrategie, die lautet: »Ich würde ja, wenn ich könnte ...«
Licht ins Fahrrad hängen:
Von hinten durch die Brust ins Auge
Und so kommen wir automatisch wieder zurück zu dem Punkt, an dem vordergründig nette Vorgesetzte hinterrücks die Tools der
Personalentwicklung verwenden, um nicht selbst mit ihren Mitarbeitern in einen Konflikt gehen zu müssen. In jedem Führungsratgeber |125| ist zwar nachzulesen, dass die Güte eines Vorgesetzten an dessen Klarheit und Konsequenz abzulesen ist, aber Papier ist geduldig.
Versetzen wir uns doch mal kurz in die Perspektive eines Chefs. Da gibt es Mitarbeiter, die schon zehn Meilen gegen den Wind
als komplizierte Charaktere auszumachen sind. Leider sind sie eine Erblast vom Vorgänger, der anscheinend in einem Zustand
geistiger Umnachtung die Probezeit ungenutzt verstreichen ließ. Warum sollte man es sich antun, diesem Mitarbeiter »ein Licht
ins Fahrrad zu hängen«, wie es mal ein Seminarteilnehmer sehr schön formulierte? Da ist der Konfrontationskurs programmiert.
Viel geschickter ist es doch, eine neutrale Instanz mit dieser heiklen Aufgabe zu betreuen – also einen Trainer. Und siehe
da: Für den Mitarbeiter gibt es ein Team- oder Kommunikationstraining. Genau das dachte sich auch ein Abteilungsleiter aus
dem Bereich Produktmanagement. Er klagte mir sein Leid über einen Mitarbeiter, der ein absoluter »Muffelkopf« war. Der Mann
hinterließ keine penetranten Duftspuren, wie man vielleicht angesichts des Wortes glauben könnte, sondern war maulfaul, wirkte
unfreundlich und ließ es an normalen Höflichkeitsformen fehlen. Sein Verhalten hatte zum Leidwesen des Abteilungsleiters bereits
weite Kreise gezogen: »Neulich hat mich sogar der Geschäftsführer angesprochen, dass Herr Weiden ihn nicht gegrüßt hat. Er
soll mit sturem Blick an ihm vorbeigegangen sein.« Auch im Team war der Mann nicht besonders beliebt. Morgens ging er grußlos
durch das Großraumbüro und verschanzte sich hinter seinem Bildschirm. Seine Kollegen monierten außerdem sein miserables Informationsverhalten.
»Ich glaube, ich schicke ihn mal zu einem Kommunikationstraining,
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