Die Weiterbildungsluege
eine nachhaltige Schulung zusammenpasst.
Vielzitiert ist in dem Zusammenhang das Öltanker-Phänomen. Sich ändernde Unternehmen werden gerne mit diesem Bild in Bezug
gesetzt. Ein großes Unternehmen auf einen anderen Kurs zu bringen ist genauso aufwändig, wie einen trägen Öltanker um 180
Grad zu wenden. Das Ziel ist übrigens auch erreicht, wenn der Kiel oben schwimmt.
Die Arbeit der Personalentwicklung wirkt unter den gegenwärtigen Bedingungen viel zu langsam. Bis Konzepte und Programme abgestimmt
und entwickelt sind, braucht sie keiner mehr. Also kann man sie sich ganz sparen. So kennt es auch eine Personalentwicklerin
aus der Softwarebranche: »In IT- oder in Großunternehmen wird akademisch und gut ein Konzept aufgestellt. Man bekommt ein
Budget dafür. Durch die Veränderungsgeschwindigkeit, die vom Markt getrieben ist, werden Projekte nicht zu Ende geführt. Sie
sind hinfällig. Das ist dann schade, weil viel Kosten und Mühe hineingesteckt wurden. Letzten Endes kommt es aber nicht zu
der Umsetzung.«
Dem betroffenen Mitarbeiter bleibt in diesem Umfeld nur der beständige Gang zur Kaffeemaschine auf dem Flur. Dort trifft |154| man Gleichgesinnte, bespricht die Ereignisse, nimmt sich die Beichte ab und resümmiert psychologisch gekonnt: »Ist gut, dass
wir mal darüber gesprochen haben.« Die Chefs dieser Mitarbeiter beklagen, dass die Performance schwindet, weil man als Unternehmen
zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist. Spekulationen sind an der Tagesordnung. Der Flurfunk rauscht unentwegt. »Wer ist
der Nächste?« – »Was passiert morgen?« – »Das war bestimmt nur die erste Welle.« – »Das geht alles so weiter.« – »Wenn man
wenigstens wüsste, wann es zu Ende ist.« Auf den Korridoren ist eine große Sehnsucht nach Ruhe zu vernehmen. Man wünscht sich
Stabilität. Keine Veränderungen mehr. Nur Klarheit und eine Richtung.
Die Menschen im Unternehmen harren in Karnickelstarre am Arbeitsplatz aus. Teams fangen an zu mauern. Behalten Informationen
für sich. Das Vertrauen schwindet. Jeder versucht seinen Besitzstand zu wahren und bestmöglich zu überleben. »Wer sich mit
bedrohlichen Abbaumaßnahmen konfrontiert sieht, versucht seinen eigenen Laden sauber zu halten«, so erzählten mir Führungskräfte.
Das bedeutet: Man schiebt den Schwarzen Peter anderen Abteilungen zu. »Die sind schuld.« Oder: »Die haben es schon immer falsch
gemacht.« Oder: »Die haben einen Personalüberhang – das gleicht betreutem Wohnen.«
Und die Lehre aus diesen Erkenntnissen? Die Unternehmenskultur ist beim Teufel. Also ist dringend ein Kulturprojekt angesagt,
das die richtigen Werte für den häufigen Wandel adressiert. Am Ende sind natürlich die Chefs schuld. Sie sind der Kopf des
Fischs, sie sind die Kulturträger, sie sollen die Komplexität und Unsicherheit so managen, dass die Mitarbeiter freudestrahlend
mitgehen.
In einem IT-Unternehmen wurde deshalb eine Befragung konzipiert, um davon ausgehend Schulungen für das Management abzuleiten.
Jeder direkte Vorgesetzte bis hinauf zum Vorstand sollte bewertet werden. Der Betriebsrat hatte zugestimmt. Arbeitsgruppen
wurden eingerichtet und ein externer Anbieter für die Erstellung des Fragebogens hinzugezogen. Es war sogar schon ein EDVgestütztes
System entwickelt worden. Doch dann kam kurz vor |155| dem Pilotversuch das Aus. »Plötzlich war das Projekt nicht mehr so wichtig. Es wurden auch Kostengründe ins Feld geführt.
Alle Unterlagen verschwanden auf Nimmerwiedersehen in der Schublade«, bedauerte die zuständige Personalentwicklerin im Gespräch
mit mir. Vielleicht hatte ja auch das Top-Management angesichts bevorstehender Ergebnisse kalte Füße bekommen.
In der gegenwärtigen Arbeitswelt ist also jedes Weiterbildungsprogramm, das auf den schnellen Wandel reagieren soll, eine
Fehlinvestition. Was wirklich im Strudel der Veränderungen zählt, ist eine hohe Stresstoleranz der Mitarbeiter. Sie müssen
mit Unsicherheit leben können und eine hohe Bereitschaft für Anpassung und Flexibilität haben. Solche Eigenschaften hat man
oder hat man nicht. Wer für sich Optionen sieht und ein optimistischer Mensch ist, sagt sich: »Es kommt, wie es kommt. Und
wenn ich rausfliege, dann suche ich mir halt was anderes.« Wer diese Haltung nicht hat, klammert sich ängstlich an jeden Strohhalm,
sucht täglich den Vorgesetzten heim und fleht ihn um Sicherheit an. Die kann er dem Mitarbeiter aber auch
Weitere Kostenlose Bücher