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Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Titel: Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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nicht in solche Tiefen vorstoßen.«
    »Aber wir«, sagte Munk.
    Der Graf runzelte die Stirn.
    Munk ließ ihm keine Zeit zu widersprechen. »Jolly und ich brauchen Übung. Bevor wir zum Schorfenschrund hinuntergehen« - er sah kurz zu Jolly hinüber, unsicher, aber auch mit einem Funken von Triumph -, »könnten wir unten am Anker nach dem Rechten sehen.«
    »Zu gefährlich«, sagte der Geisterhändler und schüttelte so vehement den Kopf, dass Hugh auf seiner rechten Schulter einen gestelzten Vogelschritt zur Seite machte. »Wir dürfen euer Leben nicht unnötig aufs Spiel setzen.«
    »Ganz recht«, stimmte Graf Aristoteles zu, und auch unter den anderen erhob sich zustimmendes Raunen. Jolly war froh darüber, aber sie sah auch, dass Munks Züge sich verhärteten.
    Allmählich wurde ihr bewusst, dass er die Macht des Quappenzaubers genoss, ja, er sonnte sich regelrecht in der Anerkennung, die die anderen ihm entgegenbrachten. Dass sein Vorschlag abgelehnt wurde, verärgerte ihn.
    Griffin hatte es ebenfalls bemerkt. »Der gute Munk schmollt«, flüsterte er ihr zu.
    Sie nickte, sagte aber nichts. Auf Griffin mochte Munk trotzig wirken, vielleicht beleidigt. Sie aber fürchtete, dass ihn die unerwartete Ablehnung weit schwerer traf. Ihr gefiel nicht, wie die Magie ihn veränderte. Es gefiel ihr ganz und gar nicht.
    Und sie selbst? War sie dagegen gefeit? Was würde aus ihr werden, wenn Urvater sie unter seine Fittiche nahm und in die Mysterien ihrer Herkunft einwies?
    »Der Plan sieht folgendermaßen aus«, setzte der Graf seine Rede fort. »Seit einigen Tagen stoßen unsere Soldaten immer wieder auf Späher. Wie es scheint, bleibt nur wenig Zeit, ehe der Angriff der Klabauterheere auf Aelenium beginnen wird. Die Vorbereitungen für die Schlacht und die Belagerung der Stadt schreiten rasch voran. Der Bau der Barrikaden hat längst begonnen. Doch die Ausbildung der Quappen hat Vorrang - Urvater, das ist Eure Aufgabe.«
    Der Greis stimmte mit einem Nicken zu, sagte aber noch immer nichts.
    »In spätestens zwanzig Tagen, vielleicht auch früher, werden die Seepferde Jolly und Munk so nahe wie möglich an den Schorfenschrund heranbringen. Von dort aus seid ihr beiden auf euch allein gestellt. Denn dahin, wohin ihr gehen müsst, kann keiner von uns euch begleiten. Ihr müsst zum Meeresgrund hinab und das letzte Stück eures Weges zu Fuß zurücklegen. Der Mahlstrom wird seinen Blick auf die Schlacht um Aelenium richten. Er wird nicht damit rechnen, dass sich seine Gegner über den Meeresboden nähern. Und das ist unsere Chance. Eure Chance.«
    Unverhohlene Trauer war jetzt in seinen Augen, und seine Stimme klang bedrückt. »Ich weiß, was ich von euch verlange. Ihr werdet allein sein dort unten in der Finsternis. Ihr werdet euch nur aufeinander verlassen können. Keiner kann euch auf die Gefahren dort vorbereiten - denn niemand kennt sie. Wenn alles gut geht, dann steht euch nur ein anstrengender Fußmarsch bevor, ehe ihr den Schorfenschrund erreicht. Wenn nicht… Nun, wir vermögen es nicht vorherzusehen.«
    Jolly blinzelte. Mit einem Mal war ihr schwindelig. Ihr war, als hätte sie sich von einem Moment zum nächsten in einen Traum verirrt. Die Grenze zwischen Wirklichkeit und Irrsinn war plötzlich fließend.
    Sie spürte, dass Buenaventure seine Pranke auf ihre Hand schob.
    »Sie sind Kinder«, sagte er mit dröhnender Stimme in die Versammlung. »Nur Kinder.«
    Graf Aristoteles senkte den Blick, holte tief Luft und sah dann wieder auf. »Wir alle wissen das. Aber wenn es Kinderschultern sind, auf denen das Schicksal der Welt ruht, dann müssen sie diese Bürde tragen. Nicht wir haben diese Wahl getroffen.«
    Der Pitbullmann knurrte etwas, das im Ansturm weiterer Stimmen unterging. Plötzlich sprachen alle durcheinander. Soledad redete auf den Geisterhändler ein. Die Edelleute diskutierten aufgeregt miteinander. Urvater sprach mit Munk, und Walker ereiferte sich über Gott weiß was. Sogar die Papageien kreischten.
    Nur Jolly sagte nichts. Vor ihrem inneren Auge breitete sich eine schwarze tote Landschaft aus, ein Unterwassergebirge, durchzogen von tiefen Spalten, wie klaffende Mäuler in der Kruste der Welt. Kein Grün, keine Pflanzen, nur Grau und tiefe Schatten. Sie hatte Angst wie noch nie in ihrem Leben. Nicht einmal der Acherus hatte ihr solche Furcht eingejagt.
    Griffin beugte sich an ihr Ohr, aber sie begriff erst, was er gesagt hatte, als er sie erwartungsvoll anblickte.
    »Lass uns verschwinden«, hatte

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