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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Lager.
    »Willst du dem Papst nicht entgegenschreiten?«, fragte Judith verwundert.
    »Nein«, erwiderte Ludwig kalt und erhob sich. »Wir werden uns an die Spitze unseres Heeres stellen und ihn da empfangen. Komm mit.«
    Neben dem Kaiser stehend, beobachtete sie die kleine Gruppe auf ihrem Weg übers Feld. Judith wunderte sich nicht, Erzbischof Agobard von Lyon an des Papstes Seite zu sehen.
    Gregor IV. verzog keine Miene, als er auf den Kaiser zu trat und ihm den Segen erteilte.
    »Heiliger Bischof«, erklärte Ludwig, »du wunderst dich, weshalb wir dich nicht auf die Weise der alten Könige mit Gesang, Lobpreisungen und anderen deiner Würde angemessenen Ehrenbezeugungen empfangen? Nun, das liegt daran, dass auch du nicht so zu uns kommst, wie deine Vorgänger zu den meinen zu kommen pflegten.«
    »Mein Sohn«, erwiderte Papst Gregor, ohne Judith auch nur eines Blickes zu würdigen, »wisse, dass wir um der Eintracht und des Friedens willen gekommen sind, den der Heiland uns hinterlassen hat und den zu predigen meines Amtes ist. Wenn du uns und den Frieden annimmst, Kaiser, wird er auf euch und eurem Reiche ruhen. Wenn nicht, wird sich der Friede Christi zu uns zurückwenden und bei uns bleiben.«
    »Amen«, sagte Ludwig, weil ihm dazu keine andere Erwiderung einfiel. Er geleitete den Papst zum Lager, ließ ihm ein Zelt anweisen, nahm Geschenke entgegen, erwiderte diese und lud dann zur späteren Beratung in sein eigenes Zelt ein.
    Judith, nicht gewohnt wie Luft behandelt zu werden, begab sich währenddessen in die Höhle des Löwen. Sie näherte sich der vor dem Zelt des Papstes wartenden Gruppe der Bischöfe.
    »Erzbischof Agobard!«
    Unwillig wandte sich ihr der kleine magere Mann zu. Judith wich den Giftpfeilen aus seinen Rosinenaugen nicht aus.
    »Ich habe mit dir zu sprechen.« Sie war die Kaiserin und hatte ein Recht darauf.
    »Nicht ich habe etwas mit der Kaiserin zu besprechen«, geiferte er, »sondern der Kaiser, der seinen Anspruch auf Herrschaft verwirkt hat, wenn er dem schändlichen und schädlichen Treiben seiner Frau keinen Einhalt gebietet. Die Rache Gottes wird ihn treffen wie schon den König Ahab, der sich von seiner Frau Isebel beherrschen ließ.«
    Damit wandte er sich ab und ließ Judith stehen. Zornesröte stieg ihr ins Gesicht. Wie konnte er es wagen, sie so zu behandeln! Noch dazu in aller Öffentlichkeit, vor ihrem zehnjährigen Sohn Karl, der jetzt verstört zu ihr aufblickte. Wutschnaubend kehrte sie in ihr Zelt zurück, lehnte Annas Vorschlag, das Marderfell endlich am Saum zu befestigen, ab und ließ Ruadbern zu sich rufen.
    »Die Verwerflichkeit, die Schändlichkeit meines Tuns besteht einzig darin, dass ich dem Kaiser einen Sohn geschenkt und darauf geachtet habe, dass dieser bei der Verteilung des Reichs nicht leer ausgeht. Damit er nicht nach dem Tod des Vaters in ein Kloster abgeschoben wird – wie das König Pippin und Kaiser Karl mit ihren Brüdern zu tun pflegten«, schnaubte sie, als Ruadbern ihr gegenüber Platz nahm. »Als Wurzel des Übels, als die mich dieser grauenvolle Agobard unablässig bezeichnet, wird man mich nicht in das Beratungszelt lassen.«
    »Mich wahrscheinlich auch nicht«, gab Ruadbern zu bedenken, der begriff, worauf Judith hinauswollte.
    »Zeltwände sind dünn! Sieh zu, dass dein Ohr ihnen nahe kommt. Ich muss wissen, was besprochen wird, um Ludwig vernünftig raten zu können.«
    Ruadbern zögerte. »Der Kaiser wird dir gewiss doch alles berichten«, meinte er.
    »Ja, hinterher! Wenn es vielleicht schon zu spät ist! Er darf sich nicht dazu überreden lassen, die Ordinatio imperii wiederherzustellen, Karl sein Königreich Aquitanien wieder wegzunehmen …« Sie war den Tränen nah.
    »Schon gut, Judi, ich werde hinter dem Zelt Wache halten und dir berichten. Sei nicht traurig, freu dich lieber darüber, dass jetzt nicht gekämpft, sondern verhandelt wird!«
    So recht freuen konnte sich Judith darüber nicht. Eine rasche Entscheidungsschlacht wäre ihr lieber gewesen. Sie war überzeugt, das besser ausgerüstete Heer des Kaisers würde über die Truppen seiner Söhne siegen, und weigerte sich, über ein für sie nachteiliges Ausgehen des Kampfes überhaupt nur nachzudenken.
    Die Verhandlungen mit dem Papst, der als Lothars Mittler auftrat, zogen sich etliche Tage hin. Judith wurde sehr unruhig, als sie den regen Verkehr zwischen den Lagern der drei Söhne und des Kaisers beobachtete. Wenn Ludwig abends müde in das gemeinsame Zelt zurückkehrte,

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