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Die Weiterbildungsluege

Titel: Die Weiterbildungsluege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gris
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nicht geben. Denn
     er selbst weiß auch nicht, ob er morgen noch da ist. Und weil so viel Unsicherheit vorherrscht, gibt es im Kollegenkreis Zyniker,
     die das »Eene-meene-Muh-Spiel« spielen. Ein Gruppenleiter berichtete mir, wie er solch einen sarkastischen Witzbold auf frischer
     Tat ertappte. Der Mann hatte läuten hören, dass aus Kostengründen ein Viertel des Personals abgebaut werden sollte. Um schon
     mal die Auswirkungen in der Abteilung sichtbar zu machen, zählte er im Kollegenkreis ab: »1, 2, 3, und du bist die 4.« Wem
     da nicht der Kloß im Hals sitzt, wenn er so plastisch angezählt wird, muss klinisch tot sein.
    Seminare sind hier fehl am Platz. Es braucht die richtigen Leute, die mit so etwas umgehen können. Schulung dauert viel zu
     lange und – so wissen Sie ja bereits – trägt ohnehin keine Früchte, wenn die falschen Leute unterrichtet werden oder die Zeit
     für die Umsetzung fehlt. Hier schließt sich der Kreis und wir sind wieder bei den bekannten psychologischen Gesetzen der Veränderung
     angekommen.
    |156| Pseudomaßnahmen:
Wenn Weiterbildung Augenwischerei ist
    Es ist schon schizophren: Da wird für etwas Geld ausgegeben, weil man Kosten sparen will. Natürlich muss man das aus langfristiger
     Perspektive sehen. Aber der Reihe nach. Begonnen hatte alles mit einem neuen Bereichsleiter, der einen Trainerkollegen von
     mir hinzuzog. Er erlebte die folgende Begebenheit: »Haben Sie mal in das Großraumbüro nebenan geschaut?« Der Mann grinste
     und gab den Blick auf seine Zähne frei. Er war kein Mann, der lange Federlesens machte. Nur bei einer Sache, da hatte er ein
     Problem. Ihm waren die Hände gebunden. Wie so vielen Managern. »Wenn ich nur könnte, wie ich wollte«, meinte er, »aber wir
     haben so einen starken Betriebsrat.« Mein Kollege verstand noch nicht. »Kommen Sie mal mit.« Die beiden gingen einige Türen
     weiter. Sein Blick streifte durch das besagte Großraumbüro. Es roch streng nach einem Gemisch aus Schweiß und den Ausdünstungen
     der PC-Technik. An Tischinseln saßen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verschiedenen Alters. Insgesamt 24. Einige telefonierten.
     Andere hatten sich hinter ihren Bildschirmen vergraben. Es war der telefonische Innendienst. In der Historie des Unternehmens
     hatte diese Abteilung schon verschiedene Telefonaufgaben übernommen: Marktforschung, Telefoninkasso, Support für den Außendienst,
     Betreuung von Erstkunden und aktive Kundenansprache. Eigentlich alles, was man an Telefonaten mit Kunden führen kann. »Von
     denen hat keiner vertrieblichen Biss«, erklärte der Leiter nüchtern. Offensichtlich telefonierten sie, als hätten sie eine
     Hand auf den Rücken gefesselt und ein Ohr in der Schlinge. Die täglichen Kundenkontakte waren unterdurchschnittlich. Aber
     auch sonst war die Abteilung nicht sehr erfolgreich, wie der Bereichsleiter meinem Kollegen weiter schilderte. Für ihn kamen
     zwei Faktoren zusammen, weshalb er die Abteilung lieber heute als morgen schließen würde. In seinen Augen war sie ein ärgerlicher
     Kostenblock. Einmal wegen der Mitarbeitergehälter, zum anderen, weil |157| er die Zukunft des Unternehmens in einem ausgebauten Außendienst sah. »Ich glaube nicht, dass wir mit Direktverkauf am Telefon
     unser Geschäft machen. Wir müssen mehr draußen beim Kunden präsent sein.« Der Fall war also klar. Doch was sollte der Trainerkollege
     tun, wenn die Schließung der Abteilung eigentlich schon klar war? Die Antwort kam prompt: »Ich muss nachweisen, dass mit der
     Abteilung wirklich kein Pfifferling zu holen ist.« Einige Schritte dazu waren bereits getan. Er hatte einen neuen Abteilungsleiter
     eingestellt. Der sollte den Laden auf Vordermann bringen, fuhr aber mit angezogener Handbremse, weil ein Großteil der Truppe
     die Agilität eines alten Mütterchens am Krückstock aufbrachte. Eine weitere Initiative war, dass der neue Abteilungsleiter
     ein sogenanntes Rennpferd eingekauft hatte. Einen Mitarbeiter, der zumindest vom Auftreten und seinem Potenzial dem Bild eines
     geeigneten Mitarbeiters entsprach. Doch der kam in der Gruppe auch nicht so recht in Tritt. Geschweige denn, dass er die anderen
     in ihrer Leistungsbereitschaft beflügelte. Schließlich erfolgten diverse Umstrukturierungen, damit es mehr Zeit für die aktive
     Kundenansprache am Telefon gab. So richtig gebracht hatte alles nichts. Am Ende der Legitimationskette stand nun noch ein
     Training auf dem Programm. Dabei ist zu erwähnen,

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