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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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des Grafen von Toulouse, der sich mit seinem Rat am Hof unentbehrlich macht, wird von Kaiser Ludwig zum Grafen von Barcelona ernannt.
    Erzbischof Ebbo von Reims reist in den Norden, um die Dänen zum christlichen Glauben zu bekehren. Er steht unter dem Schutz des Harald Klak, und so gelingt es ihm, eine Anzahl von Dänen zur Taufe zu bewegen. Das verärgert die beiden Könige, die sich mit Harald den Thron teilen. Sie drohen an, Harald Klak zu vertreiben, sollte er nicht gegen die Verbreitung der fränkischen Lehre in Dänemark vorgehen.
    Die Jahre 823 und 824
    »Der Kaiser wird nicht beglückt sein, dass du in deinem Zustand ausreitest«, warnte Ruadbern.
    »Er ist auf der Reichsversammlung, und du kannst dich bei deinen Späherdiensten ja auch zurückhalten«, erwiderte Judith unwirsch und zügelte ihren Zelter. »Ein langsamer Ausritt wird dem Kind weniger schaden als die schlechte Luft, die ich in meiner Kammer einatme!«
    Anfangs hatte sie über Ludwigs übertriebene Fürsorge gelächelt und sich in den kalten, dunklen Wintermonaten gefreut, dass er ihretwegen die Frankfurter Pfalzgebäude freundlicher hatte einrichten lassen. Doch mit den ersten Strahlen der Frühlingssonne kam Unruhe in ihr auf. Es genügte ihr nicht mehr, sich zu Fuß in der staubigen Umgebung der Pfalzgebäude zu ergehen. Sie sehnte sich nach Bäumen, Feldern und einem weiten Blick über die erwachende Landschaft. Anfang Mai forderte sie Ruadbern auf, ihr ein Pferd satteln zu lassen. Da Judith vernünftigen Ratschlägen kein Gehör schenkte, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, führte er ihr den sanftesten Zelter des kaiserlichen Marstalls zu und bestand darauf, sie auf ihrem Ausritt zu begleiten.
    »Wir sollten jetzt umkehren«, schlug Ruadbern nach einer Stunde vor.
    Judith schirmte die Augen gegen die Morgensonne ab und deutete geradeaus. »Erst bei dem Gehöft dort drüben«, bestimmte sie, kniff die Lider zusammen, um besser sehen zu können, und fragte: »Was tun denn all die Menschen dort auf dem Feld?«
    »Wahrscheinlich arbeiten«, erklärte der Knabe.
    »Das glaube ich nicht. Sieh doch, es ist eine richtige Versammlung! Pflug und Ochsen stehen ungenutzt daneben. Da ist irgendetwas geschehen. Komm, lass uns nachschauen!«
    Obwohl sie Ruadbern zugesichert hatte, sich nur auf vorgezeichneten Straßen zu bewegen, lenkte sie ihr Pferd jetzt quer übers Feld. Seufzend folgte ihr der Knabe.
    Tatsächlich handelte es sich um eine Versammlung, wie Judith beim Näherkommen erkannte, und sie wurde von dem Frankfurter Pfalzgrafen geleitet.
    Er kam Judith zu Fuß entgegen, begrüßte sie ehrerbietig, erklärte, er habe hier soeben Gericht gehalten und empfehle der Kaiserin dringend, der Vollstreckung des Urteils nicht beizuwohnen.
    Neugierig geworden, glitt sie aus dem holzversteiften Sattel.
    »Wie lautete die Anklage?«, fragte sie und stapfte trotz der gemurmelten Bitte des Pfalzgrafen, doch lieber umzukehren, auf die große Gruppe Menschen zu.
    »Landraub«, erwiderte er. »Der Mann ist beim Versetzen des Grenzsteins zum Nachbargrundstück auf frischer Tat erwischt worden.«
    »Ein schweres Verbrechen«, sagte Judith nickend. »Wie habt Ihr geurteilt?«
    »Seht selbst«, sagte der Pfalzgraf, der begriffen hatte, dass er Judith nicht aufhalten konnte. Er rief der Menschenmenge zu, die Kaiserin zu ehren, und befahl, Platz zu schaffen. Dann deutete er zwischen den in tiefer Verneigung verharrenden Körpern auf etwas am Boden, das einem verfaulten Kohlkopf glich.
    »Gott im Himmel!«, rief Judith entsetzt, als sie genauer hinsah und einen menschlichen Kopf mit verzottelten schwarzen Haaren ausmachte.
    »Ihr habt ihn geköpft?«
    In dem Augenblick öffnete der Kopf am Boden den Mund und stieß ein heiseres Geheul aus. Judith wäre vor Schreck gestürzt, hätte der Pfalzgraf sie nicht rechtzeitig am Arm gepackt. Sie fasste sich schnell wieder, riss sich los, trat auf den Kopf zu und bückte sich zu ihm nieder.
    Der Mann war bis zum Kinn in die Erde eingegraben. Sein Gesicht hatte kaum noch menschliches Aussehen. Das Blut am halb abgerissenen Ohr war schwarz geronnen und ein Auge durch Vogelkot verklebt, der eine weiße Spur auf dem Dreck der Wange gezogen hatte.
    Sprachlos wandte sich Judith um und blickte zum Pfalzgrafen auf, der an ihre Seite geeilt war. Sie ignorierte seine ausgestreckte Hand und blieb neben dem Kopf hocken.
    »Nach einem Tag in der Erde wird dieser Dieb jetzt seiner gerechten Strafe zugeführt«, erklärte der

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