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Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Titel: Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Vielleicht dachte er es auch nur. Er spürte, wie seine Finger durch Ismaels Hand glitten, Millimeter um Millimeter, mit einer albtraumhaften Langsamkeit. Und doch war das Ende nicht mehr aufzuhalten.
    Ismaels Züge waren zu einer verzweifelten Fratze verzerrt. Er konnte sich kaum noch im Sattel halten. Der gepeinigte Rochen war völlig außer Kontrolle geraten und flog in einem schlenkernden Zickzack, der ihn nicht wirklich näher an die Stadt heranbrachte.
    Eine weitere panische Kehre, dann segelte das Tier taumelnd zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren, wieder auf die kreischenden Klabauter und ihre scharfzahnigen Hakenlanzen zu.
    Griffin würde stürzen. Er wusste es.
    Nur noch Sekunden.
    Ismael hatte Tränen der Trauer und Wut in den Augen, als er zu Griffin hinabsah. Ihre Blicke trafen sich. Sie kannten beide den Ausgang dieses Höllenritts.
    Griffin akzeptierte die Wahrheit einen Augenblick eher.
    »Nein!«, brüllte Ismael, als er begriff, was der Junge tun würde.
    Aber Griffin hörte nicht auf ihn. Er hatte die Wahl: Er konnte sich fallen lassen, gut fünfzig Schritt von den Klabautern entfernt - oder er konnte noch ein paar Herzschläge länger aushalten, um dann genau in ihre Lanzenspitzen zu stürzen.
    »Nein!«, rief der Schütze erneut, doch es war zu spät.
    »Nimm die Zügel«, brüllte Griffin, schnappte nach Luft - und ließ los.
    Ismaels Schrei füllte seine Ohren, seinen Kopf, bis er hart auf dem Wasser aufschlug. Die Wogen packten ihn mit ihren Fingern aus Gischt und zerrten ihn in die Tiefe. Finsternis, von roter Glut durchdrungen, umfing Griffin, als er wie ein Stein abwärts sank, dann zu strampeln begann, erst panisch, dann ein wenig kontrollierter. Er hatte die Orientierung verloren, wusste nicht, ob die Klabauter bereits auf dem Weg zu ihm waren.
    Er hoffte nur, dass es Ismael gelänge, den tobenden Rochen unter seine Kontrolle zu bringen. Dann wäre es nicht ganz umsonst, dass er ertrank oder von den Kriegern der Tiefen Stämme in Stücke gerissen wurde. Dann hätte alles doch noch einen Sinn, irgendwie.
    Die Klauen der Klabauter packten ihn. Ihm war, als müsste er schreien, auch wenn er es nicht tat, auch wenn er sich wehrte und sein Bestes gab, zu kämpfen, nicht aufzugeben.
    Nicht zu sterben. Nicht jetzt.
    Nicht, ohne Jolly ein letztes Mal gesehen, gehalten, ihre Stimme gehört zu haben.
    Dann kamen sie über ihn, ein ganzes Dutzend, und sie zerrten ihn mit sich. In alle Richtungen zugleich.

Die Flotte der Kannibalen

    Einen Augenblick lang glaubte Griffin, die Klabauter würden ihn zerfetzen. Sie zogen und zerrten an seinen Armen und Beinen - ehe schließlich einer von ihnen ein hohes Kreischen ausstieß, alle anderen erschrocken verharrten und der Schmerz in Griffins Gliedern nachließ.
    Sofort begann er wieder, sich zu wehren, doch es hatte keinen Zweck. Es waren zu viele, zehn oder noch mehr; genau konnte er das inmitten des sprudelnden, tobenden Wassers nicht erkennen. Überall um ihn herum waren schnappende Mäuler, lange Krallen und dürre, schillernde Körper, umwirbelt von Schlieren aus Luftblasen und strudelnden Turbulenzen.
    Sie stießen ihn hinauf zur Oberfläche, damit er atmen konnte. Gierig schnappte er nach Luft, versuchte sogar, einen Blick nach oben zu erhaschen, auf Ismael und den Rochen, doch er konnte die beiden nirgends entdecken.
    Wieder spürte er, dass sie an ihm zerrten. Zugleich tauchte rund um ihn ein Ring von Klabauterfratzen auf. Gleich drei von ihnen zogen ihn nun geschwind in eine Richtung, so schnell, dass die Gischt, die in sein Gesicht sprühte, ihm beinahe erneut den Atem nahm. Irgendwie gelang es ihm ab und an, Luft zu holen, während sie auf die Nebelwand zurasten, die im rotgelben Schein des frühen Morgens erglühte. Nicht einmal der Rauch, der von den brennenden Ufern Aeleniums aufstieg, konnte den Schein der Morgensonne gänzlich verschleiern.
    Erst als sie in den Nebel tauchten, blieb das Licht zurück. Das Einzige, das von außen in den Dunst vordrang, war der Hagel aus toten Fischen, der rund um sie niederging. Der Herr der Klabauter musste also noch immer in der Nähe sein. Verzweiflung überkam Griffin, nicht allein um seiner selbst willen, sondern weil er fürchtete, die Quallenkreatur könnte den Wal und Ebenezer getötet haben. Er fragte sich, was im Falle von Jasconius’ Tod mit den Räumen hinter der magischen Tür geschehen würde. Und mit Ebenezer, falls es ihm gelungen war, sich dorthin zurückzuziehen.
    Doch ihm

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