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Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Titel: Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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der vor ihm stand, und trank einen Schluck. »Die Klabauter kamen zu uns, weil die Grenze zwischen den Welten nur einen Moment gefallen ist, vielleicht wenige Sekunden lang, vielleicht einen Herzschlag. Keiner vermag sich auszumalen, was herüberkäme, wenn der Mahlstrom sich eine Stunde lang öffnet oder einen Tag.«
    »Oder für immer«, ergänzte der Geisterhändler, und seine Papageien nickten weise.
    »Oder für immer«, wiederholte der Graf. »Auch damals, im ersten Krieg gegen den Mahlstrom, gab es Quappen. Nur hießen sie zu jener Zeit vermutlich anders. Die Welt öffnete die Adern ihrer Magie und ließ ein wenig davon entweichen, und wo sie unter die Menschen fuhr, wurden bald darauf Quappen geboren. Genau wie vor vierzehn Jahren.«
    »Das Erdbeben«, murmelte Jolly leise, doch in der Stille, die auf die Worte des Grafen folgte, hörten es alle im Raum.
    Aristoteles nickte. »Das große Erdbeben von Port Royal. Es hat nicht allein dort gewütet, sondern auch tief am Meeresboden. Unten im Schorfenschrund. Die Muschel öffnete sich, und der Mahlstrom konnte entweichen. Die magischen Adern, die sich dort kreuzen, wurden erschüttert, einige verödeten, und die Kraft der Muschel ließ nach. Das ist die schreckliche Folge des Erdbebens, aber es gab auch eine gute, denn die Welt hält in allem ein Gleichgewicht. Rund um Port Royal, dort, wo das Beben an die Oberfläche brach, entwich Magie aus den geborstenen Adern und schuf neue Quappen. Ihnen ist es vorherbestimmt, die Verheerungen im Schorfenschrund zu beheben.«
    Er schnaubte verächtlich. »Niemand konnte ahnen, dass die Menschen wieder einmal nichts Besseres im Sinn haben würden, als die Magie der Quappen für ihre eigenen Zwecke zu missbrauchen. Ihr alle wisst, was geschehen ist. Auf die Quappen und ihre Familien wurde Jagd gemacht, und deshalb sitzen hier unter uns heute nur noch zwei von ihnen, die letzten Überlebenden des Massakers.«
    Jolly kannte die Geschichte, Munks Vater hatte sie ihnen erzählt. Doch sie aus dem Mund des Grafen zu hören jagte ihr erneut eine Gänsehaut über den Rücken. Gegen ihren Willen kamen ihr neuerliche Zweifel, ob Bannon die Wahrheit gesagt hatte, als er behauptet hatte, er habe sie als kleines Kind auf dem Sklavenmarkt von Tortuga gekauft. Was, wenn er einer von denen gewesen war, die Quappen gejagt, ihre Eltern ermordet und die Kinder entführt hatten? Immerhin hatte er all die Jahre davon profitiert, dass sie über Wasser laufen konnte.
    Nein, unmöglich. Nicht Bannon.
    Sie war froh, als Graf Aristoteles seine Rede fortsetzte und sie auf andere Gedanken brachte.
    »Den Quappen ist es vorherbestimmt, den Kampf gegen den Mahlstrom aufzunehmen. Mithilfe der Muschelmagie müssen sie« - er sah Jolly und Munk eindringlich an -, »müsst ihr den Mahlstrom wieder in seine Muschel im Schorfenschrund sperren und damit das Tor zum Mare Tenebrosum versiegeln.«
    Soledad hob ihre schmale Hand. »Darf ich eine Frage stellen?«
    »Gewiss doch, Prinzessin«, sagte der Graf.
    Soledad registrierte die ehrenvolle Anrede mit Genugtuung. Nicht jeder sah in der Tochter eines Piratenkaisers eine Prinzessin; so manchem wären wohl weit weniger höfliche Worte eingefallen. »Ich frage mich, warum Aelenium nicht direkt über dem Schorfenschrund verankert worden ist, sondern hier, viele Meilen entfernt.«
    Graf Aristoteles nickte, als hätte er diese Frage schon häufiger gehört. »Aelenium ist eine schwimmende Stadt, die nur von einer Ankerkette in ihrer Position gehalten wird. Aber die Länge einer solchen Kette, und mag sie noch so stark sein, ist begrenzt - die Strömungen würden sie sonst zerreißen. Daher darf die Meerestiefe unter der Stadt nicht größer sein als an jener Stelle, an der Aelenium heute liegt. Hundert Fuß mehr, und es bestünde Gefahr, dass die Kettenglieder bersten. Der Schorfenschrund liegt aber sehr viel tiefer. Dies hier war der nächstmögliche Ort, um Aelenium zu verankern, auch wenn wir fast zweihundert Meilen vom Schrund entfernt sind.« Der Graf sah Soledad an. »Beantwortet das Eure Frage, Prinzessin?«
    »Es gibt noch etwas, das mir Sorge bereitet. Wenn die Kette so zerbrechlich ist, wie Ihr sagt, dann wird sie gewiss eines der ersten Angriffsziele sein.«
    »Wir sind uns dieser Gefahr bewusst, und wir tun unser Bestes, um die Kette zu schützen. Taucher patrouillieren entlang der Glieder, jedenfalls so weit es ihnen möglich ist. Wir wissen nicht genau, wie es am Meeresgrund aussieht. Die Taucher können

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