Die Welt aus den Fugen
Die im Norden siedelnde Volksgruppe der Tadschiken hatte mit den Taleban niemals gemeinsame Sache gemacht, was die relative Ruhe erklärt, die in diesen von der deutschen Bundeswehr recht und schlecht kontrollierten Provinzen weiterhin vorherrscht.
Der harte Kern der islamischen Partisanen hat in den »tribal areas« Pakistans eine unzugängliche Gebirgsfestung Âgefunden. Von dort aus â so scheint es â wird die Stabilität Pakistans aus den Angeln gehoben. Mit dem derzeitigen Präsidenten Zardari, der in Islamabad amtiert, haben die Amerikaner einer höchst zweifelhaften Persönlichkeit zur Macht verholfen. Der Witwer Benazir Bhuttos, die alles andere als ein demokraÂtisches Unschuldslamm war, wurde rechtskräftig wegen massiven Betruges verurteilt und heiÃt im Volksmund nur »Mister zehn Prozent«.
Zardari hat sich mit den übrigen Parteien überworfen, und seine Gefügigkeit gegenüber Washington gibt jenen radikalislaÂmischen Kräften Auftrieb, die zwischen Karatschi und Peshawar auf ihre Stunde warten. Dieser Untergrundorganisation ist es bereits gelungen, den amerikanischen Nachschub für die NATO-Truppen in Afghanistan, der zu achtzig Prozent den Landweg über den Khyber-Paà benutzt, empfindlich zu stören, so daà die US Army nach neuen Versorgungsrouten in Zentralasien, ja sogar in RuÃland Ausschau hält.
Sollte wirklich das Chaos in Pakistan ausbrechen, gäbe es nur einen Ausweg: die Machtergreifung der Armee, die von Anfang an das Rückgrat dieses Staates gebildet und immer wieder gegen die korrupten Politiker geputscht hat. Am Ende hängt alles vom Generalstabschef und seiner Clique hoher Offiziere ab, denn nur sie â nicht etwa die zivile Regierung â bestimmen über das inzwischen beachtliche Arsenal an Nuklearwaffen, die Pakistan als einziger islamischer Staat besitzt. Die weitaus gröÃten Gefahren für die gesamte Welt brauen sich derzeit in Pakistan zusammen, und dessen wird man sich in Washington offenbar bewuÃt.
Der asymmetrische Krieg
Interview, 14. 04. 2009 2
Israel hat zum Jahreswechsel einen über drei Wochen dauernden Krieg gegen die Palästinenser in Gaza geführt. Damit sollte laut israelischer Führung der Beschuà durch Qassim-Raketen beantwortet werden. Die Frage ist, ob mit einer derartigen Offensive überhaupt politische Probleme gelöst werden können und wenn, dann welche?
Das ist die groÃe Frage, die sich stellt. Wir haben heute eine neue Form des Krieges, mit der die GroÃmächte, aber auch sehr starke konventionelle Militärmächte wie Israel nicht fertig werden. Und zwar ist es das, was man den asymmetrischen Krieg nennt. Im Grunde ist es der Partisanenkrieg, den es schon immer gegeben hat, aber es gibt wenige Fälle in der Geschichte, wo ein Partisanenkrieg siegreich überwunden wurde.
Natürlich kann Israel in Gaza einmarschieren. Das ist ein winziges Gebiet. Die Hamaskämpfer sind kaum bewaffnet. Sie haben AK47, also die russischen Schnellfeuergewehre, sie haben RPG7 â Panzerfäuste, ein paar Mörser. Das ist alles. Sie haben damit nicht einmal die Kampftauglichkeit der HizÂbullah im Libanon. Aber erreicht worden ist zu wenig, oder nichts. Und vor allem â und das sage ich immer den Israeli in aller Freundschaft â sie haben sehr viel Prestige dabei verloren. Militärisches Prestige. Ein Sieg war das nun wirklich nicht, natürlich auch, weil mehr als tausend Menschen getötet worden sind, darunter sehr viele Zivilisten. Dadurch hat Israel weltweit an Prestige verloren, und offenbar ist man sich in Tel Aviv und Jerusalem dieser Tatsache noch gar nicht bewuÃt.
Tatsache ist auch, daà Israel es bisher abgelehnt hat, mit der Hamas â schlieÃlich einer demokratisch legitimierten Regierung â über jegliche Form von Frieden zu verhandeln.
Man redet immer von dem saudischen Plan, dem die Araber zugestimmt hatten. Aber der ist für Israel schwer erträglich, nämlich der Rückzug auf die Grenzen von 1967. Das würde die Preisgabe der Altstadt von Jerusalem bedeuten, und das verlangt auch die Hamas. Das ist aus israelischer Sicht kaum akzeptabel. Was die Westbank betrifft, die dann von israelischen Siedlern geräumt werden müÃte: Da leben 250000 Siedler. Wenn man GroÃ-Jerusalem dazu zählt, kommt man beinahe auf eine halbe Million Siedler. Darauf
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