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Die Welle

Titel: Die Welle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morton Rhue
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Die Exemplare der Schülerzeitung waren noch nie so schnell unter die Leute gebracht worden wie an diesem Tag. Es entstand eine mächtige Unruhe in der Schule. Nur wenige hatten bis jetzt von dem Mitschüler gehört, den man zusammengeschlagen hatte, und selbstverständlich kannte noch keiner die Geschichte des anonymen Briefschreibers. Aber sobald diese beiden Artikel in der Zeitung erschienen, liefen auch andere Geschichten um. Geschichten von Bedrohungen und Erpressungen gegen Schüler, die aus irgendeinem Grund der Welle Widerstand leisteten.
    Es liefen auch noch andere Gerüchte um. Danach sollten am Morgen Lehrer und Eltern im Büro von Direktor Owens gewesen sein, um sich zu beschweren, und die Mitglieder des Schulrats hatten begonnen, Schüler zu befragen. Auf dem Pausenhof und in den Klassen herrschte eine unbehagliche Stimmung.
    Im Lehrerzimmer legte Ben Ross sein Exemplar der Schülerzeitung aus der Hand und strich sich mit den Fingerspitzen über die Schläfen. Plötzlich hatte er entsetzliche Kopfschmerzen. Irgendetwas war schief gegangen, und Ross hatte das deutliche Gefühl, er müsse sich deswegen Vorwürfe machen. Es war entsetzlich und unglaublich, dass man diesen Jungen zusammengeschlagen hatte. Wie konnte man ein Experiment mit solchen Auswirkungen verteidigen?
    Überrascht stellte er fest, dass auch die deutliche Niederlage der Footballmannschaft gegen Clarkstown ihn störte. Eswar schon merkwürdig, dass diese Niederlage ihn überhaupt beschäftigte, obwohl er sich gar nicht für Football interessierte. War es wegen der Welle? Im Laufe der letzten Woche hatte er angefangen zu glauben, wenn das Footballteam ein gutes Ergebnis erzielte, so könnte das eine starke Wirkung auf den Erfolg der Welle haben.
    Aber seit wann wünschte er sich eigentlich einen Erfolg der Welle? Erfolg oder Fehlschlag der Welle waren doch nicht Ziel des Experiments. Er hatte sich eigentlich nur für das zu interessieren, was seine Schüler daraus lernten.
    Im Lehrerzimmer hing eine Hausapotheke, die praktisch alle jemals erfundenen Kopfschmerzmittel enthielt. Einer von Bens Freunden hatte ihm einmal erzählt, unter den Ärzten gebe es die höchste Selbstmordrate, unter den Lehrern die höchste Kopfschmerzrate. Ben schüttelte drei Tabletten aus der Röhre und ging zur Tür, um etwas Wasser zu holen.
    Aber als er die Tür gerade erreicht hatte, blieb Ben stehen, weil er Stimmen draußen auf dem Gang hörte: Norm Schillers Stimme und die eines anderen Mannes, die er nicht erkannte. Jemand musste Norm gerade in dem Augenblick aufgehalten haben, als er das Lehrerzimmer betreten wollte. Jetzt stand er vor der Tür und redete mit jemand anderem.
    Ben hörte von innen zu.
    »Nein, diese Welle war überhaupt nichts wert«, sagte Schiller. »Natürlich, die Jungen sind aufgeputscht worden und haben geglaubt, sie könnten gewinnen. Aber auf dem Spielfeld konnten sie das eben nicht in die Tat umsetzen. AlleWellen der Welt sind nicht so gut wie ein paar tüchtige Spieler. Es gibt keinen Ersatz dafür. Man muss das Spiel einfach von Grund auf beherrschen.«
    »Also, wenn Sie mich fragen, hat Ross diese Kinder einer richtigen Hirnwäsche unterzogen«, sagte der noch unbekannte Mann. »Ich weiß nicht, was zum Teufel noch mal er sich dabei denkt, aber es gefällt mir jedenfalls nicht. Und es gefällt auch keinem der anderen Lehrer, mit denen ich gesprochen habe. Woher nimmt er sich eigentlich das Recht dazu?«
    »Danach dürfen Sie mich nicht fragen«, antwortete Schiller.
    Die Tür des Lehrerzimmers öffnete sich langsam, und Ben zog sich schnell in die Toilette neben dem Lehrerzimmer zurück. Sein Herz klopfte schnell, und sein Kopf schmerzte noch mehr als zuvor. Er spülte die drei Aspirin hinunter und vermied es, sich selbst im Spiegel anzuschauen. Fürchtete er sich vor dem, den er dann sehen könnte: einen Lehrer an der High School, der versehentlich in die Rolle eines Diktators geschlüpft war?
     

David Collins konnte es noch immer nicht verstehen. Für ihn war es zunächst einmal völlig unerklärlich, wieso nicht alle sich der Welle angeschlossen hatten. Wäre es anders gewesen, dann hätte es gar nicht zu diesen Ausschreitungen kommen können. Sie hätten alle als Gleiche, als Teamgefährten zusammengelebt. Es gab zwar einige, die lachten und sagten, die Welle habe jedenfallsdem Footballteam am Samstag nicht sehr geholfen, aber was erwarteten die denn eigentlich? Die Welle war schließlich

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