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Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Titel: Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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noch gedacht, seine Wandlung sei auf den Tod seiner Eltern zurückzuführen. Aber sie hatte sich getäuscht. Vielmehr waren es diese Stadt und die Erwartungen der Menschen, die ihn verändert hatten. Erlöser, durchfuhr es sie kalt. Bestimmung.
    »Tu, was du willst«, sagte sie. »Rette die Welt, wenn du glaubst, dass du es kannst. Ich wünsche dir viel Glück dabei.«
    Er packte ihr Handgelenk. »Wir müssen diese Sache gemeinsam erledigen. Nur wir zwei.«
    »Ich bin nicht die Heldin, die all diese Leute in mir sehen.« Sie versuchte, ihre Hand aus seiner zu lösen, aber sein Griff war zu fest. Jolly senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Lass - mich - los!«
    Sie fürchtete, dass er nicht nachgeben würde. Dass er sie tatsächlich mit Gewalt dazu zwingen wollte, in Aelenium zu bleiben. Sie bereitete sich darauf vor, ihm ins Gesicht zu schlagen, so fest sie nur konnte.
    Doch dann lösten sich seine Finger, und sie konnte ihren Arm wieder frei bewegen.
    »Tu das nie wieder«, zischte sie.
    »Ich will keinen Streit mit dir, Jolly.«
    »Den hast du schon.«
    »Komm zurück an Land. Bitte.« Aber so, wie er es sagte, klang es wie ein Befehl.
    »Nein. Du gehst von diesem Schiff. Und zwar sofort.«
    Munks Hand griff nach hinten, als wollte er irgendetwas hinter seinem Rücken hervorziehen. Tatsächlich aber fächerten seine Finger in Richtung des Muschelkreises auseinander. Schlagartig blitzte ein Licht auf.
    Er muss nicht mal hinsehen, um die Perle zu erschaffen!, fuhr es Jolly durch den Kopf. Er ist so viel mächtiger als ich.
    Munk verzog keine Miene.
    Die Glutperle erhob sich langsam aus dem Kreis, schwebte höher und höher.
    Hatte er all die Tage über nur mit ihr gespielt? Sie glauben lassen, dass sie eine Chance hätte, ihn in ihrem lächerlichen Wettstreit zu besiegen? Damit sie zumindest versuchte, ihn zu beeindrucken?
    »Lass das«, sagte sie und zwang sich zur Ruhe.
    Die Perle befand sich nun fast auf Augenhöhe.
    »Munk, hör auf damit!«
    Die Glut strahlte noch heller, pulsierte langsam. Nun tauchte die Perle das ganze Deck der Carfax in Licht, so hell, dass die Vorgänge an Bord weithin sichtbar waren. Wahrscheinlich wurden gerade die ersten Wachtposten darauf aufmerksam.
    Jolly schloss die Augen. In Gedanken streckte sie unsichtbare Hände nach der schwebenden Perle aus, wollte sie damit umschließen, aus der Luft pflücken und…
    »Au, verdammt!«
    Sie riss die Augen auf, als ihre echten Hände sich plötzlich anfühlten, als wären sie zu nah an ein offenes Feuer geraten.
    »Das tut weh, Munk!« Ein letztes Mal beherrschte sie sich. »Willst du das? Mir wehtun?«
    »Ich will, dass du Vernunft annimmst.«
    »Deine Art von Vernunft.«
    Er schüttelte stumm den Kopf. Die Perle stieg höher und höher, hing jetzt wie ein Vollmond über ihnen.
    Jolly gab einem der Geister einen Wink. Der Nebelschemen schoss vor, nicht auf Munk zu, sondern zum Muschelkreis hinter seinem Rücken. Der Fuß des Wesens gewann an Masse. Dann zerbarsten Muschelschalen unter seinen Sohlen.
    Ein helles Pfeifen ertönte, die Perle färbte sich blutrot. Munks Augen weiteten sich vor Schreck, als er abrupt die Kontrolle über den Zauber verlor. Die Perle geriet ins Trudeln, fing sich wieder, schlug einen Haken und raste wie ein Geschoss von hinten auf Munk zu. Er schrie auf vor Schmerz, wurde auf Jolly zugeschleudert, die versuchte, ihn aufzufangen. Doch die Macht des Aufschlags warf sie beide zurück. Jolly keuchte, als sie für einen Augenblick zwischen Munk und dem Steuerrad eingeklemmt wurde. Das Holz drückte schmerzhaft gegen ihre Wirbelsäule.
    Munk rutschte an ihr entlang zu Boden und prallte auf seine Knie. Die Perle war verglüht, ohne größeren Schaden anzurichten. Doch auf Munks Zügen spiegelte sich jetzt eine solche Wut, dass Jolly erschrocken zurückwich und abermals gegen das Steuer stieß.
    »Meine Muscheln«, flüsterte er und sah zu ihr hinauf. Seine Augen waren tiefe, dunkle Seen, wie Schattenlöcher in seinem Gesicht.
    »Du hast es nicht anders gewollt«, entgegnete sie.
    »Und jetzt runter vom Schiff!«
    Er federte schneller hoch, als sie es für möglich gehalten hätte. Seine flache Hand schoss vor und schlug hart gegen ihr Brustbein. Mit aller Kraft presste er sie gegen das Steuer.
    »Wenn Griffin nicht aufgetaucht wäre«, keuchte er, »dann wäre alles noch so wie früher. Du hättest mich niemals angegriffen… Das ist alles seine Schuld.«
    »Du hast mich angegriffen.«
    »Nur weil er so ist wie du .

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