Die Weiterbildungsluege
die Kosten.
|211| Profitbremse: Die Kosten sind glasklar
Wie gut sich die Kosten von Weiterbildung messen lassen, wird schon daran sichtbar, dass es hierzu etliche Kennzahlen gibt.
Sie lauten typischerweise: Investition pro Mitarbeiter, Investition pro Abteilung/Bereich, Gesamtinvestition in die Weiterbildung,
Bildungsaufwand im Verhältnis zum Umsatz, Seminartage im Verhältnis zur Arbeitszeit, Kosten pro Teilnehmer und Mitarbeiter,
durchschnittliche Kosten pro Seminartag. Ideen für Kennzahlen gibt es genug, wie auch der Fachartikel »Im Rahmen des Messbaren«
aufzeigt, in dem zehn mögliche Indikatoren für den Erfolg einer Qualifizierungs– und Weiterbildungsmaßnahme genannt werden,
wie zum Beispiel Anzahl der Teilnehmer mit Wissenszuwachs, Anzahl der Teilnehmer mit Einstellungsänderungen oder Prozent der
Teilnehmer, die an Folgeveranstaltungen interessiert sind. 80 Fehlt eigentlich nur noch die Kennzahl: Kosten des Personalers für die Erstellung der Kennzahlen.
Weiterbildung schmälert den Profit. Das erkennt man daran, wie schnell Qualifizierungsbudgets zusammengestrichen werden, wenn
die Umsatzzahlen nicht stimmen. Der Strategieberater Hans-Werner Schönell sagt dazu: »An der Bereitwilligkeit der Unternehmen,
ihre Mitarbeiter weiterzubilden, lässt sich zuverlässig die Konjunktur ablesen.« 81 Und das bedeutet, dass die Firmen nicht an den Nutzen von Weiterbildung glauben, sondern immer dann die Euros aus der Firmenkasse
herausholen, wenn sie nicht wissen, was sie mit dem ganzen Geld machen sollen. Zudem ist Weiterbildung ein Affront gegenüber
den Steuerbehörden. Man wirft lieber etwas vom Profit dem Weiterbildner in den Rachen als dem unersättlichen Finanzamt.
Aber wehe, die Ertragslage ist mau. Dann wird die Firmenflagge auf Halbmast gehängt und für die Personalentwicklung heißt
es, den Gürtel enger zu schnallen. Von heute auf morgen geht es dann nicht mehr auf die Burg zum Führungstraining, sondern
in die Jugendherberge, oder man bleibt am besten gleich in den eigenen |212| blassgrauen Firmenräumen. Plötzlich wird die örtliche Volkshochschule für die berufliche Weiterbildung glorifiziert. Und wenn
die Firmenkassen nicht mehr viel hergeben, dann lässt man die Weiterbildung eben komplett weg. Komischerweise vermisst sie
keiner. Nur ab und zu erhebt sich ein Stimmchen, »das es doch schön wäre, wenn …«. Und mancher erinnert sich noch an die Zeit,
als es einen eigenen Trainer in der Firma gab. Aber eigentlich fehlt nichts. Weiterbildung kostet ohnehin nur wertvolle Arbeitszeit
– und viel zu oft auch noch die eigene Freizeit.
Ich kann verstehen, dass sich Unternehmen in Zeiten knallharter Kostenkalkulation so verhalten. Schaut man sich die Aufwendungen
für Weiterbildung in der Praxis an, kommen schnell horrende Summen in Höhe von 20 000 bis 100 000 Euro zusammen. Nach oben
ist kein Ende auf der Richterskala erkennbar. Wen wundert es, wenn der Kopf eines kaufmännisch orientierten Geschäftsführers
angesichts dieser Beträge vorübergehend die Farbe seiner Krawatte annimmt.
Eine Studie des Statistischen Bundesamtes zur betrieblichen Weiterbildung listete Anfang August 2007 auf, wie viel Geld die
Betriebe in den einzelnen Branchen pro Seminarteilnehmer im Jahr 2005 ausgaben. Erhoben wurden die Daten im Auftrag der Europäischen
Union Anfang 2006 unter 10 000 deutschen Betrieben mit mindestens zehn Beschäftigten. Im Durchschnitt waren es branchenübergreifend
1 697 Euro pro Teilnehmer. Die Spitzenposition nimmt dabei das Kredit- und Versicherungsgewerbe mit 2 667 Euro pro Teilnehmer
ein. Schlusslicht ist das Gastgewerbe mit 832 Euro pro Teilnehmer. 82
Bei einem Versandhandelsunternehmen habe ich einmal erlebt, wie ein Performance-Managementsystem eingeführt wurde. Künftig
sollten alle Mitarbeiter mit Zielen geführt werden und das Ausmaß ihrer Erreichung an einen variablen Gehaltsanteil gekoppelt
sein. Um die etwa 50 Führungskräfte für diesen Wandel zu wappnen, war ein modulares Führungskräfteentwicklungsprogramm vorgesehen.
Es bestand aus vier |213| Trainingsmodulen, die über ein dreiviertel Jahr verteilt waren. Jedes Modul umfasste zwei Tage mit insgesamt 16 Zeitstunden
Seminarzeit. Die Lerninhalte betrafen Führungskultur, Change Management, Zielvereinbarungen, Leistungsrückmeldung und Konfliktgespräche.
Im Zuge der Kostenkalkulation wurden verschiedene Szenarien durchgerechnet, die Sie gleich selbst
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