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Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Titel: Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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immun. Inzwischen hatte sie einen strengen, salzigen Geschmack im Mund, der nicht nur durstig machte, sondern ihr auf Dauer auch auf den Magen schlug. Es wäre wohl zu verrückt gewesen, wenn das Ganze überhaupt keine Nachteile gehabt hätte.
    »Auch daran gewöhnt man sich«, sagte Munk, als sie sich beklagte. »Aber es gibt noch ein paar andere Sachen, die unangenehm sind. Zum Beispiel der Wasserdruck. Zwar spüren wir ihn nicht wirklich, aber irgendwann bekommt man Rückenschmerzen, so als hätte man stundenlang irgendwelche Säcke durch die Gegend geschleppt. Und nach dem Auftauchen kriegt man manchmal Kopfschmerzen. Urvater sagt, das Gehirn versteht nicht, warum es nicht mehr von allen Seiten eingequetscht wird, oder so ähnlich.«
    »Wer ist Urvater?«
    »Unser Lehrer. Du wirst ihn morgen kennen lernen.«
    »Hat er dir das alles beigebracht?«
    »Ja. Urvater kann aber nur davon erzählen. Er ist selbst keine Quappe, doch er weiß trotzdem alles über uns. Na ja, fast alles. Ich glaube, er kennt jedes Buch und jede Schriftrolle in Aeleniums Bibliotheken auswendig.«
    Jolly wollte zu einer Frage ansetzen, aber Munk blieb vor einer Abzweigung stehen. Verlegen blickte er sich um. »Hm«, machte er. »Ich glaube, wir haben uns verlaufen.«
    Wunderbar! »Verlaufen?«, fragte sie.
    Er hob eine Braue. »Vom Weg abgekommen. Die falsche Abzweigung genommen. Durch ein falsches Loch geklettert.«
    »Ich weiß, was verlaufen heißt!«
    »Warum fragst du dann?« Er grinste wieder, blass und fahl in ihrer Unterwassersicht. »Außerdem hab ich dich reingelegt. Ich weiß genau, wo wir sind.«
    »Witzig.«
    Er kratzte sich schuldbewusst am Hinterkopf. »Tut mir Leid.«
    »Können wir jetzt wieder nach oben? Ich kann die Kopf- und Rückenschmerzen schon gar nicht mehr erwarten.«
    Er seufzte - noch etwas, das unter Wasser höchst befremdlich wirkte -, dann nickte er und ging weiter voran. Nach zwei Dutzend Biegungen, Korallensälen und Schattenlöchern kamen sie zu einem breiten Schacht, der geradewegs nach oben führte.
    »Dort hinauf«, sagte er knapp.
    Sie stießen sich ab und glitten mühelos aufwärts, jetzt deutlich schneller als zuvor. Vielleicht war Munk ja doch nicht so selbstsicher, wie er vorgab.
    Die Wände des Korallenschachtes waren unregelmäßig, und so mussten sie immer wieder scharfkantigen Auswüchsen und Vorsprüngen ausweichen. Einmal zog Jolly Munk gerade noch zur Seite, bevor eine spitze Korallenklinge ihm den Rücken aufschlitzen konnte.
    »Danke«, murmelte er, und sie war nicht sicher, ob er sich wirklich erschreckt hatte oder ob er insgeheim wütend war, weil sie ihn beschützt hatte und nicht umgekehrt. Er gefiel sich in der Rolle des Anführers, das war kaum zu übersehen. Die Tatsache, dass er mehr wusste als sie, machte ihn überheblich. Und unvorsichtig.
    Der Schacht nahm kein Ende. Jolly war nicht bewusst gewesen, dass sie bereits so weit in die Tiefe vorgedrungen waren. Die Spalten und Klüfte in den Wänden bildeten verworrene Muster aus Schattenblitzen. Manche waren groß genug, um Tieren Unterschlupf zu bieten. Und Jolly wartete die ganze Zeit nur darauf, dass aus der Finsternis ein Schädel hervorschoss, aufgerissene Kiefer mit Zähnen so lang wie sie selbst.
    Aber vielleicht hatten d’Artois’ Männer doch ganze Arbeit geleistet, als sie die tiefen Ebenen nach Eindringlingen abgesucht hatten.
    Irgendwann tauchte über ihnen eine zerklüftete Decke auf, der Schacht machte einen Knick zur Seite und verlief jetzt horizontal. Jolly und Munk hielten einen Augenblick inne.
    »Ich dachte, der Schacht führt hinauf in die Stadt«, sagte Jolly besorgt. Sie machte keinen Hehl mehr daraus, wie sehr sie sich vor all den leeren Kavernen und Tunnels fürchtete.
    Munk runzelte die Stirn. »Das dachte ich eigentlich auch.«
    »Willst du damit sagen, dass du jetzt wirklich nicht mehr weißt, wo wir sind?«
    »So schlimm kann es nicht sein. Immerhin sind wir weit nach oben gekommen.«
    Sie verzog das Gesicht.
    »Wir folgen dem Schacht einfach weiter, irgendwann führt er sicher zur Außenseite.« Er nahm ihre Hand, um ihr Mut zu machen. »Zur Not nehmen wir denselben Weg zurück, den wir gekommen sind.«
    »Noch mal da runter?« Sie warf einen Blick in den Abgrund, der sich unter ihr in weiter Ferne zu einem finsteren Schattenpunkt verengte. »Ganz sicher nicht.«
    Dehnte sich die Dunkelheit am Fuß des Schachtes aus? Ihr Herzschlag setzte einen Moment aus und pochte dann wie eine Faust gegen ihren

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