Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber
Deckel auf und entdeckte seinen Namen. Vor Rührung sank er auf seinen Stuhl und blätterte aufgewühlt in den Seiten, während Jolly und Griffin sich unterm Tisch an den Händen hielten und Buenaventure hinter Munk trat, ihm auf die Schulter klopfte und mit seiner knurrigen Hundestimme flüsterte, es gebe große Heldentaten wie die, einen Mahlstrom zu besiegen, und kleine wie jene, einen alten Mann überglücklich zu machen, und beide stünden einander kaum nach.
An diesem Abend saßen sie alle lange beieinander, genossen die Gesellschaft der anderen, erzählten viel, schmiedeten Pläne und träumten von der Zukunft, hier in Aelenium, aber auch anderswo. Während der ganzen Zeit hielt Ebenezer das Buch fest an seine Brust gepresst wie einen verloren geglaubten Sohn, und immer dann, wenn er meinte, dass gerade niemand hinsah, streichelte er mit der Hand darüber und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
Mehrere Wochen nach der Schlacht um die Seesternstadt und dem Ende des Mahlstroms stieg Soledad zum ersten Mal wieder in einen der Unterwasseranzüge, bestückte ihn mit einem Sprudelstein und tauchte gemeinsam mit Jolly in die Tiefe. Ihre Schulter schmerzte noch immer ein wenig und ließ sie den linken Arm steifer bewegen als den rechten, doch insgesamt war sie erstaunt, wie gut es ging.
Eine Weile lang saßen sie auf einem stählernen Glied der Ankerkette, mit baumelnden Beinen über dem dunkelblauen Abgrund. Jolly konnte hören, was Soledad ihr hinter der Maske erzählte, und obwohl sie die Geschichte von der Begegnung in der Unterstadt bereits kannte, lauschte sie ihr gerne ein zweites Mal, denn jetzt beschrieb Soledad alle Einzelheiten und auch das, worum sie die Riesenschlange gebeten hatte. Jolly erinnerte sich an das Gefühl, das Munk und sie überkommen hatte, als sie während ihrer ersten Tagen in Aelenium gemeinsam die Unterstadt erkundet hatten, an die Panik und das Wissen, das da etwas hinter ihnen war, ganz knapp außerhalb der Quappensicht. Mit einem Mal ergab all das einen Sinn, und sie erkannte, dass das, was sie verfolgt hatte, ihnen nicht zwangsläufig böse gesinnt gewesen war.
Sie blickte hinüber zu den schrägen Korallenwänden der Unterstadt, die sich zerklüftet irgendwo in der Tiefe verloren. Die Löcher und Risse, aber auch die Schönheit dieser verschlungenen Formen berührten sie, wenn auch anders als beim ersten Mal.
Schließlich nickte sie Soledad zu, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg. Die Prinzessin führte Jolly zu einer Kaverne, und durch sie betraten sie die Unterstadt. Nun war es an Jolly vorauszuschwimmen; die Quappensicht machte es ihr leicht, sich in den dunklen Höhlen und Tunneln zu orientieren. Soledad hatte einige der leuchtenden Steine dabei und markierte mit ihnen den Rückweg.
Es dauerte nicht lange, bis sie einen tiefen, vertikal verlaufenden Schacht erreichten. Jolly war ziemlich sicher, dass es sich um denselben handelte, durch den sie damals mit Munk getaucht war.
Soledad wechselte den Sprudelstein unter ihrem Taucherhelm, dann blickte sie hinab in die Dunkelheit. Jolly versuchte sich vorzustellen, wie beängstigend diese bodenlose Schwärze ohne die Quappensicht sein musste -sogar sie selbst fühlte sich unwohl, obgleich sie hundertmal weiter sehen konnte als Soledad.
Umso mehr erstaunte es sie, als die Prinzessin mit einem Mal sagte: »Sie kommt.«
Jolly wollte fragen, was sie so sicher mache, doch im selben Augenblick erkannte sie es selbst.
Unter ihnen, wo sich der Schacht am Rand der Quappensicht in Finsternis auflöste, bewegte sich etwas. Die Dunkelheit schlug Wellen, und dann schälte sich etwas daraus hervor, ein mächtiger Reptilienschädel, dreieckig, mit geschlitzten Pupillen, gefolgt von einem monströs langen Schlangenleib. Die Kreatur schoss auf sie zu, ausgestreckt wie ein Pfeil, und verdrängte solche Mengen von Wasser, dass der Druck die beiden Eindringlinge um zwei, drei Mannslängen aufwärts schob.
Soledad blieb ganz ruhig, während Jolly mit sich zu kämpfen hatte, um nicht vor der heranschnellenden Seeschlange zu fliehen. Der Riss in der Wand, durch den sie hinaus in den Schacht geglitten waren, schien jetzt unerreichbar zu sein.
Dann verlangsamte die Schlange ihren Aufstieg, die Strömungen verebbten. Der Schädel stieg vor ihnen empor und verharrte auf einer Höhe mit ihren Gesichtern.
»Wir sind gekommen, um dir zu danken«, sagte Soledad unter dem Helm.
Die Schlange betrachtete sie lange ohne erkennbare
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