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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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giebt keinen Tropf, der nicht boshaft wäre), obwohl er das Spanische Sprichwort: Nunca la necedad anduvo sin malicia (Nie geht die Dummheit ohne die Bosheit), für sich hat. Jedoch mag es seyn, daß manche Dumme, aus dem selben Grunde wie manche Bucklichte, boshaft werden, nämlich aus Erbitterung über die von der Natur erlittene Zurücksetzung, und indem sie gelegentlich was ihnen an Verstande abgeht durch Heimtücke zu ersetzen vermeinen, darin einen kurzen Triumph suchend. Hieraus wird beiläufig auch begreiflich, warum, einem sehr überlegenen Kopfe gegenüber, fast Jeder leicht boshaft wird. Andererseits wieder stehn die Dummen sehr oft im Ruf besonderer Herzensgüte, der sich jedoch so selten bestätigt, daß ich mich habe wundern müssen, wie sie ihn erlangten, bis ich den Schlüssel dazu in Folgendem gefunden zu haben mir schmeicheln durfte. Jeder wählt, durch einen geheimen Zug bewogen, zu seinem nähern Umgange am liebsten Jemanden, dem er an Verstande ein wenig überlegen ist: denn nur bei diesem fühlt er sich behaglich; weil, nach Hobbes , omnis animi voluptas, omnisque alacritas in eo sita est, quod quis habeat, quibuscum conferens se, possit magnifice sentire de se ipso (de Cive, I, 5) . Aus dem selben Grunde flieht Jeder Den, der ihm überlegen ist; weshalb Lichtenberg ganz richtig bemerkt: »Gewissen Menschen ist ein Mann von Kopf ein fataleres Geschöpf, als der deklarirteste Schurke«: dem entsprechend sagt Helvetius : Les gens médiocres ont un instinct sûr et prompt, pour connaître et fuir les gens d'esprit , und Dr. Johnson versichert uns, daß there is nothing by which a man exasperates most people more, than by displaying a superior ability of brilliancy in conversation. They seem pleased at the time; but their envy makes them curse him at their hearts 22 (Boswell; aet. anno 74.) Um diese so allgemein und sorgfältig verhehlte Wahrheit noch schonungsloser an das Licht zu ziehn, füge ich Mercks , des berühmten Jugendfreundes Goethes, Ausdruck derselben hinzu, aus seiner Erzählung Lindor : »Er besaß Talente, die ihm die Natur gegeben und die er sich durch Kenntnisse erworben hatte, und diese brachten zuwege, daß er in den meisten Gesellschaften die werthen Anwesenden weit hinter sich ließ. Wenn das Publikum, in dem Moment von Augenweide an einem außerordentlichen Menschen, diese Vorzüge auch hinunterschluckt, ohne sie gerade sogleich arg auszulegen; so bleibt doch ein gewisser Eindruck von dieser Erscheinung zurück, der, wenn er oft wiederholt wird, für Denjenigen, der daran Schuld hat, bei ernsthaften Gelegenheiten künftig unangenehme Folgen haben kann. Ohne daß sich es Jeder mit Bewußtseyn hinters Ohr schreibt, daß er dies Mal beleidigt war, so stellt er sich doch, bei einer Beförderung dieses Menschen, nicht ungern stummer Weise in den Weg.« – Dieserhalb also isolirt große geistige Ueberlegenheit mehr, als alles Andere, und macht, wenigstens im Stillen, verhaßt. Das Gegentheil nun ist es, was die Dummen so allgemein beliebt macht; zumal da Mancher nur bei ihnen finden kann, was er, nach dem oben erwähnten Gesetze seiner Natur, suchen muß. Diesen wahren Grund einer solchen Zuneigung wird jedoch Keiner sich selber, geschweige Andern gestehn, und wird daher, als plausibeln Vorwand für dieselbe, seinem Auserwählten eine besondere Herzensgüte andichten, die, wie gesagt, höchst selten und nur zufällig ein Mal neben der geistigen Beschränktheit wirklich vorhanden ist. – Der Unverstand ist demnach keineswegs der Güte des Charakters günstig oder verwandt. Aber andererseits läßt sich nicht behaupten, daß der große Verstand dies sei: vielmehr ist ohne einen solchen noch kein Bösewicht im Großen gewesen. Ja sogar die höchste intellektuelle Eminenz kann zusammenbestehn mit der ärgsten moralischen Verworfenheit. Ein Beispiel hievon gab Bako von Verulam : undankbar, herrschsüchtig, boshaft und niederträchtig, gieng er endlich so weit, daß er, als Lord Großkanzler und höchster Richter des Reichs, sich bei Civilprocessen oft bestechen ließ: angeklagt vor seinen Pairs bekannte er sich schuldig, wurde von ihnen ausgestoßen aus dem Hause der Lords und zu vierzigtausend Pfund Strafe, nebst Einsperrung in den Tower verurtheilt. (Siehe die Recension der neuen Ausgabe der Werke Bako's in der Edinburgh Review , August 1837.) Deshalb nennt ihn auch Pope the wisest, brightest, meanest of mankind 23 . Essay on man, IV, 282. Ein ähnliches Beispiel liefert der

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