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Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Titel: Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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deshalb magst du ihn mehr als mich.«
    »Das ist albern, Munk.«
    »Ich hab’s mir gedacht, von Anfang an. Schon als wir ihn das erste Mal gesehen haben, auf New Providence.«
    »Es reicht, Munk. Endgültig!«
    Sie gab den Befehl an die Geister nur mit ihren Augen. Ein halbes Dutzend von ihnen setzte sich in Bewegung.
    Munk wurde von mehreren Schemenhänden gepackt. Obwohl er um sich schlug und fluchte, trugen die Geister ihn vom Schiff, über den Landungssteg zurück auf den Pier.
    »Jolly! Geh nicht!«
    Sie schüttelte den Kopf und sah zu, wie er zu Boden geworfen wurde. Der Aufprall tat ihr fast genauso weh wie ihm, aber er hatte ihr keine andere Wahl gelassen. Warum hatte er sich nur so verändert?
    »Geh nicht!«, brüllte er noch einmal.
    Der Anker schlug gegen den Rumpf, als er aus dem Wasser gezogen wurde. Taue wurden festgezurrt. Die Carfax erzitterte wie ein Tier, das aus dem Schlaf erwachte.
    Die Geister hielten Munk am Boden fest, bis alles bereit war. Dann huschten sie nebelhaft über den Steg an Bord und holten hinter sich die Planke ein.
    Munk rappelte sich hoch, versuchte aber nicht, den Dunstgestalten zu folgen. Sein Blick war starr auf Jolly gerichtet. Sie bückte sich, schob die restlichen Muscheln in die Ledertasche, die neben dem zerstörten Kreis am Boden lag, und schleuderte sie über die Reling. Munk fing die Tasche sicher auf, beinahe, ohne hinzusehen.
    Hoch oben auf den Masten flatterte etwas. Zwei dunkle Schemen ließen sich auf den Rahen beidseits des Toppmastes nieder. Rote und gelbe Augen blickten herab aufs Deck.
    Jolly spürte die Papageien mehr, als dass sie sie sah. Ihre Hände legten sich um das Steuer, dann löste sich die Carfax von der Seesternspitze und glitt hinaus aufs Meer.
    »Lass sie gehen!«
    Die Stimme des alten Mannes drang hinter den Kisten hervor, die in Munks Rücken am Pier gestapelt waren.
    »Urvater?« Er drehte sich um, konnte aber niemanden entdecken.
    »Sie hat ihre Entscheidung getroffen.«
    »Die falsche Entscheidung.«
    »Das muss sie selbst herausfinden.«
    »Aber wir brauchen sie hier!« Munk gab es auf, die Dunkelheit nach der gebeugten Gestalt des Alten abzusuchen. Er blickte wieder zur Carfax hinüber, die das Gewirr der Fischerboote hinter sich gelassen hatte und jetzt ohne jede Beleuchtung über das offene Wasser auf die schwarze Nebelwand zuglitt.
    »Die Wachen werden sie nicht aufhalten«, sagte Urvater. »Ich habe dafür gesorgt.«
    »Aber sie… sie weiß nicht, was sie tut«, stammelte Munk verzweifelt.
    »Oh doch, sehr genau sogar. Sie kann nur die Folgen nicht überschauen.«
    Munk musste sich zwingen, seinen Blick von dem Schiff zu lösen. Er machte einen Schritt auf die Schatten zu, halb in der Erwartung, dort niemanden vorzufinden. Doch Urvater stand tatsächlich zwischen den Kisten. Im Dunkeln sah er noch kleiner und gebrechlicher aus als sonst.
    »Ich kann nicht allein zum Schorfenschrund gehen«, sagte Munk.
    Urvaters Miene blieb ausdruckslos. »Du hast die Magie gegen sie gerichtet. Aber viel schlimmer ist, dass du sie gezwungen hast, sich gegen dich zu stellen. Das hat sie nicht gewollt. Aber du hast ihr keinen anderen Ausweg gelassen.«
    »Aber doch nur um… um…« Munk verstummte und senkte den Blick.
    »Es hat auch sein Gutes«, sagte Urvater.
    Munk schnaubte verächtlich. »Ach ja?«
    »Sie ist noch nicht bereit. Anders als du, Munk. Es gibt eine Lektion, die weder ich noch irgendjemand sonst ihr beibringen kann. Eine Lektion, die du bereits gelernt hast und die dir deine Stärke gibt.«
    Urvater hob seinen Stock und klopfte damit leise auf den Boden vor Munks Füßen. »Lass sie gehen und ihre eigenen Erfahrungen machen.«
    Munk konnte kaum atmen, so groß war der Kloß in seinem Hals. »Welche Lektion meinst du?«
    »Verlust«, sagte Urvater bedächtig. »Die Erfahrung, etwas zu verlieren, das sie mehr liebt als sich selbst.«

Gefressen

    »Sie ist fort.«
    Griffin schrak auf und drehte sich um, als er die Stimme d’Artois’ hinter sich hörte. Er hatte an der Brüstung des Wachturms gelehnt und den Säbel poliert, den man ihm mit seiner neuen Soldatenuniform überreicht hatte. Er fühlte sich nicht wohl in dieser Kleidung. Aber wenn er sich nützlich machen und zudem den Umgang mit Seepferden und Flugrochen erlernen wollte, ging es nicht ohne die Uniform. Das Leder war weich, und doch zwickte es unter den Achseln. Und keiner konnte ihm sagen, welchen Zweck nun eigentlich die Korallen erfüllten, mit denen es besetzt

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