Die Welt aus den Fugen
bedingungslos und ohne Einschränkung die Politik des Judenstaates unterstützt und die spärlichen Hoffnungen auf ein halbwegs friedliches Zusammenleben zwischen Israeli und Palästinensern im Keim erstickt. Das soll sich nun offenbar unter Obama ändern.
In Jerusalem blickt man der Amtsführung dieses multikulturell, ja multikonfessionell geprägten Staatschefs mit wachsender Sorge entgegen, seit Obama gebieterisch verlangte, daà die Hardliner, die heute in Israel das Sagen haben, einen zweiten, einen palästinensischen Staat im Heiligen Land akzeptieren. Er fordert ebenfalls, daà der Ausweitung jüdischer Siedlungen in den Autonomiegebieten auf dem Westjordanufer, die sich unter George W. Bush hemmungslos fortsetzte, ein Riegel vorgeschoben wird. Es bedürfte wirklich eines Magiers, um die Gebietsfetzen, die den Palästinensern als Staatsgebiet verbleiben, zu einem kohärenten Gebilde zusammenzuschlieÃen.
Die amerikanischen Entscheidungsträger haben es offenbar versäumt, einen Blick auf die Landkarte des Heiligen Landes zu werfen. Dann hätten sie nämlich entdeckt, daà kompakte israelische Siedlungsblocks die palästinensischen Städte Hebron, Ramallah, Nablus und Dschenin voneinander abriegeln und sich östlich von Jerusalem bis zum Jordantal ausgeweitet haben. Das Terrain, das der Fatah-Bewegung und deren Präsident Mahmud Abbas als potentielles Staatsgebiet übrig bleibt, gleicht einem Flickenteppich, der von einem Netz israelischer Sicherheits- und Sperrgürtel durchzogen ist. Welche israelische Regierung wird an der Tatsache rütteln können, daà auf der Westbank inzwischen 250000 jüdische Kolonisten heimisch sind? Am Schicksal Jerusalems droht jede Verständigung zu scheitern, handelt es sich hier â nach der Aussage eines berühmten Orientalisten â nicht nur um ein Problem der Politik, sondern um ein Urteil des Jüngsten Gerichts.
Was nun Syrien und die von Israel seit 1967 besetzten Golan-Höhen betrifft, so wäre eine Lösung immerhin vorstellbar. In einer früheren Amtsperiode hatte Regierungschef Netanjahu das Gespräch über eine Rückgabe dieses Territoriums an Damaskus, verbunden mit einer kontrollierten Demilitarisierung, erstaunlich weit vorangetrieben. Aber heute steht jeder Ãbereinkunft in diesem Raum die mächtige Präsenz der schiitischen Hizbullah des Libanon im Wege, die aufs engste mit der Mullahkratie von Teheran verknüpft ist. Mit allen Mitteln versucht deshalb der Staat Israel, seine amerikanischen Freunde für einen vernichtenden Präventivschlag gegen die Nukleareinrichtungen Irans zu gewinnen. Dabei sollte Jerusalem bedenken, daà die eigene Unfähigkeit, das palästinensische Tunnel- und Versorgungssystem zwischen dem ägyptischen Sinai und dem Gazastreifen auszuschalten, jede Zerstörungsaktion gegen die tief eingebunkerten Produktionsstätten der iranischen Atombombe höchst fragwürdig erscheinen läÃt. Ganz zu schweigen vom beachtlichen Vergeltungspotential, über das die Islamische Republik Iran im Umkreis des Persischen Golfs verfügt.
Gefahr für die Mullahs
06. 07. 2009
Die Unruhen in Teheran, so scheint es, flauen allmählich ab, aber die internationale Debatte, wie man in Zukunft mit dem Iran umgehen soll, verschärft sich. Das Revolutionsregime, das einst Ayatollah Khomeini errichtet hatte, ist ein paar Tage ins Wanken gekommen. Die UngewiÃheit, die dadurch aufgekommen ist, geht weit über die Person des Präsidenten Ahmadinejad und seine mehr als problematische Wiederwahl hinaus.
Wenn man davon ausgeht, daà in Teheran die letzten Entscheidungen dem höchsten geistlichen Führer, Ayatollah Ali Khamenei, vorbehalten bleiben, dann wurde bei dem Aufruhr der Mussawi-Anhänger der Kern des Regimes tangiert. Ruhollah Khomeini hatte 1980 seine Allmacht aus dem Artikel fünf der Verfassung begründet, der ihm eine theologische Statthalterschaft zuschrieb. Er allein war befugt, die Weisungen jenes zwölften Imam, des Mehdi, zu interpretieren, der aus der Verborgenheit heraus die Weltgeschicke leitet und eines Tages als eine Art schiitischer Messias zurückkehren wird, um das Reich Allahs und der Gerechtigkeit zu errichten.
Die Mystik ist aus dieser Bewegung nicht fortzudenken, und Ayatollah Khomeini verkörperte seinerzeit tatsächlich in den Augen des Volkes die Autorität des »Faqih«, jener
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