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Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Titel: Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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besonders in den nächsten Tagen.«
    Er bemerkte Jollys hochgezogene Augenbraue und setzte mit einem Lächeln hinzu. »Die Spanier werden ihre Drohung wahr machen, vermutlich schon bald. Ihr seid hier weit fort von New Providence, aber wer weiß, vielleicht spürt ihr die Wogen all diesen Übels noch hier draußen.«
    Jolly und Munk sahen zu, wie der Mann an Bord kletterte, die Segel setzte und das Boot mit erstaunlicher Geschwindigkeit zwischen den Riffs hindurch aufs offene Meer hinausmanövrierte.
    Dabei war am Strand nicht ein Windhauch zu spüren.
    »Ich dachte, du wolltest ihn fragen, ob er dich mitnimmt«, sagte Munk. Hoffnungsvoll setzte er hinzu:
    »Oder hast du dir’s anders überlegt?«
    Jolly schüttelte den Kopf. »Ich hab eine bessere Idee.«
    »Ach ja?«
    »Wir folgen ihm.«
    Munk starrte sie an. »Wir tun was?«
    »Irgendwas stimmt nicht mit ihm. Erzähl mir nicht, das wäre dir nicht auch aufgefallen. Glaubst du allen Ernstes, er befährt mit dieser Nussschale die ganze Karibik?«
    »Er lügt mich nicht an. Bestimmt nicht.«
    »Aber vielleicht sagt er auch nicht die ganze Wahrheit.«
    »Wenn da draußen noch irgendwo ein größeres Schiff läge, hätte mein Vater es vom Aussichtspunkt aus gesehen.«
    Jolly kniff die Lippen zusammen und überlegte.
    »Ja«, sagte sie dann, »wahrscheinlich schon. Trotzdem: Lass uns ein Stück hinter ihm herlaufen.«
    »Er wird uns sehen.«
    »Nicht, wenn der Abstand groß genug ist.«
    »Wenn doch, wird er wütend werden.«
    »Ich denke, er ist dein Freund?«
    »Nicht mehr, wenn ich ihm nachschnüffele.«
    Jolly seufzte. »Dann geh ich eben allein. Wahrscheinlich würdest du mich da draußen sowieso nur aufhalten.«
    Ärger glomm in Munks Augen auf. »Ich bin genauso eine Quappe wie du!«
    »Aber du hast kaum Erfahrung damit, auf dem offenen Meer zu laufen. Die Wellen werden dich umwerfen.«
    »Werden sie nicht!«
    Sie behielt aus dem Augenwinkel das Boot des Geisterhändlers im Blick, das jetzt nur noch ein weißer Tupfen auf dem endlosen Blau war. »Dann hast du jetzt Gelegenheit, es zu beweisen.«
    Und damit sprang sie über die Brandung hinweg, kam zwischen zwei Wellen auf und rannte los.
    Ihre Befürchtung war richtig gewesen: Munk hielt sie tatsächlich auf. Doch sie beschwerte sich nicht darüber. Ohnehin durften sie nicht allzu schnell laufen, damit sie nicht zu nahe an das Boot herankamen und womöglich entdeckt wurden.
    Munk hatte Schwierigkeiten, auf dem schwankenden Untergrund das Gleichgewicht zu halten. Mehrfach stolperte er oder machte den Fehler, entgegen der Strömung auf einen Wellenkamm zu treten, der ihn beinahe nach hinten umriss. Dennoch gab er sich allergrößte Mühe, auch das war offensichtlich, und Jolly musste ihn nur ein einziges Mal festhalten, als er zu stürzen drohte; die anderen Male fing er sich aus eigener Kraft. Mit der Zeit wurde er ein wenig sicherer, und bald achtete Jolly wieder mehr auf das ferne Boot und nicht nur auf ihn.
    »Mein Vater hat uns bestimmt gesehen«, sagte Munk und warf einen Blick zurück zu dem einsamen Berg, der das Dschungeldach des kleinen Eilands überragte. Irgendwo dort oben hielt der Farmer gerade Ausschau nach fremden Schiffen - und musste stattdessen mit ansehen, wie sein Sohn und das Piratenmädchen abermals eines seiner Verbote missachteten.
    Jolly, sagte sie amüsiert zu sich selbst, du hast wirklich einen schlechten Einfluss auf diesen Jungen.
    Trotzdem konnte sie ihre Neugier nicht zügeln. Sie hatte ein schlechtes Gefühl bei diesem Geisterhändler. Er verschwieg ihnen etwas. Hatte sie Angst vor ihm? Er beunruhigte sie, gewiss, aber sie war immerhin eine Quappe, und zur Not konnte sie über das Wasser vor ihm davonlaufen.
    Und was, wenn er seine Geister auf sie hetzte?
    »He«, sagte Munk plötzlich, nachdem sie fast eine Stunde unterwegs waren, »schau dir das an.«
    »Ja, ich seh’s.«
    Am Horizont war eine breite, wabernde Nebelbank aufgetaucht, die rasch näher kam. Weiße Dunstarme wogten an ihren Rändern und schienen nach den Möwen am Himmel zu tasten. Der karibische Sonnenschein ließ sie in blendender Helligkeit erstrahlen. Das Boot des Geisterhändlers hielt genau darauf zu.
    »Sind das die Wolken, von denen dein Vater gesprochen hat?« Jolly hatte mehr als einen Zyklon erlebt, aber durch Nebel hatte sich keiner von ihnen angekündigt.
    »Wohl kaum.«
    »Ich hab’s gewusst!« Jolly beschleunigte triumphierend ihre Schritte. »Mit dem Kerl stimmt was nicht.«
    »Und das sagt

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