Die Weiterbildungsluege
den Anwender zu exzellentem Management und exzellenten Geschäftsergebnissen zu führen. Nach einem halben Jahr war
das Feuer der Begeisterung beim Top-Management erloschen. EFQM war nicht mehr unter den Top 3 der Prioritäten. Verständlicherweise
kam dieser Sinneswandel bei den beteiligten Führungskräften nicht gut an. Einhellige Meinung war: »Wir sind zu den Kick-Offs
und den Workshops gegangen. Wir haben uns committet, etwas gemeinsam zu bewegen. Wir haben Wochen gearbeitet, und dann geht
es nicht weiter.« Aus EFQM-Sicht also ein glatter Blattschuss in Hinblick auf Business Excellence. Das Thema ist tot – es
lebe die Geldverschwendung. Doch zum Nachdenken ist keine Zeit. Der Markt fordert seinen Tribut.
Rechts überholt:
Mit »100 Sachen« an der Personalentwicklung vorbei
Im Jahr 2005 brach ein neues Zeitalter an. Ein Begriff eroberte in Windeseile den deutschen Markt, weil er den Tarifdschungel
vereinfachte: Flatrate. Eine Summe und endlos telefonieren. Ein Mobilfunkanbieter setzte darauf seine ganze Marketingpower.
Die Wettbewerber konnten am Pauschalpreis nicht vorbei und zogen blitzartig nach. Bald gab es nicht nur Flatrate-Telefonieren,
sondern auch Flatrate-Internetsurfen. Und schließlich entstanden sogar die – besonders bei Jugendlichen beliebten – Flatrate-Partys,
auf denen zum Festpreis so lange Alkoholmissbrauch betrieben werden kann, bis der Arzt kommt. Die Flatrates waren bald kein |152| Unterscheidungsmerkmal mehr im Markt. Gute Ideen werden eben schnell kopiert. Irgendwann sind alle wieder auf der Nulllinie
im Kampf um den Kunden. Und genau diese Gesetzmäßigkeiten verursachen das hohe Tempo in den Firmen. Man muss Tritt halten.
Und wo es im Preiskampf kaum noch Spielraum gibt, ist es besser, sogar einen Schritt voraus zu sein. Weiterbildungsaktionen
hinken da stets hinterher. So sieht es auch der Personalleiter einer Versicherung: »Weiterbildung erfolgt oft als ›Reparaturbetrieb‹.«
Die Veränderungsgeschwindigkeit habe zugenommen. »Irgendwann stellen wir zum Beispiel fest: Hier hat sich viel verändert,
hier müssen wir ein multikulturelles Seminar dranhängen«, sagte der 44-Jährige. Doch während die Konzepte mit heißer Nadel
gestrickt werden, tobt das Leben draußen weiter.
Personalentwicklung ist für Top-Manager wie ein Lichtblitz am dunklen Himmel. Sie leuchtet kurz auf dem Unternehmens-Radar
auf, verschwindet aber ebenso schnell wieder von der Bildfläche. Denn es regieren Zahlen, Daten und Fakten. Kosten und Gewinne
sind die zentralen Größen. Um Oberwasser zu behalten wird nicht auf Weiterbildung gesetzt, sondern auf ständigen Wandel in
der Organisation. Strategieänderungen, Restrukturierungen, Fusionen, Auslagerungen und Stellenabbau gehören zum täglichen
Wahnsinn. In bestimmten Branchen, wie Telekommunikation oder IT, dreht sich die Welt so schnell, dass den Mitarbeitern schwindlig
wird. Von Orientierung kann keine Rede mehr sein. Unternehmensvisionen und -strategien verschwimmen. Führungskräfte und Mitarbeiter
fühlen sich, als würden sie in einem akuten Erdbebengebiet wohnen. Ständig kann es zu neuen Erschütterungen, Erdstößen und
Veränderungen der Landschaft kommen. Man weiß bloß nicht, wann, wie und in welchem Ausmaß. Wer in der Zentrifuge des dynamischen
Unternehmens seine Arbeit verrichtet, kann nicht auf Kontinuität zählen. Gerade eben traf ich eine Führungskraft, die mir
erzählte: »Ich habe in diesem Monat fast 50 Organigramme gemalt, um der Situation von anstehenden Restrukturierungen Rechnung
zu tragen.« Die geschundene Spezies |153| der Personalentwickler wittert in diesen turbulenten Zeiten Morgenluft. Als weltfremde Fuzzis verschrieen, die aus der Verwaltungsecke
kommen, möchten sie gerne wie Supermann aus den lauen Lüften auftauchen und zum Strategiepartner auf Top-Management-Ebene
avancieren. Begründung: Wir kennen uns mit Menschen aus und wissen, was sie unter den sich ständig ändernden Umfeldbedingungen
brauchen, um die Kurswechsel der Unternehmen zu stützten. Und wenn es auf Top-Management-Ebene einen entsprechenden Promotor
gibt, der ein offenes Ohr für diese Abteilung hat, wird dieser Wunsch Wirklichkeit. Bloß nicht zum Wohle der Firma. »Alles
wird ganz groß aufgezogen und dann ganz schnell wieder über Bord geworfen«, berichtete mir eine Personalentwicklerin. Das
Problem ist nämlich, dass die schnelllebige Zeit nicht mit den Erfordernissen für
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