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Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Titel: Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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angenommen hatte. Ein schwarzes Hemd spannte sich über seinem breiten Brustkorb.
    Erst nach einem Augenblick drangen seine Worte wirklich zu ihr durch. »Klabauter?«, wiederholte sie alarmiert.
    Munk blieb wie angewurzelt stehen.
    »Ich würde weitergehen«, sagte der Geisterhändler.
    »Wenn du so ruhig dastehst, ermuntert sie das vielleicht zum Angriff. Kommt an Bord. Hier seid ihr sicher.«
    »Er hat Recht«, sagte Jolly verbissen, fasste Munk bei der Hand und zog ihn vorwärts.
    »Hast du auch welche gesehen?«, flüsterte er tonlos. »Klabauter, meine ich.«
    Ihr Blick fächerte über das Wasser, aber sie konnte nichts Verdächtiges entdecken. »Nein.«
    »Ich auch nicht. Glaubst du, er will uns nur einschüchtern?«
    »Hat er dazu noch Märchen über Klabauter nötig?«
    Schweigend überwanden sie das letzte Stück. Ein Geist, der genauso aussah wie die wabernden Helfer auf der Plantage, warf ihnen das Ende einer Strickleiter entgegen. Jolly kletterte zuerst, Munk folgte ihr flink.
    »Willkommen an Bord.« Der Händler kam ihnen entgegen, während der Geist die Leiter nach oben zog. »Mir war klar, dass ihr nicht mitkommen würdet, wenn ich euch darum gebeten hätte.«
    Munk wurde noch blasser. »Mitkommen? Wohin?«
    »Fort von der Insel.« Bedauern lag jetzt im Tonfall des Mannes. »Und von deinen Eltern, fürchte ich.«
    »Nie im Leben!«
    »Aber das war es doch, was du immer wolltest«, sagte der Händler, und Jolly gestand sich ein, dass ihr derselbe Gedanke gekommen war.
    »Ich gehe ganz bestimmt nicht einfach fort.« Munk drehte sich um und trat zurück an die Reling. Jolly konnte in seinen Augen die widerstrebenden Gefühle erkennen, Enttäuschung und auch Wut. »Die Leiter!«, rief er fordernd dem Geist zu, doch der bewegte sich nicht. Weitere Geister wehten jetzt über das Schiff, manche von unter Deck, andere aus der Takelage, wo sie von weitem nicht von Nebelfetzen zu unterscheiden waren.
    »Na gut«, sagte Munk, »dann eben nicht.«
    Er machte Anstalten, über die Reling zu klettern, aber Jolly sprang rasch dazu und hielt ihn zurück.
    »Warte. Lass uns erst mal hören, was er zu sagen hat.«
    Der Geisterhändler nickte ihr zu und kam näher.
    »Bitte, Munk, ich will euch nichts Böses, und ganz sicher habe ich nicht vor, euch gegen euren Willen zu entführen.«
    Munk zögerte, warf Jolly einen kurzen Blick zu und zog dann das Bein zurück aufs Deck. »Was willst du dann?«
    »Und was ist das für ein Schiff?«, fragte Jolly.
    »Ein ehemaliges Sklavenschiff«, sagte der Händler.
    »Die Mannschaft hat die meisten Männer und Frauen, die sie unter Deck eingepfercht hatte, verhungern lassen. Jene, die am Leben blieben, entschlossen sich zu einem Aufstand. Dabei haben sich Mannschaft und Sklaven gegenseitig aufgerieben, am Ende war keiner mehr am Leben. Das Schiff lief vor einer kleinen Insel auf Grund, wo ich es zwanzig oder dreißig Jahre später gefunden habe.«
    Jolly musterte ihn abschätzig. »Was Ihr mit den Geistern macht, ist nichts anderes als das, was die Sklavenhändler mit ihren Gefangenen tun.«
    »Aber ich habe sie ja nicht heraufbeschworen. Ich sammle nur jene ein, die ohnehin ruhelos umherspuken. Im Grunde sind sie froh, wenn sich jemand um sie kümmert und ihnen eine Aufgabe gibt.« Er lächelte, aber es war Sorge in diesem Lächeln und ein Anflug von Trauer. »Es geht jetzt nicht um die Geister, sondern um euch. Ihr beiden seid in großer Gefahr.« Sein Blick streifte Jolly. »Hätte ich geahnt, dass du eine Quappe bist… Mir scheint, ich habe einen Fehler gemacht. Ich habe immer nur auf die Farmer geblickt, statt auf euch Piraten.« Nach einem Kopfschütteln fuhr er fort: »Ich will euch helfen. Aber wenn ihr auf der Insel bleibt, werden sie euch finden. Und ich fürchte, es wird nicht mehr lange dauern. Die Zeichen mehren sich. Die Winde tragen Unruhe mit sich, und es liegt etwas in der Luft, das mir nicht gefällt.«
    »Wer wird uns finden?«, fragte Munk.
    Jolly machte einen Schritt auf den Geisterhändler zu. »Dieselben Männer, die der Maddy die Falle gestellt haben?«
    »Schlimmere als sie, obwohl sie auf derselben Seite stehen«, sagte der Einäugige. »Der Mahlstrom dreht sich wieder. Und er speit Diener aus, die ihm mit jeder Faser ihres Körpers zu Willen sind.«
    Jolly und Munk wechselten einen Blick. Mahlstrom? Diener? Wovon redete er?
    »Manches werdet ihr bald verstehen, wenn ich euch überzeugen kann, mit mir von hier -«
    Ein Klatschen unterbrach ihn.
    Alle drei

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