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Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Titel: Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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den Piraten zu tun hatte, aber dazu war sie zu stolz. Seltsam erschien ihr nur, wie unvermittelt er sie mit Freibeutern in Verbindung brachte.
    »Sir, habt Ihr auch einen Namen?«, fragte sie geradeheraus.
    Der Geisterhändler schmunzelte. »Den einen oder anderen.« Aber er nannte ihr keinen, sondern wandte sich wieder an Munk. »Ich hoffe, deiner Familie geht es gut. Dein Vater ist nicht hier?«
    »Er ist heute Morgen auf die Bergkuppe gestiegen, noch im Dunkeln. Aber er muss gesehen haben, dass du an Land gegangen bist. Er kommt sicher gleich.«
    Unter seinem geschlossenen Umhang zog der Händler etwas hervor, das Jolly weitere Rätsel aufgab: einen silbernen Metallreif, schmaler als ihr kleiner Finger, aber mit dem Durchmesser eines großen Tellers. Er ließ ihn an der rechten Hand am Körper baumeln, während er gemeinsam mit ihnen über den Strand und durch den Dschungel zur Farm ging.
    »Was macht die Magie?«, fragte er Munk auf halbem Weg. »Irgendwelche Fortschritte?«
    Munk seufzte. »Keine erwähnenswerten.«
    »Das wird schon noch. Geduld ist der Prüfstein allen Zaubers.«
    Jolly gab sich keine Mühe, ihren Argwohn zu überspielen. »Ihr kennt Euch aus mit Muschelmagie?«
    »Ich vermag nicht selbst, sie zu wirken, wenn du das meinst. Aber, ja, ich weiß das eine oder andere darüber.«
    »Er hat mir gezeigt, wie es geht«, sagte Munk stolz.
    »Das stimmt nicht«, widersprach der Händler. »Ich habe dir nur erzählt, was es damit auf sich hat - zeigen kann ich dir nichts, dazu fehlt mir dein Talent.«
    Er klang sehr ernst, während er das sagte, ohne jede Spur von Ironie.
    Munks Mutter erwartete sie auf der Veranda. Sie hatte mehrere Tonbecher, eine Flasche Rum und einen Krug Wasser auf den Tisch gestellt, außerdem ein Holzbrett mit Brot und Ziegenkäse. Sie begrüßte den Geisterhändler zurückhaltend, aber nicht unfreundlich. Die beiden tauschten ein paar höfliche Belanglosigkeiten aus: Wie die Überfahrt gewesen sei, was das Geschäft mache, ob es Neuigkeiten aus der Welt dort draußen gebe.
    »Die Anzeichen für einen Angriff der Spanier auf New Providence mehren sich«, sagte der Geisterhändler. »Der Vizekönig hat eine Armada ausgesandt, auch wenn sie noch keiner gesehen hat. Zumindest keiner, mit dem ich gesprochen habe.«
    Munks Vater kam vom Berg herunter, und bald saßen alle am Tisch und frühstückten gemeinsam. Trotz seiner asketischen Erscheinung aß der Geisterhändler doppelt so viel wie alle anderen. Hin und wieder brach er ein Stück Brot oder Käse ab und reichte es seinen Papageien. Jollys Gefühl sagte ihr, dass Hugh und Moe keine gewöhnlichen Vögel waren, so wie der Geisterhändler gewiss kein gewöhnlicher Mann war. Weshalb nur hatte Munk so großes Zutrauen zu ihm gefasst, dass er ihm sogar sein größtes Geheimnis offenbart hatte?
    Als erriete der Geisterhändler, was ihr durch den Kopf ging, griff er mit einem Mal unter seinen Mantel und zog drei polierte Muscheln hervor, eine ungewöhnlicher als die andere. »Die hätte ich fast vergessen«, sagte er mit einem Zwinkern seines einen Auges und reichte sie Munk. Der strahlte übers ganze Gesicht, bedankte sich und legte sie vorsichtig in seine Gürteltasche. Sein Vater beobachtete es mit sichtlichem Missfallen, sagte aber nichts.
    Den Rest des Essens lauschten sie den Berichten des Händlers, und zumindest eines musste Jolly ihm zugestehen: Er konnte Geschichten erzählen wie kein anderer.
    Selbst die belanglosesten Neuigkeiten vermochte er auszuschmücken wie eine Heldensage, ohne dass man das Gefühl bekam, er böge sich die Wahrheit zurecht oder erfinde irgendetwas dazu.
    »Ihr seid noch immer ein wunderbarer Erzähler«, sagte auch Munks Mutter nach einer Weile. Sie war während des Gesprächs merklich aufgetaut, im Gegensatz zu ihrem Mann, der weiterhin kühlen Abstand hielt.
    Der Händler zuckte die Achseln. »Lange Erfahrung. Und vielleicht Veranlagung, wer weiß.«
    Die Männer gingen bald darauf zum Geschäftlichen über, was sich im Großen und Ganzen darauf beschränkte, dass Munks Vater erklärte, er sei derzeit nicht an weiteren Geistern interessiert. Dass sie die Insel bald verlassen wollten, erwähnte er nicht.
    »Aber ich habe wirklich hervorragende neue Exemplare dabei«, pries der Geisterhändler seine unsichtbare Ware an. »Prinzessinnen aus dem Fernen Osten, Heldengeister aus dem eisigen Norden und weise Männer aus allen Himmelsrichtungen. Nicht zu vergessen tüchtige Arbeiter aus den -«
    »Gewiss«,

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