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Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Titel: Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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mit Walen.«
    Griffin schüttelte seufzend den Kopf, rieb sich die Nässe aus dem Gesicht und blickte zu der Öffnung in Jasconius’ Rücken hinüber. Die Wasserfontäne war mindestens zehn Mannslängen hoch gewesen. Der Druck, der nötig war, um solche Massen auszustoßen, musste enorm sein.
    »Griffin?«
    »Warte. Moment.« Eine verrückte Idee nahm in seinem Kopf Gestalt an. Wirklich ziemlich verrückt.
    »Ebenezer«, rief er schließlich, »wie oft macht Jasconius so was?«
    »Oh, ich kann ihn bitten, eine Weile damit aufzuhören.«
    »Nein, nein . Ganz im Gegenteil!«
    »Ist dir zu heiß?« Ebenezer klang besorgt. Vielleicht glaubte er, Griffin habe sich auf dem ungeschützten Walrücken einen Sonnenstich geholt.
    »Ich will nur was ausprobieren.«
    »Was ausprobieren?«
    »Kannst du ihm sagen, er soll das noch mal machen? All das Wasser auspusten, meine ich.«
    »Sicher.«
    »Auf Kommando?«
    Ebenezer unten im Maul schwieg einen Moment. Griffin war ganz froh, dass er ihm in diesem Moment nicht ins Gesicht blicken musste.
    »Ja, vermutlich schon«, erwiderte der Mönch nach einer Weile. Er klang skeptisch.
    Griffin verscheuchte eine Möwe, die ihn für einen zu groß geratenen Einsiedlerkrebs hielt, und machte sich auf den Weg hinüber zur Öffnung. Aus der Nähe sah er, dass die Ränder sich geschlossen hatten.
    Er atmete tief durch. Wenn er höher hinaufwollte, um nach Aelenium Ausschau zu halten, musste er es wagen.
    Und wenn der Wasserdruck zu stark war und ihm alle Knochen brach?
    Er zögerte noch einmal, dann kletterte er auf die Öffnung. Sie sah aus wie ein riesenhafter, zusammengekniffener Mund, der sich jeden Moment unter ihm auf tun konnte. Einen Moment lang suchte Griffin nach der besten Position und kniete sich schließlich hin, Beine und Knie zusammengepresst und die Hände im Schoß verschränkt.
    »Ebenezer? Jetzt!«
    »Was, zum Teufel, tust du da oben?«
    »Sag’s ihm einfach.«
    Der Mönch zögerte. »Sei froh, dass ich nicht raufkommen kann, um dir die Flausen auszutreiben, mein Junge.«
    Griffin grinste. »Käme auf den Versuch an, alter Mann.«
    »Die Hand des Seligen wird von Gottes Willen geführt, vergiss das nicht. Auch wenn sie Großmäulern das Hinterteil versohlt.«
    »Wer behauptet das?«
    »Ein Seliger.«
    »Mach schon, Ebenezer! Wir haben’s eilig.«
    Griffin rechnete mit neuerlichem Widerspruch. Stattdessen aber spürte er, wie Bewegung in die Walmuskeln unter seinen Knien und Füßen kam.
    Er wappnete sich, spannte den ganzen Körper an und fürchtete, jeden Moment von einem Hammer aus Wasser getroffen zu werden, so schnell, dass er womöglich den Aufprall im Meer gar nicht mehr spüren würde.
    »Er soll ganz langsam .«, begann er noch - dann wurde er plötzlich wie von einer Riesenhand emporgehoben, so sanft, als versuche Jasconius ein zerbrechliches Stück Keramik zu balancieren.
    Griffin stieß vor Überraschung einen jubelnden Laut aus, den Ebenezer unten im Schlund falsch deutete.
    »Stirbst du?«, erklang es durch das Wasserrauschen.
    »Nach dir, Ebenezer.«
    Griffin konzentrierte sich jetzt ganz darauf, auf der wachsenden Wassersäule das Gleichgewicht zu halten. Dazu streckte er die Arme zur Seite und entspannte sich ein wenig, um dem Druck mehr Fläche zu bieten. Es ging besser, als er befürchtet hatte. Schwankend, schaukelnd und mit einem argen Rumoren im Magen wurde er von dem Salzwasserstrahl in die Höhe gehoben, mit einer Sanftheit, die er einem Ungetüm wie Jasconius nicht im Traum zugetraut hätte.
    »Das ist toll!«, rief er lachend.
    Fünf Schritt, dann zehn schwebte er jetzt über dem Rücken des Wals - alles in allem sicher ein Dutzend Mannslängen über der Meeresoberfläche. Möwen schossen kreischend auseinander, empört über dieses Eindringen in ihr Herrschaftsgebiet. Wasser sprühte rund um Griffin empor, und doch gelang es ihm, Blicke in alle vier Himmelsrichtungen zu werfen.
    Er entdeckte den Nebel. Ein grauer Streifen wie Blei, das jemand über dem Horizont verschüttet hatte. Weit weg, aber gewiss innerhalb eines Tages zu erreichen, vielleicht schneller, wenn Jasconius sich beeilte.
    Kaum hatte er den Nebel gesehen, ließ der Druck nach, und der Wasserstrahl unter ihm versiegte allmählich. Wie auf einem fliegenden Teppich schwebte Griffin abwärts und wurde fast zärtlich über der Rückenöffnung abgesetzt.
    Ein wenig schwindelig, aber erleichtert, ließ er sich auf dem Hosenboden die Wölbung des Walkörpers hinabrutschen und klatschte ins

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